Die vielen Termine gerade verleiten mich dazu, etwas länger in der Stadt zu verweilen. Und da ich das Radeln für mich entdeckt habe, nutze ich jede Gelegenheit für einen Fahrradausflug in die schöne City. Bei dem tollen Wetter nichts Schlechtes. Und für einen leidenschaftlichen Beobachter wie mich, ist die Stadt der inspirierende Ort schlechthin. Wo kann man sonst Menschen antreffen, die mit einer Ratte in der Jacke so kommunizieren, als wäre es ein Kleinkind: Ja, mein Süßer, jetzt darfst du auch mal an die frische Luft, gell. Punker mit Ratten habe ich anders in Erinnerung. Heute vermischt sich alles. Bunte Haare mit Militärhose. Friedenstatoo mit Springerstiefeln, Ratten und einfühlsames Gesäusel. Verwirrt lief der Möchtegernpunk hin und her und diskutierte mit seiner Ratte Pimmel, was der Tag noch so bringen werde. Ich stellte mir die Frage: Was ist schlimmer, mit einem Icke zu streiten oder mit einer Ratte, die Pimmel heißt, zu diskutieren? Ich glaube, die Ursache ist ausschlaggebend. Ich vermute, der Punk hat Pimmel als Kumpel, weil er verdammt einsam ist, und sich einfach um jemand kümmern möchte. Einsam habe ich mich noch nie gefühlt. Icke ist einfach da. Und kümmern möchte ich mich auch nicht um ihn.
Nach Fango und Physio bot sich ein Stopp im Bibulum an. Habe ich nicht erst geschrieben, dass ich mich da wohler als im Mago fühle. Wie komme ich da bloß darauf. Irre sind ÜBERALL! Neben mir - eine Österreicherin. Trank hastig einen Espresso, telefonierte dann aber eine halbe Stunde durchgehend. In einer unerträglichen Lautstärke. Wahrscheinlich lag es am breiten Dialekt, dass ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Am Russischen Nationalfeiertag einer Österreicherin zuhören zu müssen, ist die Höchststrafe für einen Pazifisten. Tochter W, Freundin X, Freund Y, Oma Z, alle holte sie an die Strippe. Sprach von Sylt und Mülleimerbeutel, von Saumagen und Deoroller. Selbst Kopfhörer konnte die Dame nicht übertönen. Zuerst versuchte ich es mit wunderschöner Klaviermusik von Martin Tingvall. Auch um mich ein wenig runter zu bringen. Keine Chance. Dann die neue Platte von Rammstein. Auch da drang sie als Backgroundsängerin hindurch. Rammstein hätt’s bestimmt gefallen. Meine Trommelfälle wollte ich jetzt wegen der schrecklichen Ösi-Tante nicht zum Platzen bringen. Man stelle sich bloß vor: Es gibt Menschen, die haben solche Stimmen ständig im Ohr. Hören eine komplette Rede vom irren Adolf. Schlimm! Wirklich schlimm.
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