Dienstag, 15. November 2011, Anreise - es geht los!
Morgens um 5 ging’s los. Das Auto war picke packe voll. Vier Wochen mit evtl. Verlängerung müssen ja in jeder Hinsicht gestaltet werden können. Ich liste nicht auf, was ich alles mitgenommen habe, sonst erklärt ihr mich für verrückt.
Die Fahrt war im Großen und Ganzen sehr entspannt. Natürlich war der Nebel an der einen oder anderen Stelle etwas unangenehm. Bei so einer langen Fahrt, liegt es nahe, dass man ein schönes Hörbuch in den Schlitz schiebt, vor allem wenn es über die A7 geht. Da muss man immer mit einem längeren Stau rechnen. Einem wunderbaren Hörspiel konnte ich da lauschen. Der Roman „Im Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafon war schon ein einzigartiges Leseerlebnis, aber das Hörspiel mit Mathias Schweighöfer war noch viel besser. So durch den Morgennebel zu fahren, direkt in einen Sonnenaufgang voller surrealen Farbschauspielen – in der Nähe von Kassel war z.B. der Himmel durchzogen von einem goldenen Wolkennetz – verstärkte noch den Gruseleffekt, den man bei dieser unheimlichen und abenteuerlichen Geschichte auch so schon hat. Eigentlich müsste man öfter in den Morgenstunden ins Auto steigen und dabei ein grusliges Hörbuch hören.
Ein erhebendes Gefühl überkam mich, als ich plötzlich völlig überraschend die Nordsee erblicken konnte. Aus einem Kreisel heraus fuhr ich in Richtung Fährhafen und als ich um die Kurve bog, lag plötzlich das Meer vor mir. Schon seltsam, was so ein Blick aufs Meer mit einem macht. Also ob man sich auf einmal freier fühlen würde. Auf jeden Fall beginnt mit so einem Blick aufs Wasser für mich immer: der Urlaub. Toll!
96 Euro kostete die Überfahrt mit der Fähre. Das sagte mir sofort: Touren auf das Festland kannste dir also während der Reha wohl abschminken.
Das Wetter war traumhaft und verwirrte mich gleichzeitig auch. Eine Fahrt von 9 Stunden lag hinter mir. Meist war es diesig und regnerisch. Ab und zu brachen ein paar Sonnenstrahlen durch. Aber jetzt an der Küste der Nordfriesischen Inseln war es herrlich klar und sonnig. Wunderschön. Und hoffentlich ein gutes Omen für meinen gesamten Aufenthalt.
Nun war ich endlich auf der Insel Föhr - auf der Perle der Nordfriesischen Inseln.
An der Rezeption empfing uns Neuankömmlinge ein kleiner hässlicher Mann, der wie das Double von Qusimodo aussah. Quasimode in einem grünen Anzug und mit einer schwarzen Lederkrawatte. Durch seinen Buckel musste er meist auf den Boden schauen. Bei der Begrüßung referierte er gleich über wichtige Dinge, die das Haus betrafen. Saufen und Rauchen verboten! Klar! Der erste Eindruck bezüglich der Klinik war durch Quasi nicht gerade der Beste - esthetisch gesehen. Aber ich war zu müde, um mich dadurch schon in schlechte Stimmung bringen zu lassen. Viel mehr zerbrach ich mir den Kopf, wie ich es schaffen konnte, mein ganzes Equipment so heimlich wie möglich und ohne einen akuten Bandscheibenvorfall in mein Zimmer zu bekommen. Irgendwie waren mir die vielen Koffer und Taschen peinlich. Aber die Sorge war unnötig, weil man genug Zeit hatte, alles in Ruhe nach oben zu befördern, und das ganz ohne irgendwelche irritierenden Blicke von Mitpatienten und Bediensteten.
Mein Zimmer - der absolute Hammer. Doppelbett. Viel Platz, viel Stauraum (Gott sei es gedankt!) und einen Balkon mit doppeltem Meerblick, weil es ein Eckzimmer ist. Somit kann ich im Süden und im Westen aufs Meer gucken. Herrlich.
17.45 Uhr gab es Abendessen. Jedem Patienten wurde ein Tisch zugewiesen und es gibt somit eine festgelegte Tischordnung.
Man sitzt maximal zu viert an einem Esstisch. Meine Mitesser waren 3 Damen. Zwei sind schon 1 Woche in der Klinik und können somit als alte Häsinnen bezeichnet werden: H & H (Brustkrebs und Leukämie). Die Vierte im Bunde, Red P. (irgendetwas chronisch Unheilbares), kam etwas später. Dieses Verhältnis 3 zu 1 am Tisch kann man auf die ganze Klinik übertragen. Es scheint als ob nur Frauen Krebs bekommen würden. Die meisten Männer - z.B. der Vierertisch direkt neben uns - haben allesamt Kehlkopfkrebs und es ragt eine Röhre anstatt eines Kehlkopfes aus ihnen. Sie röchelnd und metallisch miteinander sprechen zu hören, ist gewöhnungsbedürftig. Vor allem wenn sie dabei auch noch Luft aus ihrer Plastikröhre pusten, als wärs ein Staubsauger. Alles ehemalige Raucher. Habe sie gefragt, weil es mich interessierte.
Der ganze Speisesaal war voll von extremen Kurz- und Kunsthaarfrisuren, schrägen Kopfbedeckungen, und bunten Kehlkopf-Plastikröhrchen. Traurig und lächerlich zugleich wirkte diese Szenerie auf mich.
Wohltuend war es, dass die Damen an meinem Tisch von ihrem Krebs nicht so gezeichnet waren und ganz passabel daherkamen.
Von dem Buffett war ich gleich begeistert. Viel weich und flüssig. Kann mir nach Herzenslust zusammenstellen, was ich essen kann. Der anfängliche schlechte Eindruck durch den seltsamen Empfangs-Quasimodo verpflüchtigte sich langsam.
Nach dem Abendessen drehte ich eine Runde an der Strandpromenade. Dachte irgendwo wird dort eine schöne Kneipe kommen, in der man das Fußballspiel Deutschland gegen Holland schauen kann. Pustekuchen. Eine Stunde marschierte ich durch Kälte und Wind. Ach, es gibt nichts Schöneres als am Meer spazieren zu gehen. Ein bisschen enttäuscht, ohne ein Bierchen ins Bett zu müssen, machte ich mich auf den Heimweg. Da hatte der Biergott doch noch sein Einsehen mit mir. Direkt neben der Klinik (leider lief ich am Anfang in die entgegengesetzte Richtung) war das Black Pearl. Eine urige Fußballkneipe, in der ich sogar mein heiß geliebtes Guinness vom Fass bekam. Dann gewann Deutschland auch noch mit grandiosem Spiel gegen Holland 4:0. Durch mein Schluckproblem schaffte ich zwar nicht mal ein Bier, aber es war trotzdem ein schöner Abend. Ein paar Gesichter vom Abendessen traf man auch an und man „fachsimpelte“ gemeinsam über die deutschen Wunderkicker in ungezwungener Atmosphäre. Erschöpft und glücklich (wie schnell das durch so einfache Dinge wie Meer, Fußball und Guinness geht) fiel ich ins Bett und träumte von einer riesen Portion Schokoladeneis, was wahrscheinlich an meinen Schmerzen im Rachen lag.
Mittwoch, 16. November, Aufnahmegespräch mit Frau Dr. Zierlich
Der 2. Tag verlief sehr gemütlich. Am Vormittag war eine Hausführung. Da bekam man mit, wie viele Räumlichkeiten diese äußerlich so unscheinbare Klinik beherbergte. Einrichtung und Arrangement hinterließen einen guten Eindruck. Man legt viel Wert darauf, dass sich die Patienten wohl fühlen. Dieser familiär-gemütliche Stil gefällt mir sehr. Es gibt eine Cafeteria, in der man sich seinen Latte Macchiato selbst machen kann und es an verschiedenen Tagen nachmittags selbstgebackenen Kuchen und selbstgebackene Waffeln gibt.
Nach einer entsprechenden Zucker-Zimt-Waffel (für mich etwas weicher gebacken) schlenderte ich fröhlich zu meinem Aufnahmegespräch mit der Chefärztin. Vom Anblick von Frau Dr. Zierlich (ca. 150 cm, geschätzte 40 kg, Mundschutz und weiße Handschuhe) war ich nicht unbedingt angetan. Man fühlte sich wie in einem Hochsicherheritslabor in der BASF. Was sich aber während dem Gespräch mit ihr schlagartig änderte. Ich habe selten so eine ruhige, besonnene, sympathische, Menschen zugewandte Person kennen gelernt. 1 Stunde hat sie sich für mich Zeit genommen und mich jedes Detail über meine Krankengeschichte gefragt, auch die, die sie schon bereits wusste. Man hatte das Gefühl, dass sie sich jedes Wort, das man von sich gab, merkte und analysierte. Man fühlte sich gesehen und verstanden. Gleich wurde einem klar, dass sie die Ganzheitlichkeit in der Medizin in der Vordergrund stellt: Körper und Geist müssen im Einklang sein, damit der Mensch gesunden kann und gesund bleibt. Logisch zwar, aber doch vielerorts außer Acht gelassen. Deshalb gibt es im Haus viele Angebote, die einen auf dem ersten Blick mehr an eine Volkshochschule als eine Reha-Klinik erinnern lassen (Bernstein schleifen, Bildhauern, Spielabende, Gehirnjogging, malen und tanzen); es einem dann aber auf dem zweiten Blick klar wird, wie wichtig es ist, dass sich der Mensch kreativ mit seiner Erkrankung auseinandersetzt und es sich dabei einfach gut gehen lässt. Sogar Simonton mit seiner Visualisierungsmethode wird hier von den Psychoonkologen angeboten. Sätze wie: „Nur kein Stress, Herr Schnur.“, „Kommen Sie erst mal in aller Ruhe an.“, „Übernehmen Sie sich nicht.“, „Wir kriegen Sie schon wieder hin.“ oder Sie machen das, wo sie sich wiederfinden.“ nehmen einem bereits eine gewisse Last und Angst. Aufgrund von meinen Erzählungen und Beschwerden gestaltete sich ein entsprechendes Anwendungs-Programm, das Lust auf die nächsten Reha-Tage machte.
Und nun der Clou: Da Frau Dr. Zierlich eine Hämatologin ist, kennt sie Prof. Ho und die Hämatologische Ambulanz in Heidelberg. Perfekt! Sie meinte, systemische Bluterkrankungen sind selten und das hierfür verantwortliche medizinische Netzwerk überschaubar. Die Spezialisten kennen sich untereinander. Ja, irgendwie asiatisch-anmutig wie Prof. Ho kam mir diese Frau schon von Anfang an vor. Muss mich in Zukunft zusammenreißen, sie nicht auf Chinesisch anzusprechen.
Den Rest vom Tag verbrachte ich damit, die Klinik auf mich wirken zu lassen, alle Kaffeesorten der Kaffemaschine in der Cafeteria auszuprobieren und mir ein Fahrrad auszuleihen.
Man könnte sagen, das Fahrrad ausleihen war wieder typisch Schnur. Im Kopf hatte ich, mir Mobilität für ein zwei Tage zu verschaffen, am Ende kamen vier Wochen dabei heraus. Nun habe ich Vorort ein schnucklig-kultiges Holland-Rad, auch nicht schlecht. Als Schwabe wollte ich natürlich ein bisschen handeln. Ich liebe es zu handeln, egal ob ich ein Schnäppchen dabei mache oder nicht. Na ja, mit Schnäppchen macht das Handeln natürlich noch um einiges mehr Spaß und irgendwie auch Sinn. Mein Angebot war vier Wochen für 40 Euro. Nach langem hin und her, zögern, verwerfen, einknicken, Härte zeigen, Standhaft bleiben willigte Mr. Velo schließlich ein. Auf seine abschließende Frage „Sind alle Schwaben so?“, fiel mir ausnahmsweise nichts Schlaueres als ein „Jau!“ ein.
Der Grund , warum ich hier bin: endlich Anwendungen...
Heute, Donnerstag, den 17.11., wäre mein Papa 98 geworden. Tja, zu viel Alkohol und 2 Schachtel Reval ohne Filter pro Tag hat ihn dann nach einem dritten Herzinfarkt frühzeitig ins Gras beißen lassen.
Mein Ziel: Mindestens 1 Jahr älter werden als mein Papa – nämlich 73.
Diese Reha kann nur dazu beitragen dieses Ziel erfolgreich umzusetzen.
08.00 Uhr. Blutabnahme.
Mal was ganz Neues für mich. Schwester Moppelich ist leider eine Frohnatur und sehr nett, zerlöchert mir aber meine Vene. Erste nach dem vierten Anlauf füllt sich das Röhrchen zufrieden stellend. Mein rechter Arm sieht nun so aus, als ob ich von meinen bösen Mitbewohnern in der Lindenbergstraße misshandelt worden wäre. Schwester Moppelich tut mir aber trotzdem leid, weil sie den ganzen Tag im Keller nach geeigneten Venen suchen und Röhrchen befüllen muss.
09.30 Uhr Polyneuropathie
Hmmm...wasn das, bitte? Gram ich mal meine Lateinkenntnisse hervor. Poly = viel, neuro = Nerven, pathie = Empfindung. Vielseitige Empfindungsstörung der Nerven. Nach der Chemo sind die Nerven in den Fingerkuppen und in den Füßen kaputt, mit unterschiedlichem Stärkegrad. Man fühlt nix. Sehr unangenehm. In den Füßen kann das sogar zu massiven Gehstörungen führen. Bei mir sind es die Füße bzw. der Vorfuß und die großen Zehen, die Probleme bereiten. Spür nix. Habe ich nun die Socken bereits angezogen oder nicht? Mist, Schuhe vergessen? Sehr unangenehm. Irgendwann gibt sich das wieder. Aber die Taubheit, vor allem in meinen Zehen ist mein ständiger Begleiter. Es kann Wochen, evtl. sogar Monate dauern bis sich die Nerven wieder regenerieren. Hin und wieder gibt es auch Fälle, die bleibende Schäden davontragen.
In dem Kurs „Polyneuropathie“ läuft man barfuß über verschiedene Untergründe oder stellt sich in Gefäße mit Erbsen, Bohnen und Erde. Außerdem muss man mit dem Fuß einen Knoten in ein Seil knüpfen. Das gelingt mir leider erst nach dem 5. Anlauf und sorgt für einige Lacher. Zuerst denkt man, hmmm...merkwürdige Geschichte hier und dann merkt man, wie gut das einem alles tut. Vor allem das Rollen mit den Fußsohlen über einen Noppenball fand ich klasse. Nach dem Kurs kann ich tatsächlich ein wenig besser gehen. Man sollte sich in seiner Freizeit viel barfuß auf die Socken machen, war der abschließende Hinweis, den die lustige kleine Ostblock-Therapeutin uns auf den Weg gab. Nette Formulierung „barfuß auf die Socken machen“.
11.00 Uhr Hantelgruppe
Hört sich an, als würde man 20 kg-Hanteln wie in einem Fitnessstudio stemmen – weit gefehlt! Man sitzt auf einem Hocker, hat zwei 1 bzw. 2 kg-Hanteln in der Hand und macht recht seltsame Übungen (boxen, kreisen, stechen), die vorwiegend zur Stärkung der Schultermuskulatur dienen. Meine ganze Rumpfmuskulatur scheint ein wenig verkümmert. Einmal wegen den vergangenen „unsportlichen“ Monaten und dann auch wegen meinem Mountain-Bike-Unfall 2009. Dadurch scheint irgendwie alles bei mir verrutscht zu sein. Alles ist so verspannt, dass jeder der Hantel-Übungen zu gymnastischen Herausforderung wird. Muss ständig höllisch aufpassen, dass nicht eine Hantel aus meinen krampfenden Griffel flutscht und einer meiner Nachbarn das Hirn zerschmettert. In der Therapie-Gruppe wird gestöhnt und geächzt, dass man die Geräusche auch getrost für einen Porno verwenden könnte. Gut, dass man nicht alleine eine Memme ist. Den Kurs leitet Heidi, eine Berliner Göre, die manchmal für mein Empfinden zu respektlos und zu schroff mit den Patienten umgeht. „Jetzt hören sie mir doch mal zu!“, schnauzt sie Opis an, die den Übungsablauf nicht gleich kapieren. Als sie meinen Namen hört, fangt sie laut an zu lachen als hätte sie jetzt den besten Witz ihres Lebens gehört. Schnur – was ist bitte so witzig an diesem Namen, hä?
14.00 Uhr Walken / Nordic Walking
An dieser Anwendung nehme ich freiwillig teil. Man kann einfach walken oder "nordisch" walken (mit diesen berühmten Stöcken). Ich bin ein Jogger, somit ist generell das Walken etwas gewöhnungsbedürftig für mich. Aber das Stock-Walken geht für mich gar nicht. Sieht einfach zu affig aus. Außerdem geht mir das ständige Boden-Geklappere auf den Keks. Die kurze Strecke – ohne zusätzliche Wegstrecke auf dem Strand – reicht mir für den Anfang. Die Walking-Strecke geht durch ein Waldstück und führt auf der Promenade am Meer entlang. Die Seeluft ist fantastisch. Es ist so als wäre der Sauerstoff eine Süßigkeit, das man willenlos in sich hineinstopft. Ich fühle mich jeden Meter um ein Jahr jünger, na ja, nicht ganz. Leider! Die Walking-Gruppe wird wieder von meinem kleinen russischen Wirbelwind von der „Polyneuropathie“ geleitet. Sie ist die ganze Zeit am Lachen. Wie kann man nur ohne Drogen so drauf sein. Erstaunlich! Sie strahlt wie ein Atommeiler und albert mit mir am laufenden Band rum. Ich muss sie wohl in der morgendlichen Barfuß-Stunde sehr beeindruckt haben. Wegen meiner körperlichen Leistungsfähigkeit kann das wohl kaum der Fall sein. Aber vielleicht gefällt ihr Buster Keaton. Sie meint, so einen lustigen Patienten hat sie schon lange nicht mehr gehabt. Ich erwidere nichts, da ich mich ganz und gar auf meine perfekte Walking-Haltung konzentriere, die so aussieht, als hätte ein Top-Model auf dem Laufsteg Speed genommen. Beim Strechen (schreibt man das so, oder vielleicht stretschen, strätschen, strätzchen? – irgendwie finde ich sträääääätscheeeeen passend) sorge ich dann wieder für ein Erheiterung, weil ich bei einer harmlosen Gleichgewichtsübung rücklings umfalle und meine Nachbarin auch fast mit zu Boden reiße. Als ich mit „Sorry, ich hatte Krebs“ entschuldige, brechen natürlich alle Dämme und das eine oder andere Gruppenmitglied kichert enthemmt. Stelle fest: Krebspatienten haben einen guten Humor.
15.30 Uhr Massage & Schlick
Massage – als Abschluss perfekt nach so viel Sport. Dachte ich zumindest. Man hatte mich schon bei diversen Anwendungen und auch am Mittagstisch gewarnt, dass Herr N., der so heißt so heißt wie der berühmte Kerl, der aus dem Wald kommt und Geschenke an brave Kinder verteilt, ein eher sanfter Masseur sei. Dies wird dann auch bestätigt. Er streichelt mich eher als mich zu massieren. Zwischenzeitlich denke ich tatsächlich, ob er „Liebesdienste“ an mir praktiziert als mich „medizinisch“ zu massieren. Ich mache die Augen auf und vergewissere mich, dass ich nicht doch irrtümlich im Puff gelandet bin. Auch sonst ist Mr. Streicheldideidei eine äußerst schräge Person. Gesicht und Arme voller Akne und Falten, 155 cm klein, watte-dünnes Haar, unter denen großflächig die Kopfhaut hervorschimmert. Bei der Begrüßung (Murmelmurmelnuschelnuschel) und während der Behandlung hat er kaum 3 Worte geflüstert. Ich kam mir vor wie in einer Szene von „From Dusk Till Dawn“.
Die Schlick-Anwendung ist prima. Man legt sich auf Platten, die mit Schlick, einem Naturmaterial aus dem Watt bestrichen sind und vorher in einem Backofen angewärmt wurden. Dann wird man in ein Leintuch gewickelt und Entspannungsmusik läuft im Hintergrund. 5 Minuten und ich schnarche wie ein Walross.
Nach dem Abendessen, was für mich kein eine Qual darstellt, weil ich wegen meiner Mundproblematik immer noch kaum etwas essen kann, mache ich noch einen kurzen Abstecher an den Strand. Balsam für die Seele. Nur ein paar Meter laufen, immer den Blick auf das Meer gerichtet und man fühlt sich eins mit sich und der Welt. Meer, Meer, Meer, ich will ans Meer!
Ich halte fest: Mir gefällt es hier!
Fortsetzung folgt...