AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA

38 Sekunden AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA. 20 sind sind die Norm. Meine Logopädin war sichtlich beeindruckt. Unmittelbar nach meiner Glanzleistung wollte ich meinen eigenen A-Rekord brechen. „Ich schaff auch 5 Minuten“, rief ich voller Patientenelan. Ich wollte in die Analen der Logopädie eingehen. Madame L. bremste mich leider aus. Die nächste Übung wartete schon. Hühner aufscheuchen. Tsch…tsch…tsch…mit entsprechenden Handbewegungen natürlich und gebeugtem Rücken- um 

den Bürostuhl 

herum, zwischen bunten Bauklötzen und Stoffteddys hindurch. Schnur, der Hühnerhalter im Kinderzimmer. Tsch…tsch…tsch…ihr blöden Hennen. Tsch…tsch…Miss L., die menschliche Henne, ist klasse. Wenn alle Arbeitnehmer*innen so viel Enthusiasmus bei der Arbeit zeigen würden, würden wir mit Sicherheit die Südkoreaner im BIP übertrumpfen. L. ist so freudig motiviert, dass man sie nicht enttäuschen möchte und die allerletzte Oktave noch aus sich herauspresst. Bei den Halbtönen scheine ich dann doch eher unterdurchnittlich zu agieren, so wie L. das Gesicht verzieht. Ich komme mir vor, wie in der Schauspielschule. Nach dem Kurs befindet sich meine Sprech- und Gesangsstimme auf dem nächsten Level und ich bekomme locker die Hauptrolle für „Die Blonde, die Brünette und die Rache der Rothaarigen“.  



Es ist die pure Freude mit dem E-Bike nach und durch Landau zu brettern, wenn nicht gerade ein Galloway-Rind mitten auf dem Fahrradweg steht und an einem Grashalm kaut. AAAAAAAAAA! Da hat man zwei Jahre Krebs, Roboter-OP, Delta, Omikron, Rotzvirus und die debile Nachbarin überlebt, um am Ende mit 30 km/h in ein zottelig-zersaustes Rind zu donnern. Mitten in der Stadt. 


Landau ist schön. 


Der nächste Punkt auf meiner To-do-Liste: Einlagen abholen. Im Sanitätshaus Strack angekommen, musste ich bei einem Opa Erste Hilfe leisten, weil er aus seinem kaputten E-Rollstuhl fast in hohem Bogen über die Verkaufstheke katapultiert wurde. Die Verschaltung zwischen Gas und Bremse war wohl defekt. Oder seine? Die mitgereiste Ehefrau konnte ihm nicht helfen, sie war taub wie ein Keilkissen und humpelte ganz oldschool an Krücken. In dem Paar sah ich Nici und mich - in 30 Jahren.  Wir brauchen unbedingt einen Revolver oder Zyankali im Haus. 


Bei der Abholung der Einlagen lernte ich, dass die Schaumstoffdinger immer nur ein halbes Jahr halten. Hab womöglich einen Bandscheibenvorfall, weil ich schon mindestens drei Jahre 5000 Kilometer in abgerockten Einlegesohlen durch den Pfälzer Wald latsche. AAAAAAAAAAAAA…


Punkt 3: Bennys. Mein Ortho hat mir Rehasport verschrieben, also mach ich das. Kann ja alles hoffentlich nicht schaden. Somit Starterpacket mit Gutscheine für ein Fitnessshake und Boxershorts in Bennys Fitnessworld abgeholt. Arnold Schwarzenäcker und Bernd das Brot führten das Aufklärungsgespräch mit mir. Als ich aus Versehen fragte, ob ich am Ende des Programms so aussehen würde wie sie, erhielt ich ein breites stolzes Grinsen. Und ein: „Vielleicht!“ Ich hatte vergessen, das Wort „NICHT“ hinzuzufügen. Das wird ein Spaß: WSG sanft mit Bernd das Brot. 


Punkt 4: Spargel und Käffchen in der Sonne. Spargel war schnell erledigt. Obwohl. Mich macht es immer emotional fix und fertig, ohne Plan aus mehreren Varianten eines Produkts das geeignete auszuwählen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Gemüseverkäufer dachte, der Typ mit der grünen Schirmmütze ist bestimmt ein Humanoid und ein paar seiner Drähte wurden bei der Überholung nicht richtig verlötet. B-Ware sozusagen. „Äh, die bitte. Vielleicht doch die? Die! Nein die! Ach ich nehm die. Lassen sie, ich hab mich entschieden: DIE werden‘s.“ Ein starker Kaffee war unverzüglich von Nöten. Ich bin ja so der Bibulumtyp. Guter Capuccino, nette Tische, leckeres pane e formaggio. Das Mago als Student ein Muss. Landauer Kult! Aktuell bin ich für‘s Mago definitiv zu alt und zu spießig. Nur, muss ja auch ein Spießer einen freien Platz in der Frühlingssonne erstmal ergattern. Pusteblume! Also doch Mago. Cappuccino okay. Käse-Baguette überraschend unekelig. (Jeder Student, der in Landau studiert und wohnt, hat sich mindestens 10000 Mago-Baguettes bis zum Bachelor einverleibt und verdrückt sie Jahre später nur noch aus Gründen der Nostalgie. (Oder man befindet sich im 32. Semester.) Die zwei Bedienungen, sehr sehr jung, also nicht im 32. Semester, eher so im 2., wären theoretisch hübsch. Glaube ich. Wenn sie bloß nicht so unterirdisch gekleidet gewesen wären. Bauchfrei, armreif, alles frei. Trugen so knappe Busendinger. Will ich morgens um 10.30 Uhr fast nackt meinen Capuccino gereicht bekommen und mit „Isch bei dir elles in Ordnung?“ angesprochen werden. Nein! In einer schnuckligen Bar bei einem sündhaft teuren Hot Spacy? Ja! Sie könnten süß sein, die Bedienungen, erfahren in der Gastronomie sind sie sicher nicht. Der Capuccino kam dem Baguette um Minuten zuvor und wurde vom Nachbartisch geklaut. In das Baguette biss fast ein hungriger Labrador, aber im Bibulum, bevor es endlich zu mir fand. Im nächsten Leben - ohne Pandemie - werde ich Mago-Besitzer und verdien mir goldene Zehennägel. Wenn man die „Chefes“ sieht, dann nur kurz mit so komischen großen Zahlenschloss-Koffern vorbeihuschend. „Na Mädels, alles klar auf der Andrea Doria?“ Wie gern würde ich diesen Satz auch mal sagen wollen. 


To do number five: Gartenarbeit. Ich war schon immer ein Kopfarbeiter. Hat sich so ergeben. Je älter ich werde und je weniger ich in der Lage bin, körperlich leistungsfähig zu sein, desto mehr werde ich Körperarbeiter und desto mehr wünsche ich mir dies als Dauertätigkeit. Wenn mir abends aber jede Steckverbindung weh tut, bin ich zwar glücklich, verfluche aber gleichzeitig meine neu entstandene Leidenschaft. Meine Physiotherapeuten und mein Orthopäde wären entsetzt, wie ich schleppe, bücke, reiße, krieche, ohne groß auf genaue Bewegungsabläufe zu achten. Die A‘s von heute Morgen, als Test des Lungenvolumens,  wurden abends zum Ausdruck von unendlichem Schmerz. Fünf Stunden vergingen wie im Flug. Wie schafft das meine Schwiegermama nur, mit ihren fast 70. Der Beckersche Garten ist ein grün-badischer Traum. Ich schuffte 5 Stunden und man sieht so gut wie nix. Ich spüre mehr als das ich sehe. AAAAAAAAAAAAAAA…


Als Nicole dann von der Arbeit kam, stimmte sie bei den A‘s mit ein. Seit Wochen zuckt ihr linkes Augenlied. Mehrere Sekunden. Verschwindet und kommt dann wieder. Sehr unangenehm, sagt sie. Kann ich mir vorstellen. Das am Körper aus heiterem Himmel etwas einfach anfängt zu zucken, ist ziemlich blöde.  Vielleicht ist es da noch das Beste, wenn NUR das Augenlid zuckt.  Um zu wissen, warum das Lid gerade durchdreht, suchte sie nachmittags DEN Spezialisten für Augenlidzucken auf: den Augenarzt. Es stellte sich aber leider heraus, dass der Spezialist kein Spezialist war, sondern eine junge Assistenzärztin in Praktikum, mit Engelskostüm und kaum Selbstbewusstsein. Sie zeigte rote Karten und sagte dazu: Ich zeige ihnen rote Karten, was sehen sie? Sie zählte Vermutungen auf wie eine Einkaufsliste: Stress, Magnesiummangel, Gehirntumor, etwas Neurologisches. Und verwies an den Hausarzt weiter. AAAAAAAAAA. Stress? Könnte durchaus sein, denn nach dem Besuch des engeligen Hohlnuss, morste Nicis Auge das komplette Alphabet. Als ich dann noch die Küche mit heißer Capuccinomilch (die aufgepumpten Gartenarbeitsmuskeln. hinderten mich die Luxuskaffeemaschine filigran zu bedienen), zuckte nun nicht nur Nicoles Auge, sondern auch ihr Mundwinkel. AAAAAAAAAAAA!!! 


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