Da bin ich wieder. Seit gut einem Jahr habe ich jetzt täglich hier einen Eintrag verfasst. Das erste Mal, dass ich nicht so recht die kreative Kurve kriege. Der Infekt kratzt erheblich an meiner Schreibmotivation. Der ganze grün-gelbe Rotz scheint die dafür notwendigen Synapsen zu verkleben. Wonderwoman kann sich den niemals enden wollenden Infekt nicht so recht erklären; sie empfiehlt die Konsultation eines HNO-Arztes. Bald habe ich alle Fachbereiche durch. Fehlt nur noch die Gynäkologie.
Vorgestern war ich in Heidelberg zur Kontrolle. Frau Dr. W. war nicht gerade auf dem Höhepunkt ihrer beruflichen Motivation und gedanklich schon im Osterhasen-Urlaub. Etwas lustlos drückte sie an mir rum. Ich will ja jetzt nicht, dass sie beim Befummeln meiner Leisten in Ekstase gerät, aber bissel mehr Pfeffer in ihren Fingerchen wäre glaube ich zielführender gewesen. Auch sonst nudelte sie mich eher ab, die Gute: Nicht mal 10 Minuten dauerte die Untersuchung. Ein Formular von der Beihilfe wollte sie auch nicht ausfüllen: „Nehmen sie das Ding mal wieder mit und schicken sie es uns bei Bedarf nochmal zu.“ Ich mach ja alles, was man mir sagt. Was bleibt einem auch Anderes übrig.
Wenn also keine weiteren Katastrophen eintreten, werde ich am 01. Juni 2022 wieder vor einer Schulklasse stehen. Sechs Unterrichtsstunden pro Woche sind nach dem Wiedereingliederungsplan vorgesehen. Die armen Kidis, die mich in meiner ersten Stunde nach gut 14 Monaten pädagogischer Abstinenz ertragen dürfen. Die müssen hinter mir wahrscheinlich die Tränenpfützen aufwischen. Muss mir hierfür noch ein Hulk-T-Shirt zulegen. Ohne ist dieser spektakuläre Tag unmöglich zu überstehen.
Bevor ich die Klinik in Heidelberg betrat, krachte es wieder in meiner linken Wade und sie wurde hart wie mein antrainierter Two-Pack. Autsch! Nicht schon wieder! Menno! Perfektes Timing! Ich hatte Gott sei Dank noch am gleichen Tag zum ersten Mal Physio. Ich hoffe, die Wade ist somit bald wieder einigermaßen funktionstüchtig.
Die Hinfahrt nach Heidelberg gestaltete sich - wie soll ich sagen - ein wenig unstrukturiert. Verlasse dich niemals vollständig auf professionelle Berater*innen - und Navigationsgeräte! Beides nimmt irgendwann ein böses Ende. „Uns Boris“ (Becker!) kann ein Lied davon singen. Ich dachte, mein Navi ist hochbegabt. So kann man sich täuschen. Aber kennt man ja: Viele Eltern meinen, dass ihr Kind hochbegabt sei, dabei besitzt es den IQ eines Kochlöffels. Mein super-schlaues Navigirl dachte, es sei total pfiffig und manövrierte mich mitten in die Ludwigshafener City, die in allen Himmelsrichtungen gesperrt war. So schien es zumindest. Mannheim war auch nicht viel besser. Wenn ich aus dieser LU-MA-Gegend stammen würde, ich würde meine Herkunft verleugnen. Ich schätze mal, nur Duisburg ist hässlicher. Und verfahren würde ich mich auch jeden Tag. Was sag ich. Stündlich! Dies sind definitiv keine Städte für meinen labilen Orientierungssinn. Irgendwie hab ich es dann doch noch geschafft, pünktlich bei Wonderwoman zu sein. Ich habe dem Navigirl einen Laufpass gegeben und mich stur nach dem Schild Schwetzingen orientiert. Das war die Rettung. Wenn ich mich nicht so dominant durchgesetzt hätte, hätte mich wahrscheinlich der Sicherheitsschutz von BASF völlig verwirrt aufgegriffen. Nie wieder werde ich in LU-MA meiner Naviline vertrauen. Das war’s. Endgültig!
Abends knetete dann ein adipöser kleiner Physio mit Händen eines Fleischers ganze 40 Minuten meine Wade. Er war gut, aber leider nicht so gut wie Lisa Lausemaus. Er redete sehr sehr sehr viel und kicherte beim Quälen sogar tatsächlich noch mehr als Lisalein. Der Fleischer war wohl vor vielen Jahren ein Kollege im AG-Bereich meiner Schule. Die Arbeitsgemeinschaften Tennis und Spiele bot er damals an. Auf der Massageliege erlebt man doch immer Überraschungen. Auch beim Tanken. Ein seltsames Gefühl mal wieder von einem Teenager mit „Hallo Herr Schnur“ angesprochen zu werden. Ich zuckte regelrecht zusammen vor Schreck! Ein Ex-Schüler macht in der Tanke eine Ausbildung. Nicole war ganz verblüfft, dass man an Tankstellen überhaupt eine Ausbildung absolvieren kann. Sie nahm an, dass dort nur Hilfskräfte tätig sind, die irgendwann von durchgeknallten Wutbürgern erschossen werden. Tja, weit gefehlt!
Immer wieder nett, wo es die Schüler*innen nach ihrer Schulzeit so hin verschlägt, und vor allem wie sie sich optisch verändern. Nicht nur man selbst sieht von Jahr zu Jahr besser aus, sondern auch die pickligen Pennäler. Wie geht‘s Ihnen, Herr Schnur? Kennen sie mich noch? Super! Klar! Du bist doch der, äh, der, äh, na der…verflixt! Jedesmal sind die Bälger tieftraurig, wenn ich ihre Namen nicht mehr weiß. Ich hab ein Namengedächtnis einer Kaulquappe. Das darf bloß keiner merken. Wollte den lieben Jungen jetzt nicht mit der Krankengeschichte seines geliebten Ex-Lehrers belästigen. Ich war froh, dass ich nicht mehr wie ein Chemopatient aussah, sondern eher wie ein reicher Oligarch, der aus seinem 12-wöchigen Malediven-Urlaub gerade zurück ist und seine 250 Meter lange Yacht Potemkin vor der Eingangstüre geparkt hat. Das kürzte die Begegnung erheblich ab. Was mir durchaus entgegen kam.
Gestern war ich im Städtischen. Zur Vorbesprechung. Am 27.04. wird mir dort mein Port entnommen. Freiheit für Schnuri! Der zuständige Chirurg guckte mitleidig auf meine Narben: Oh, sie haben wohl in letzter Zeit einiges mitgemacht. Ich zeigte auf Narbe Nummer 1: die Hölle von Verdun. Narbe Nummer 2: Stalingrad. Narbe Nummer 3: ein Schorle zu viel auf dem Montainbike. Narbe Nummer 4: Nudelholz. Narbe Nummer 5: Obama. Bei Obama stutzte der schmunzelnde Chirurg ein wenig. Nachbars irrer schwarzer Kater, ergänzte ich. Sofort waren Dr. Skalpell und ich aber sowas von dicke miteinander. Der Anästhesist war dagegen unnahbar schräg. Ich glaube der nimmt selbst das Zeug, mit dem er die Patienten während der OP abschießt. Er kam zu spät, grinste, murmelte, stotterte, schimpfte, klebte und rülpste. Der hat niemals im Leben auf legalem Weg seinen Titel erhalten. Niemals! Never!
Wie ich es hasse immer wieder dasselbe zu erzählen. Und dann auch noch den gleichen Scheiß in irgendwelche Bögen mit viel zu wenig Platz zu kritzeln. Bitte, bitte, bitte, liebe Politiker und Politikerinnen führt doch endlich eine digitale Gesundheitskarte ein. Mir ist es völlig Wurscht, ob jemand weiß, dass ich Fußpilz habe. Außerdem kann man dann für immer und ewig schwarz auf weiß nachlesen, dass man mir das LINKE Ei entfernt hat und nicht beide. Selbst weiß man das nach 10 Jahren ja nicht mehr so ganz genau. Langsam aber sicher gehen mir die ständigen medizinischen Termine auf die Nerven. Leider stehen immer noch ein paar an. Aber es gibt ja auch schöne Termine. Zum Beispiel ein fulminantes Dinner mit meinen zwei Lieblingsmenschen im Hubertushof. Das Lieblingslokal von Anna. Bevor sie wieder nach Osnabrück abdüst, musste da auf jeden Fall ein Abstecher ins legendäre Gourmet-Restaurant her. Ein schöner lustiger Abend mit allerlei Köstlichkeiten. Nur an der Menü-Reihenfolge muss das nächste Mal noch getüftelt werden. Wenn Frau Vorspeise, Vorspeise, Hauptspeise bestellt, bekommt sie leider nichts mehr vom leckeren Desert des Liebsten ab. Und ich muss eruieren, woher ich nochmal meine graue Schirmmütze her habe. Der Chef des Hauses sammelt genauso enthusiastisch Kopfbedeckungen wie er kocht. Seine Gattin verwickelte uns zum Abschluss-Espresso in eine Mützenfachgespräch erster Güte. Es gibt Abende, die sollten niemals enden. Müssen sie aber, sonst freut man sich ja nicht mehr auf den nächsten.
Ein weiterer Lieblingsmensch ist heute 80 geworden. 80. Was für eine irre Zahl, wenn es um Geburtstage geht. 80. Das wären noch 27 Jahre. Icke sagt, das kann ich mir abschminken. Ich bleibe optimistisch. Klar ist nur, dass ich niemals so in Topform 80 werde, wie meine liebe Erika Dreisigacker. Wie soll das auch gehen mit den vielen Narben. (Siehe oben!) Ich wünsche mir, dass Anna nicht gleichzeitig Papa/Mama und Oma verliert. Das da wenigstens noch ein paar Jahre dazwischen liegen werden. Wünschen darf man sich ja alles! Und ich wünsche mir, dass Opa Ede sich noch an viele Kunststücke von Lotta erfreuen kann. Vielleicht kann Lotta ihm ja demnächst die RHEINPFALZ bringen, wer weiß.
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Ines (Donnerstag, 14 April 2022 22:04)
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