Tag 61, Montag, 18.07.,  (Tag 12, Aplasie, Chemo-Zyklus 3)

 

05.03. Uhr

 

Wache immer auf, als hätte ich gar nicht geschlafen. Anscheinend komme ich überhaupt nciht in die Tiefschlaf-Phase rein. Liegt bestimmt daran, dass mein Körper ständig wie ein Kohlekraftwerk brummert. Zucke und hample auch gleich rum wie Charly Chaplin als GRÖFAZ. Dabei zuzuschauen, wie man ständig Sachen macht, die einem nun  so gar nicht behagen, ist eine absolut schräge Nummer. Als stecke man in einer anderen Peson. Als wäre ich Angela Merkel und müsste nun als Guido Westerwelle rumtappsen.

Die weltbeste Panzer-Vercheckerin fände das auch nicht gerade prickelnd, glaube ich. Und ich? Ich fühle mich quasi als Symbiose von Adolf Hitler, Dieter Hallervorden und Helga Feddersen. Der Wannsee ist voll...hu...hu..hu..

05.16 Uhr

 

Das Einizige was funtioniert, wie ein Börsen-Broker beim Derivate-Verkauf, ist mein morgendlicher Stuhlgang. Und das ebenso äußerst lukrativ. Holla die Waldfee! Manchmal schwimme ich sowas von in Geld. Weiß gar nicht wohin mit dem ganzen Zaster. Dauert mein Verkaufsgespräch ein paar Minuten zu lang, stehe ich zum Einen kurz vor einem Bandscheibenvorall und zum Anderen bekomm ich von Mr. Dollarzeichen Josef Ackermann persönlich einen gewaltigen An-Schiss. So lässig an der Verkaufstheke gelehnt, und als best broker of the year ausgezeichnet, kam mir der elementare Gedanke, wann es denn endlich wieder mit der Geburt meiner kleinen Leuko-Babys losgehen mag. Die letze Ferrari-Spritze war 90 Eus billiger, nur 1617 Taler, fast ein Aldi-Schnappchen. Aber das so eine Sache mit den Billigangeboten, man kann nie sicher sein, ob die dann auch tuten. Wäre ja nicht schlecht, wenn die Blutnahme schon von einem gelungenene Gebärvorgang berichten könnte.

 

05.32 Uhr

 

Die Wehen setzen ein.

06.27 Uhr

 

Ganz viel Täterätä! Das Billigangebot tutet!

06.41 Uhr

 

Gebärmusik

 

Wenn du mal wieder ganz alleine bist
Und Regen auf die Straße fällt
Wenn deine Wohnung kein Zuhause ist
Und niemand da ist, der dich hält

Wenn du mal wieder nachts nicht schlafen kannst
Nur müde rumvegetierst
Wenn dir jeder auf der Nase rumtanzt
Und du nicht ernst genommen wirst

Wenn du denkst du wirst ausgenutzt
Und keiner meint es gut mit dir
Dich befällt und plagt ein Riesenfrust
Lass ihn nicht bei dir

Wenn du mal wieder ganz verzweifelt bist
Und absolut nicht weiter weißt
Wenn deine große Liebe nichtmehr bei dir ist
Und du vor Kummer nur noch weinst

Weißt du dass alles bald viel besser wird
Schlimmer als jetzt kanns ja nicht sein
Du wirst merken wie die Trauer in dir stirbt
Hauptsache du lässt dich drauf ein

Und Alles wird gut
Ja, Alles wird gut
Alles wird gut (12x)
Ja, Alles wird gut
Alles wird gut (6x)

Billy the Kid
Billy the Kid

08.45 Uhr


OP-Masken können auch den Tod bringen


Mann, Mann, Mann, wie ich Verpackungen und Bändels hasse. Hab heute eine neue OP-Maske aufgezogen. Und wie viele Bändels zähle ich? 4. Schweißausbruch! Die letzten Masken waren aus der Apotheke und wie gemacht für mich als Bändelsphobiker. Gummizug. Einmal Deung und schon verdeckte sie meine hübsche Knollennase. Bei diesem Ding hier – Geschenk von der Tagesklinik – konnte ich mir so eine bequeme rasante Nummer abschminken. Eine viertel Stunde stand ich im Bad und pendelte zwischen zwei Tötungsvarianten: Selbsterdrosslung oder Erstickungstod durch das Verschlucken von OP-Masken-Bändels. Jedes Mal, wenn ich nun die Ärzte bei Grey’s Anatomy sich die OP-Masken stilsicher und gekonnt anlegen sehe, werde ich in Ehrfurcht erstarren. Ich bin kein schlechter Junge. Hab auch so meine Qualitäten, bestimmt, aber manchmal wünsche ich mir ein begnadeter geduldiger und umsichtiger Handwerker zu sein, der sich von Bändels und Verpackungen nicht gleich in den Suizid treiben lässt. So ein bissel Daniel Düsentrieb oder MacGyver würde mir echt nicht schaden. Heros des Hammers und des Pressluftbohrers. Das wär toll. Frosch, Ente, Eidechse, ne, ich will als Handwerker wiedergeboren werden. Die überstehen Weltkriege und Atomkatastrophen. Ich gehe wahrscheinlich schon vor die Hunde, wenn mir alle Glühbirnen rausfallen.

 

08.55 Uhr


Wieder die Tante-Emma-Mäuse mit meinem Anblick geschockt. Der Blick, wenn ich plötzlich mit der Maske vor denen stehe – köstlich, ein echtes Tages-Highlight! Wie dieser Laden überleben kann, bleibt mir ein komplettes intellektuelles Rätsel. Ich hab‘ Wirtschaftswissenschaften studiert, okay, nur auf Lehramt, und in Landau, quasi WiWi light, so nen bisschen hab ich trotzdem geschnallt. Vor allem, dass Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Ich stehe in dem Laden und frage mich: Wo ist hier bitte schön Angebot, wo Nachfrage? Warum haben die verdammt noch eins kein Toastbrot? Knäckebrot bringt mich um! Und wer isst zum Frühstück Meerrettich-Kräuterfrischkäse? Ungelogen - in der Kühle lagen nur 10 Packungen Kräuter-Meerrettich-Packungen in einer süßen kleinen Mini-Pappschachtel. Links und rechts davon mindestens 5 cm Platz. Hallo? Wenn ich den ess, sterbe ich auf der Stelle an Mundschleimhautauflösung. Echt witzig der Shop. Kriegt bestimmt den Preis für das innovativste Warenangebot der Südpfalz. In Kuba würden bestimmt alle Mitarbeiter Arbeiterehrenmedalien um die Omme gehängt bekommen. Apropo Mitarbeiter. Noch so nen Wirtschaftsleitbegriff: Kostenminimierung! Kostenminimierung? Ich blick mich in diesem Verhau um, und blicke in ca. bis 5 Angestellten-Augenpaare. Wahrscheinlich verpacken hinten im Lager noch weitere 5 Augenpaare den Meerrettich-Frischkäse in Pappminischachteln. Äh, wer bezahlt die? Gut, das Glas Nutella kostet auch 2,45 Eus. Sprich das Nutellaglas bezahlt das Gehalt von den Mädels. Und wer bezahlt das Nutellaglas? Ich! Aber ich bin A13-Lehrer und gerade Krebskrank mit popligen 320 Leukozyten im Blut. Mir bleibt nix anderes übrig als zu diesem Laden zu schleichen. Ich hab die 2,45 locker übrig. Die meisten Kunden sind Ommas und Oppas, die nix in der Tasche haben außer ihren Ersatzdritten. Das Jungvolk fährt mit dem KFZ zu Aldi, Lidl und Netto und bekommt dort garantiert Kräuterfrischkäse ohne Meerrettich. Nicht zu fassen. Irgendwie ja auch sympathisch. Erinnert an die guten alte Zeiten, ohne Klimawandel und Fukushima. Fehlt noch Milch in der Messingkanne. Die Kaschemme gibt’s ja auch schon Jahrzehnte (Jahrhunderte!?!). Zum Schluss hab ich doch noch vorzügliche Frühstücksprodukte gefunden: ein samtweicher Butterkranz und ein seiden-zartes Schokocroissant. Herrlich! Das aufgeweicht, bringt mich über den Morgen. Wer braucht schon Vitamine!

 

09.12 Uhr


Mach mich auf dem Weg zur Doc Sneider. Blutabzapfen. Habe meine Kondition total überschätzt. Kennt jemand von euch „The Last Stand“ von Stephen King? Ich stehe ja so auf Endzeitthriller. Wenn alles kurz vor dem Zusammenbruch steht, die Weltmeere versiegen, Spatzen zu Bestien werden, süße schnucklige Babys zu Monstern und am Ende John Wayne gewinnt, das hat was. Die Episode als die alte Mother Abigail Freemantle Wasser aus dem Brunnen, der nur wenige Meter von ihrem Haus auf der Anhöhe liegt, holt und dafür mehrere Stunden (Tage?) braucht: Sie ist schließlich nicht mehr die Jüngste und etwas über Schlappe 125 Jahre alt. King schildert diesen Gang auf mehreren Seiten minutiös. Heute kann ich jede Zeile davon noch besser nachempfinden. Ich glaub', ich hab für die 150 Meter zu Doc Sneider 12 Minuten gebraucht. Dieser Gang war eine Herausforderung und Premiere zugleich. War noch nie außerhäußig mit Knochenschmerzen unterwegs. Hab praktisch während des Laufens Leukos entbunden.

Bei Doc selbst, keine besonderen Vorkommnisse, außer dass ich nach der Blutabnahme fast verblutet wäre. Meine Gerinnung scheint ein wenig zu leiden. Fühle mich als hätte Dracula mich komplett ausgeschlürft. Vielleicht sollte ich mir doch ein paar Extra-Liter einverleiben lassen. Lieber das Blut eines Tourette-Patienten und auf dem Weg die arme unschuldige Hausfrau wild zuckend mit Fotze, du Fotze...“ zu irritieren, als 5 Minuten für 5 Meter wie Mother Abigail zu brauchen.

 

09. 45 Uhr


Frühstück mit Hefezopf, Croissant und Tabletten. Schöner Tagesspruch in der RHEINPFALZ: „Viel Beschäftigte haben keine Zeit für Tränen“. Deshalb schreib ich auch so fleißig an meinem Blog. ;-)

Bei dem Bericht im Spiegel über die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit – die Hungersnot am Kap Horn – bleibt mir der samt-weiche Hefezopf doch noch im Halse stecken. Was für ein Elend. Wie schnell sagt man "Ich habe Hunger" und schiebt dabei eine Elendswampe vor sich her. Die Welt is einfach völlig aus dem Ruder geraten.

 


 

10.05 Uhr – 14.02 Uhr


Während Wäschewaschen, Keimlingeentsorgen und Bodenwischaktion SWR1-Leute gehört. Interessante Sendung mit der Paar- und Sexualtherapeutin Andrea Bräu.

Folgende spannende Aussagen (nicht auf meinen Mist gewachsen!):

 

Im Durschnitt hat der Deutsche Bundesbürger zweimal Sex pro Woche. Dies bezieht sich aber nur auf den „absoluten“ Geschlechtsverkehr“. Andere Dinge werden da nicht rein gerechnet.

 

In keinem Bereich wird mehr die Unwahrheit gesagt als im Sexuellen.

 

Sex für eine gut funktionierende Partnerschaft ist elementar.

 

Kann man im Bett nicht kommunizieren, so ist die Kommunikation im Alltag auch schwierig.

 

Wird in der Partnerschaft über Sex gesprochen? Nein!

 

Frauen sind trennungsbereiter als Männer. Männer sind bequem.

 

Die Aussage in Harry und Sally: Frauen und Männer können nicht Freunde sein, ist Blödsinn. Menschen können nur Freunde sein, wenn niemand von beiden mehr will, bzw. ein sexuelles Interesse verfolgt.

 

Menschen sind monogam veranlagt, schaffen das aber oft aus verschieden Gründen nicht dauerhaft durchzuhalten.

 

Seitensprünge sind immer ein Zeichen von Mangel.

 

Wenn einer von beiden nicht mehr will, dann ist das der Anfang vom Ende.

 

Eine glückliche Beziehung muss wie der Garten ab und zu gegossen und gepflegt werden.

 

Liebt man, um geliebt zu werden? Jeder will so geliebt werden, wie er ist. Akzeptiert aber oft die Eigenheiten des Anderen nicht. Liebe hat auch immer eine egoistische Note. Man will eben nicht allein sein.

 

Viel Diskussionsstoff, was? Na, dann spricht mal drüber. ;-)

 

 

14.32 Uhr


Jesses, besucht mich vielleicht mal einer! Komme mir vor wie ein Chinesischer Dessident, den man in Hausarrest genommen hat. Lust auf Zwetschgenkuchen!

 

14.52 Uhr

 

Na, dann koch ich mir halt was.

 

Restekochen Teil II. Hab gar nicht gedacht, dass mein Kühlschrank noch so viel Eiweiß hergibt. Garnelen, Tofu, Biojoghurt, Kürbis, Rosinen und Basmatireis. Zu Ehren der Japanischen Frauen-Fußballmanschaft könnte man da meinen. Auf jeden Fall ist das Gericht genauso quirlig. Hab dann auch beim vorsichtigen Verzehr das Elfmeterschießen geguckt. Mein lieber Fußballgott (bist du eigentlich ein Japaner?), haben die Ami-Frauen die Elfers vergeigt. Ich glaube die hätten alle ihre Omis schießen lassen können, da wär bestimmt mehr dabei raus gekommen.

 

15.45 Uhr

 

Doc Sneider an der Strippe. Werte schlecht. Vor allem HB und Thrombozyten bedenklich im Keller. Desegen auch die Abigail-Nummer heute Morgen. Leukozyten bei 1700. Geht. Tagesklinik kontaktiert. Entscheidung, ob ich mir Blut abhole, liege an mir. Alles eine Frage der individuellen Befindlichkeit. Soll anscheinend gleich Wunder wirken so ne Transfusion. Die Omis reißen danach den Krankenpflegern gleich danach die Klamotten vom Leib. Prima Aussichten, aber irgendwie behagt mir das alles nicht so doll. Wieder nach Heidelberg, Tag gelaufen, neues Zeug, Verträglichkeitsprüfung, evtl. das Einfangen von Tourett und die damit verbundenen Peinlichkeiten. Ich weiß nicht, ich weiß nicht.

 

16.30 Uhr

 

Gesundheitscoach angerufen. Sie weiß auch nicht so recht. Führte mich dann aber doch irgendwie im Laufe des Gesprächs zu der Entscheidung, dass ich einfach morgen bei meinem Hausmedicus nochmal Blut abnehmen lasse und schau, ob die Werte (wie beim letzten Mal übrigens) wieder hoch gegangen sind. Klar, sich zu fühlen wie Jopi Hesters, nur noch 200 Jahre älter, ist nicht witzig, aber man gewöhnt sich an alles. Um vom Bad in die Küche zu kommen, muss ich mir halt ein Tag Zeit lassen, hab ja sonst keine anderweitigen Verpflichtungen.

 

16.15  Uhr bis 18.00 Uhr

 

Hey, hab doch noch Besuch bekommen. Leider ohne Zwetschgenkuchen, dabei mit viel Esprit.

Das Murmeltier ist aus einer Erdhöhle gekrochen und ist von mir mit einem Hefezopf gefüttert worden. Nicht so gut für seine Beißerchen, aber geschmeckt hat's ihm.  Ich kann euch sagen, mit Murmeltiere kann man richtig gute analytische Gespräche führen. Themenschwerpunkte: Meditationssitzungen bei befreundeten Murmeltierpaaren, die diverse Nager-Konflikte austragen, Blutkonserven und ihre Unberechenbarkeiten, die Qualität von Deutschen Fernsehfilmen, Alleinsein und alles machen dürfen versus Zweisamkeiten und jeden Tag in Kauf nehmen, Kompromisse schließen zu müssen und zum Abschluss die Fragen aller Fragen: Sind Ex-Frauen die schlechteren Menschen? Heidewitzka, hab quasi die ganzen zwei Tage versäumte Verbalkommunikation in zwei Stunden nachgeholt.

 

18.20 Uhr

 

Terminabsprachen mit Prinzessin Uteb. Yeah, Ritter Schnuribold macht eine Fortbildung: eine Werksbesichtigung bei Audi ist angesagt. Da freu ich mich schon jetzt drauf. Ihr müsst wissen, Werksbesichtigungen sind für Wirtschaftskundler Events wie für die Biertrinker Brauerreifeste. Mit Terminen habe ich's grad gar nicht, verwechsle immer alles. War da Geburtstag, Chemo oder Das Fest? Ihr traue mir manchmal schon gar nicht mehr, wenn ich ein Datum äußern muss. Befinde mich latent immer in einem Terminloch. Da meint man, so als todkranker Krebspatient, ist mal Ruhe im Karton, und dabei hab ich mehr zu tun, als jemals zuvor. Gut, so als Lehrer lässt sich das auch ganz schnell sagen. Aber alles nur im Sinne des Heilungsprozesses natürlich. Keine Überforderung, nerver!

Arme Prinzessin Uteb, der Arberitsalltag hat sie wieder. Hab über Facebook vernommen, dass es heute für ganz viele der erste Arbeitstag wieder war. Wir zelebrieren jetzt für diese armen Menschen hier eine kurze Gedenksekunde. Seid stark, jedem steht mal ein Urlaubsende bevor.

 

18. 41 Uhr

 

Anruf vom Gesundheitscoach. Siliva eine Freundin ihrer Feundin, liest gern mein Block und lässt mir liebe Grüße ausrichten. Nett! Darauf sage ich, dass Miss Gesundheitscoach Frau Silvia auch herzlich von mir grüßen soll, obwohl ich nicht mehr ganz so einordnen kann, wer Frau Silvia überhaupt ist.

Dabei fällt mir jetzt ein, dass ich ja Siliva auch direkt grüßen kann, weil sie dito mein Blog verfolgt. Manchmal  flimmerts doch noch in meinem Hirn auf. Also:  Silvia, danke und liebe Grüße zurück!

Während wir so telefonieren, verputzt Anna mit meinem Namensvetter gerade ihre neue Bude. Auch hierfür ein herzliches Dankeschön, Herr Namensvetter! Gut, dass es Namensvetter gibt!

 

Dann noch die traurige Nachricht erhalten, dass Volker verstorben ist. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Als Krebsbetroffener hört man da natürlich genau zu, egal, ob es eine andere Geschichte ist, man zeigt sich plötzlich mit allen Krebsarten solidarisch und sitzt mit ihnen in einem Wartezimmer. Hat gekämpft, hat alles gegeben, und am Ende doch verloren. Macht mich traurig. Ich kannte ihn nicht gut. Trotzdem, geht mir das nach. Und macht mir mein eigenes Glück (wenn es sich als Glück herausstellt, denn sicher ist noch nix) noch viel bewusster. Sei dir sicher, lieber Volker, wenn ich noch eine Weile im Diesseits dümpeln darf, dann werde ich gelegentlich an dich denken. Der Tod wird erst schlimm, wenn niemand mehr nach deinem Ableben an dich denkt.

 

Mit den Grüßen von Silvia wird mir schlagartig wieder bewusst, dass ich hier nicht für mich alleine schreibe. Ich bin im Internet. Im Internet. INTERNET! World Wide Web auch genannt. Das muss ich mir stes mantramäßig vorsagen, sonst vergesse ich das.

 

Gibt es eigentlich witzige Krebsbücher auf dem Buchmarkt? Will ein witziges Krebsbuch lesen. Hat jemand en Tipp? Es gibt hoffnungsfrohe, runterziehende, schildernde, wissenschaftliche, deprimierende Krebsbücher, aber witzige?

So wie der Film "Das Leben ist schön", nur nicht mit dem Thema Überleben im Konzentrationslager, sondern mit dem Thema Krebs. Wo der herzhafte Lacher, zu einem Frosch im Halse mutiert. Oder schreib ich vielleicht selbst so ein Buch? Gewinne den Oscar, werde reich und berühmt. Berühmt ist mir wurscht. Ständig für Kreischaanfälle in Boutiquen zu sorgen oder auf einer einsamen Karibikinsel zu leben, ist extrem doof. Aber reich? Ja, reich gefällt mir. 700 Mio Euro nicht mit Harry Potter, sondern mit Schnuri Krebsi. Da könnte ich eine Afrika-Stifung ins Leben rufen a la Bill Gates. Das würde mir gefallen. Und meine Freunde lebenslang mit frischer Rote Beete versorgen. Bow, würden sich die freuen, oder etwa nicht? ;-)

 

Ach, manchmal hat man vielleicht Flusen im Kopf.

 

20.00 Uhr

 

Die süßlich-warme Stimme von Prinzessin Uteb vernommen. Verbessert augenblicklich mein Allgemeinzustand. Der Nebel über meinem Haupte lichtet sich. Ich bin ein verdammter Glückspilz, das wird mir immer klarer! 200 unerledigte Telegramme nach dem Urlaub in der königlichen Postannahmestelle vorzufinden, ist auch kein Spaß. Wie verrückt, da wird man noch bestraft, wenn man sich mal ne Auszeit vom alltäglichen Arbeitswahnsinn gönnt. Da stellt sich mir die Frage, kann man als normalsterblicher Arbeitnehmer überhaupt eine ernsthafte Beziehung mit einem Lehrer, der 6 Wochen dauergrinsend die Seele baumeln lässt und den ganzen  Tag an seinem Ferien-Blog schreibt, führen? Mit Lehrern zusammenzuleben ist bestimmt nicht einfach. Aber einge davon, sind doch tatsächlich liebenswert, so sagt man. ;-) Und ein ganz bestimmter wird evtl. noch reich und berühmt. :-) 

 

21.00 Uhr

 

Mit Miss Mici gechattet. Auch Lehrerin, auch eine Seelenbaumlerin, aber mit Funktionsstelle. Die haben manchmal so eine Art von Stresserfahrungen. Führt vielleicht die Tradition fort, dass ich immer mit den allerbesten und menschlichsten Chefs zu tun hatte. Mit Mici über Zukunft, Brautkleider und Hochzeit in Weiß (nicht meine, ihr Pappnasen!) diskutiert, und ob Männer in Wohnungen von Frauen ziehen sollten. Meine Meinung, auf keinen Fall! Ist ein No-Go. Wenn man das macht, sind die Eier schon weich, bevor man überhaupt in der Türe drin ist. Wenn, dann ein gemeinsames Domizil aussuchen. Dann macht nicht nur einer ein Fehler, sondern beide. Was gerecht ist, muss gerecht bleiben.

 

22.00 Uhr

 

Mit Lady I. gechattet. Heute Mittag moser ich noch rum, dass ich mich wie chinesischer Dessident fühle, das mein Hausarrestleben somit kommunikativ etwas im Argen liegt und schon rattern hier die Anfragen rein. Visualiserungstechnisch hab ich mittlerweile echt ein Händchen.

Lady I. war ganz schön aufgelöst. Konnte meine Seite gar nicht aufmachen. Hatte einen Hänger. Die Seite meine ich. I. hat gewirkt wie auf Drogenentzug. Ich hab jetzt schon mehrmals gehört, dass das was ich hier schreibe, den Leuten "irgendwie gut tut". Das ist schon ein wenig schräg. Mit so einem Verlauf habe ich nicht gerechnet. Ich hab das am Anfang für mich gemacht, ein modernes, dem Zeiggeist angemessenes  Tagebuch wollte ich schreiben. Multimedial. Stellt euch nur die Kleberei mit den vielen Fotos vor. Das Ganze war gedacht eher mehr für die Nachwelt als für die Dieswelt. Ich tue Leuten gut - ich meine, was kann man Schöneres gesagt bekommen? Wenn man  für sein Tun gelobt wird, das ist pures Glück. Das gibt schon gleich wieder ein paar Sauerstoffkörner mehr für's Blut.

 

 

23.00 Uhr

 

Nachrichten geguckt. Der neue Harry Potter bricht alle Rekorde. Der Film mit den meisten Kinobesuchern am Premierenwochenende. Das ist einfach eine unglaubliche Storry. Da sitzt die Autorin, die von Stütze lebt und alleinerziehende Mutter ist, in einer Bar in London und hackt auf ihr Notebook eine Geschichte rein, in der ein kleiner vom Leben gebeutelter Zauberschüler die Hauptfigur spielt und schafft damit eine literarische Weltfigur, die drei Jahre später in Nussdorf als auch in Nepal gleichermaßen verschlungen wird. Und nun verdient sie an jedem Harry-Potter-Socken, den die nepalesichen Bälger an ihren Füßen tragen, mit und ist die reichste (sorry, zweitreichste, hab die Queen unterschlagen) Frau Großbritanniens. Ob das ein Buch mit dem Titelhelden Schnuri Krebsi leisten vermag, bezweifel ich doch stark. Wenn ich Glück habe,  zerreißt mein Buch Professor Ho in der Luft wie Tom das Tagebuch von Jerry und verklagt mich anschließend nicht auf Schadenersatz.