Ich bin immer voller Hoffnung. Wenn man im Schlamm versackt, wird gebuddelt, was das Zeug hält. Aber an solchen Tagen wie heute, könnte selbst ich verzweifeln. Zuerst drückt der Physio bei der Behandlung so vehement auf einen Muskel, dass ich danach Schwierigkeiten hatte, mein Pferd „Cube“ zu besteigen. Ich riss meinen treuen Begleiter um und saß vor der Praxis nicht auf dem Sattel wie sich das gehört, sondern unterm irritierten Pferd. Cube schaute ziemlich verdutzt. So hilflos hatte er seinen Herren noch nicht gesehen. Als ich dann es doch noch schaffte, mich irgendwie auf den Drahtesel zu schwingen, fuhr uns beim Verlassen des Hofes fast ein kleines Mädel mit einem E-Roller über den Haufen. Mein Fluchen war umsonst, sie war da schon längst in Bad Bergzabern. Cube und ich waren hungrig und durstig. Leider hatte zu dieser frühen Morgenstunde noch kein Café auf. Also machten wir einen Stopp bei Rewe. Cube war kostbar, und musste daher unbedingt abgeschlossen werden. Mit dem größten und besten Sicherheitsschloss, das der Wilde Süden je gesehen hat. Bloß, wo war der Schlüssel dazu? Immer und immer wieder suchte ich alle möglichen Taschen und Innenräume ab. Nichts. Ich weiß nicht wie lange ich da vor dem Supermarkt stand. Sehr lange. Ich wollte schon aufgeben, resignieren, mich von einem Einkaufswagen überfahren lassen, da fand ich diesen Drecksscheißdummdödelsarschschlüssel in meiner linken Hosentasche, wo ich schon gefühlte 25000 Mal nachgesehen hatte. Schon so oft ist mir das passiert. Nicht nur mit Schlüssel, sondern auch mit FFP2-Masken, die verschwinden und auftauchen, wie es ihnen gerade gefällt. Manchmal ist das alltägliche Leben eine einzige Überforderung. Hürden über Hürden, die man überwinden muss. Noch eine Hürde. Auf dem Heimweg machte ich einen Abstecher im Nußdorfer Dorfladen. Super leckere Sachen gibt es dort. Das beste Körnerbrötchen weit und breit. Der Laden ist leider gar nicht breit, sondern schnucklig klein, somit kann man unerwünschten Kundschaft nicht unbedingt aus dem Weg gehen. Ein weiterer Nachteil, aber auch Vorteil an einem Dorfladen ist, dass „gebabbelt“ wird. Wildes Zeug. Ganz wildes dummes Zeug. Ein älterer Herr, der optisch nicht gerade ansehnlich war, schimpfte munter drauf los, als ich gerade den Eingang betrat: Die mache doch mit uns was se wolle. Die Auslänner nehme uns die Arbeit und die Fraue wech. Des isch doch koi Demokratie mehr. Ihr glaubt doch net, dass die uns alles erzähle. Dene sinn wir doch völlich egaal!
Die Verkäuferin nickte nur, sie wollte wohl kein Ärger provozieren. Icke schon: Pssssscht, machte er. Das dürfen sie nicht so laut sagen, sonst werden sie womöglich morgen abgeholt und in den Knast gesteckt. DIE lassen sie dort gern verfaulen mit ihren Ansichten. Der Herr ärgerte sich grün, blau und braun. Er erwiderte nicht. Er kam nicht mehr dazu, da ihn seine Frau aus der Türe zog. Ich vernahm nur ein lautes Schimpfen und Poltern.
Und noch eine. Hürde meine ich. Eine gewaltige. Am Morren riss ich mir Nicoles Fahrradtasche unter den Nagel. Sie ist hipper und praktischer als meine. Dachte ich. Auf unsere letzte Fahrradtour tauchte das Problem bereits hin und wieder auf. Man vergaß den langen Henkel der Fahrradtasche zu verstauen, so dass die Gefahr bestand, dass sich das Band in den Speichen verheddert. Damals konnten wir in gewohnter Teamarbeit immer rechtzeitig der Katastrophe entgegenwirken. Heute Vormittag gelang mir das nicht. Ich hab’s einfach komplett verpennt. Wahrscheinlich war ich noch vom „braunen Onkel“ zu sehr abgelenkt. Der hat mich bestimmt verflucht. Zwischen Nußdorf und Böchingen gab es plötzlich einen plötzlichen Ruck und das Band hat sich vollständig um das Kettenrad geschlängelt. So doll, dass es sogar von der Tasche riss. Nichts ging mehr und ich musste schieben. Schieben und fluchen, fluchen und schieben. Ich verfluchte nicht nur den braunen Onkel, sondern die Welt. In solchen Fällen, sollte man einen Boxsack zuhause haben. Ich glaube den Sack, hätte ich ganz schön fertig gemacht. Aber es gab keinen Boxsack, stattdessen kam meine liebe Frau von der Arbeit. Was ich vor allem an ihr schätze, sind ihre Reaktionen, wenn ich mich mal wieder als ein GTAZ (größter Trottel aller Zeiten) zeige. Sie war einfach nur froh, dass ich lebe. Theoretisch könnte sie sich darüber stündlich bei mir freuen. Dieser Tag brauchte unbedingt einen friedlichen versöhnlichen Abschluss. Den fanden wir dann im Dernbach Haus. Eine Schorle in der Sonne mit Blick in den Pfälzer Wald - und alles ist wieder gut.
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