Tag 109, Sonntag, 04.09.
Schluss mit der Lethargie. Jetzt wird was gemacht. Besüchle bei Frankieboy in der schwäbischen Landeshauptstadt. Alter Kumpel aus Stuttgarter Kolping-Kolleg-Zeiten. 3 Jahre nicht mehr gesehen. Ziemlich aufregend, wenn man sich so lange nicht mehr gegenüber gestanden ist. Tja, der eine „späte“ Abiturient ist langweiliger Realschullehrer geworden und ringt mit unwilligen Teenagern und der andere ist spannender Geologe und ringt mit unwilligen Coburger Tunnel-Wänden.
Von meiner Erkrankung wollte ich per SMS und Telefon nicht berichten. Welcher Weg ist da der richtige? In mancher Hinsicht ist mir da der Instinkt abhanden gekommen. Ich habe mich eher für die Direktkonfrontation entschieden. Sicherlich war Frankieboy geschockt, aber ich konnte ihn mit meinem humorvollen Optimismus gut auffangen. Und das ging eben face to face besser. Zuerst mussten wir seine kaputte Karre abschleppen. Das lenkte vom Elend ab und bugsierte uns in die harmlose Realität. Habe zum ersten Mal in meinem Leben ein Auto per Abschleppseil abgeschleppt. Ging überraschend gut. Danach hatten wir beide Mords Kohldampf. Eine kleine Odyssee per pedes folgte. War nicht einfach, ein passendes Lokal für unsere Bedürfnisse zu finden. Vor allem blöd, wenn die passenden auch noch geschlossen haben. Doch das hatte alles dann wiedermal im Nachhinein betrachtet auch wieder seinen Sinn, da wir glücklicherweise die „Alte Wache“ ausfindig machten. Nettes kroatisches gut-bürgerliches Lokal. Ungemütliche, stilfreie Einrichtung, aber dafür eine sehr gute Küche und äußerst nette Bedienung. Ein herausragendes Gemüseschnitzel mit handgemachten Spätzle und Rahmsoße wurde mir kredenzt. Das Gemüseschnitzel hatte zwar eine sehr extravagante Form, schmeckte aber göttlich. Mama von der Bedienung ist die Köchin des Lokals. Nach Nachtisch rauchten wir mit der netten Bedienung sogar noch eine Kippe vor der Türe. Nein, nicht schimpfen, ich habe natürlich nicht geraucht. Das ist endgültig vorbei. Bin ja nicht blöd: Lymphom überlebt und am Lungenkrebs eingegangen. Die schwäbische Kroatin empfahl uns unbedingt mal in dem Heimatland ihrer Eltern, Urlaub zu machen. Ihre Erzählungen machten tatsächlich Lust, ein Flugticket ins Land von Winnetou und Old Shatterhand zu buchen.
Zurück in Frankieboys Bude kippte ich noch zwei alkoholfreie Franziskaner Weizen (super leckeres Gesöff), die ich in der Alten Wache gekauft habe. Der restliche Abend wurde genutzt, uns noch viele Geschichten aus der Vergangenheit und der Gegenwart gegenseitig zu präsentieren. Alles sehr spannend und unterhaltsam. Frankieboy macht gerade den Segelflugschein. Wow! Würde ich ja auch gern machen, aber ich bin bestimmt zu doof dafür. Na ja, aber Mitfliegen ist bestimmt auch schon prickelnd genug. Weibliche Wassermänner, sinnhafte Lebensplanung, Stuttgart 21, Motorrad-Unfälle in Marokko und glückliche Zufälle und medizinische Wunder waren noch so Themen unseres weiteren Herrenabends, den wir dann gemeinsam im Bett, um die Wette schnarchend, stilvoll abschlossen.
Fortsetzung folgt auf jeden Fall. Ich hoffe sehr, dass diese nicht wieder 3 Jahre auf sich warten lässt.