Fast 5 Wochen bin ich jetzt am Chiemsee. 4 Wochen in der Klinik. Man müsste einen
Film über die Patienten*innen drehen. Am besten in Zeitraffer. Es ist beeindruckend welchen Fortschritte da der eine oder die andere erzielt hat. Der Opa mit dem hängenden Auge, der kein Rollstuhl
mehr benötigt und einen jetzt endlich mit zwei Augäpfeln gleichzeitig fixieren kann. Die Oma, die in den ersten 3 Wochen mit ihrem Rollator zu den Anwendungen wackelte und in der vierten Woche über
die Fluren rennt, als würde sie für die Paralympics trainieren. Psycho-Sabine, die beim Anblick des gekochten Hühnereis noch in Tränen ausbrach und sich jetzt mit großer Lust
und noch größerem Sabbern zwei Portionen Tiroler Gröstel reinpfeift. Skelett-Schorsch, der bei einem ein Trauma auslöste, wenn er plötzlich im Treppenhaus vor einem Stand. Nun ist er im Aufzug, grüßt
einen frohgelaunt und man erkennt ihn kaum wieder. Eine wohlgenährtes Bäuchlein quillt siegessicher aus seiner Jogginghose. Was Fokussierung und permanente Pflege bewirken können - man glaubt es
nicht. Jeder Mensch sollte jährlich so eine Kur verordnet bekommen. Am Anfang war ich enttäuscht, dass viel zu wenig Anwendungen für mich vorgesehen waren. Mittlerweile sehe ich das entspannt. 500 km
geradelt und 300 km gelaufen. Auch das bringt einen Effekt. Wer braucht da schon Krafttraining, Bewegungsbad und Onkoschwimmen. Vieles hier in der Klinik kann ich nicht nachvollziehen. Die Defizite
und Lücken in Therapieplanung lagen nicht nur an Corona. Organisatorisch hat da auch einiges nicht gestimmt. Im Prinzip hat mich der Aufenthalt dazu sensibilisiert, dass nur ich selbst auf Dauer mein
eigener Therapeut sein kann. Dass ich mich selbst heilen muss. Dass ich jeden Tag an meiner Genesung/Heilung arbeiten muss. Dass kann mir niemand abnehmen. Wir müssen schon selbst auf den
Crosstrainer oder auf das Rad steigen. Das Wichtigste wird in Zukunft sein, sich täglich Zeitinseln zu schaffen, um dann selbst zu einem Phönix zu werden.
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