Tag 37, Freitag, 24.06.2011
(Tag 10, Chemo-Zyklus, 2. Runde, Beginn der Aplasie-Phase)
Prinzessin Uteb ist auf dem Weg zu den Wikingern. Dort möchte Sie etwas Eiweiß für ihren angeschlagenen Ritter angeln. Für seine unermüdlichen Schlachten gegen den Grafen Tumor braucht Schnuribold viel viel viel Eiweiß. Der Krieger hofft auf eine baldige und gesunde Rückkehr seiner Angebeteten . In der Zwischenzeit misst er Fieber und hofft, dass das Thermomter die richtige Zahl anzeigt. Bis jetzt scheint alles im grünen Bereich zu sein. Ein bisschen grippig fühlt er sich vielleicht, der gute Mann. Das kann aber auch an die durch die Abreise der Königstocher ausgelöste Sehnsucht liegen.Wer vermag das schon genau zu sagen.
Der Aderlass wird es heute Abend zeigen, ob Schnuribold überhaupt so viel Eiweiß benötigt.
God Reise und vel bekomme! Ha det!
Tja, und heute Morgen denke ich mal wieder an meinen „Lieblingschefe“, der seit Mittwoch leider mein Ex-Chefe ist. Hab mir die Verabschiedungsbilder auf unserer Schulhomepage angeschaut. Da wird mir das Herz ziemlich schwer.
Ich hätte ihm ja eher eine Krone verpasst, hallo, als Geschichtslehrer...da passen doch wohl besser ein paar königliche Klunker. Der König ist tot, es lebe der König! Nein, so ein Hans-Albers-Mützchen ist zwar auch ganz hübsch, aber nicht seinem Ansehen angemessen.
Achim, der I. hat mich vor acht Jahren an seinen Hof geholt, als Spezialist für Mercator-Angelegenheiten. Ich weiß es noch ganz genau, wie sonntagsfrüh das Telefon bei mir klingelte und er mich – noch halb im Schlaf – von "seinem" Reich überzeugen wollte. Zuerst war es nur ein Angebot über eine Vertretungsstelle, doch König Achim ließ mal wieder seine herausragenden Beziehungen spielen und wandelte den Vertretungsvertrag kurzerhand in eine Planstelle um. Meine Zukunft war für alle Zeit gesichert! Weg vom Gesindel, kein Vogelfreier mehr, die Brut konnte endlich ernährt werden.
Nun stellte sich noch zu meinem Glück heraus, dass dieses Königshaus Regio in Wörth - mittlerweile hört es auf den Namen Realschue Plus - ein äußerst vorzügliches und aufgeräumtes Staatengebilde darstellte. Sofort fühlte ich mich dort sau wohl. Dies lag vor allem auch an dem Wesen des Königs, der seinen Klippert gelesen hat und dessen revolutionierenden Thesen lustig und froh in die Welt trällerte. Seine Untertanen dankten es ihm, in dem sie ebenso fröhlich und heiter durch die Schlossgänge wandelten. Hin und wieder hörte man einen Abtrünnigen im Kerker schreien. Er hatte wohl zu viel Frontalunterricht praktiziert. König Achim, stets ein Mann der Tat, brachte dann eigenhändig die Fußfesseln an. Ließ aber unverzüglich nach nicht mal einem Tag Folter Gnade vor Recht ergehen. Leid anderer konnte König Achim nicht so gut ertragen. Da brachen bei ihm meist alle Dämme.
Oft reisten der König und sein treuer Mercator zu den Polnischen Freunden nach Tarnow, um die europäische Völkerfreundschaft zu pflegen. Nein, König Achim war nie ein Kriegskönig - keine Frage er war manchmal eine Nervensäge und ein Schreihals -, sondern immer ein Frieden stiftender, gutmütiger Herrscher in all seinen vergangenen Regierungsjahren, und der von allen sehr geschätzt wurde. Ein Herrscher, der stets das Beste für sein Volk wollte.
Die Reisen nach Polen mit dem König waren immer ein Erlebnis. Sie werde ich am meisten vermissen.
Auch vermissen werde ich die lustigen Skiausflüge auf den Feldberg, wo sich der Lehrer aller Lehrer das erste Mal an einem Schüler die Zähne ausbiss. Einen so untalentierten Schneebrettfahrer wie Mercator Schnur hat er in seinem ganzen Sportlerleben noch nicht gesehen. Aber auch diese Niederlage tat der herzlichen Beziehung zu seinem Sprössling keinen Abbruch.
Das einzige, was einen Anflug von Feindschaft heraufbeschwören konnte, waren die regelmäßigen Spiele, die im Königreich abgehalten wurden. Dort wurde von zwei beliebten Mannschaften gegen einen Ball getreten. Gott sei gedankt, gab es da noch keinen Frauenfußball. Leider war König Achim ein Fan von den Karlsruher Trauerklößen und nicht von den Stuttgarter Trinkgesellen. Als Schwabensäckel bezeichnet zu werden, kann tiefe Wunden im Herzen eines VFB’lers hinterlassen. Doch für immer vergessen und verziehen!
Ich als Händler und Gaukler wurde über die Jahre von meinem König gefordert und gefördert. Durfte an seinem Hofe schalten und walten wie mir beliebt. Manchmal stürzte ich das Herrscherhaus durch fragwürdige Projekte fast in den Ruin, manchmal sorgte ich für sagenhaften Reichtum a la Krösus. Nur durch die schützende Hand des größten Schatzmeisters aller Zeiten, war es mir immer möglich bei aller harten Arbeit ein zufriedener Untertan zu bleiben.
Wer hält nun nach ihm seine schützende Hand über mich? Little big King oder Madame Mici? Ich bleibe zuversichtlich. Diese Zuversicht hab ich auch ein Stück von ihm gelernt. Große Dankbarkeit und Demut erfasst hier mein Gemüt!
Ja, lieber König Achim, nun kannst du dich für den Rest deines Lebens in deinen Schlossgarten setzen und in dieser neuen segenreiche Erfindung namens Internet surfen. Da kannst du das bunte Treiben deines „Sorgenkindes“ verfolgen und genüsslich kommentieren. Dein opulentes Abschiedsgeschenk wird dich da immer von den schädlichen UV-Strahlen schützen, damit dein jugendlicher Teint bis in deinen 90er erhalten bleibt und dir immer noch alle Mätressen der Welt zu Füßen liegen, wie einst Gunther Sachs.
Machet juut Chefe, genieß deinen Lebensabend, erhol dich gut von den Strapazen eines Herrscherlebens und bleib – vor allem – gesund und sportlich wie Jopi Hesters.
Liebe Grüße auch an die Frau Gemahlin. Ich wünsche ihr viel Kraft und Geduld mit ihrem König a. D.
Euer treu ergebener Mercator Schnuri
Blutwerte vom 24.06.2011
Wert |
Messwert |
Referenzwert |
Harnstoff |
43 |
10-45 |
Harnsäure |
4.3 |
2.6-6.8 |
Kreatinin |
0.86 |
0.70-1.30 |
Leukozyten |
0.38 (380!!!) |
4.30-10.80 |
Erythrozyten |
3,3 |
4.4-5.9 |
Hämoglobin |
9.5 |
13.0-18.0 |
Hämatokrit |
81 |
40-52 |
MCV |
81 |
83-97 |
HABE (MCH) |
29 |
27-32 |
MCHC |
36 |
32-36 |
Thromozyten |
71 |
140-440 |
CRP |
10.90 |
<5 |
Und wieder..
Isolation – Isolation – Isolation
380 Leukozyten
Gott sei Dank ist mein Kühlschrank rappel voll. Her mit dem Eiweiß! Jetzt heißt es nur fieberfrei bleiben, dann werd ich schon wieder ein paar Leukos gebären über das Wochenende. Hoffentlich werde ich diesmal von einem Klinikaufenthalt verschont. Außerdem sind ja meine Chauffeure alle unterwegs.
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=7499610
"Der Sonntagsvierer", was für ein bescheuerter Titel. Der Film ist trotzdem sehenswert. Günther Maria Halmer mit einer Krächtzstimme - wunderbar! Da wollte ich mich beim Bügeln und Wäsche zusammen legen einfach ein bisschen hirnlos berieseln lassen.
Und dann das...vor lauter Schluchtzanfälle hätte ich schier mein Lieblingshemd abgefackelt. Die Beerdigung am Schluss könnte ich für mich auch ganz nett vorstellen. Na ja, vielleicht muss es nicht unbedingt der Golfplatz sein.;-)
Hey Chefe, auch ein Film für dich! Einfach draufklicken und gucken! Aber nicht bügeln dabei. Könnte
gefährlich werden. ;-)