Tag 86, Freitag, 12.08.2011 (Befundbesprechung)

 

Befundbesprechung mit Frau Dr. M(ich heile heile machen). 10.00 Uhr. Perfekte Zeit, um auszuschlafen und ausgiebig zu frühstücken.

Aufgeregt? Ja. Weil man ja nicht weiß, welches Ergebnis man erhält.

  • a)   Herr Schnur, sie können nun wieder so viel Riesling trinken wie  sie wollen.
  • b)     Herr, Schnur, das wars mit dem Riesling.
  • c)       Herr Schnur, Traubensaftschorle kann auch schmecken.

Es ist wie eine Prüfung. Der eigene Körper wird auf Tauglichkeit geprüft. Man will nicht durchfallen, weiß aber, dass man verdammt schlecht vorbereitet ist und es überkommt einen ein gewisser Fatalismus.

 

Das Befundgespräch:

 

Alles läuft nach Plan. So scheint es. Frau Dr. M(uss mich heilen) ist sich sicher, dass die Therapie gut bei mir anschlägt, ist sich aber nicht klar daüber, ob sie meinem Krebs ganz den Gar ausmachen kann. Meine Krankheit ist kompliziert und das erkennt man auch an den Äußerungen der Heilemachefrau. Sie will sich nicht festlegen, weiß nicht was noch so auf mich zukommt, weiß nicht, was eigentlich so in meinem Körper abgeht. Na Klasse, wenn sie das schon nicht weiß, denke ich. Die Lymphknoten sind noch ein bisschen mehr zurück gegangen. Aber nicht erheblich, was auch nicht weiter schlimm ist, weil je länger die Therapie dauert, auch das zu erreichende Ergebnis geringer wird. Die Lymphknoten schrumpfen zuerst stark, dann eben immer weniger stärker. Und die geschwollenen Lymphknoten müssen nicht unbedingt ein Anzeichen dafür sein, dass noch Tumore angesiedelt sind, sondern es ist auch durchaus möglich, dass Vernarbungen die Schwellungen verursachen und diese erst im Laufe der Zeit zurückgehen. Das Ziel ist natürlich: Lymphknoten müssen die Normalgröße erreichen. Was ein bisschen bedenklich stimmt, dass auch die Lymphknoten am Hals befallen scheinen, weil dort eine Schwellung zurück gegangen ist. Die Röntgen-Ärzte haben dies anscheinend auf dem 1. Staging nicht erkannt. Worüber Frau Dr. M(ach mich wieder fit) ziemlich verärgert war.

Nun das Wichtigste: Ich muss auf jeden Fall die letzten zwei Zyklen noch durchziehen und die zunehmenden Nebenwirkungen so gut es geht in Kauf nehmen. Vieles wird durch die Medikamente abgedämpft, aber alles (wie mein tauber Fuß oder meine Krämpfe) kann eben nicht abgefangen werden. Diese Begleitstörungen müssen dann nach der Therapie angegangen werden. Hier muss das Ziel sein: Wiederaufbau des Schnurschen Organismus.

Der weitere Zeitplan wurde das erste Mal grob umrissen. Was auf der einen Seite Hoffnung schürt und auf der anderen aber auch nieder schmetternd ist.

Bis Oktober laufen die Zyklen 5 und 6. Oktober - Dezember die Rehabilitation. Danach wird eine Wiedereingliederung mit einer Reduktion des Deputats angestrebt. Evtl. 100%ige Wiederherstellung ab Schuljahr 2012/2013. Als sie das Wort „behindert“ (mit Ausweis und so) in den Mund nahm, musste ich schlucken. Billigtickets für Zoo und Straßenbahn hin oder her, aber den Status eines Behinderten will man jetzt nicht unbedingt besitzen. Bisschen bluna okay, aber behindert? Ein zweites Mal musste ich schlucken, als sie mich locker flockig mal bis zum 31.12. krank geschrieben hat. Weitere vier Monate schreiben, stricken, malen, dichten, philosophieren, Zeitungen lesen, im Cafe am Markt frühstücken. Herje, das überlebt doch keiner ohne was an der Waffel zu kriegen. Na ja, keiner außer Roy Traeger und Horst Guenter Ditsch.

 

Ja, so schaut’s aus. Hab ich etwas vergessen? Bestimmt.