Reha Teil 1 - Tag 4 bis 6. Die „Vor-Reha“ mit Nicole ist fantastisch. Alles passt. Bis auf eine völlig durchgelegene Matratze. Sie scheint aus den Zeiten König Ludwigs I. zu stammen. Wenn man keinen Bandscheibenvorfall bis dato gehabt hat, dann könnte dieser Aufenthalt die Chance hierfür erheblich erhöhen. Mal sehen, wie wir orthopädisch noch durch die Tage kommen. Sportlich können wir auf jeden Fall sehr zufrieden sein. Wir machen Kilometer um Kilometer. Die Ringe auf der Apple Watch sind stets alle geschlossen. Die Landschaft und die daraus resultierenden möglichen Outdoor-Aktivitäten sind grandios. Und das Schönste, man begegnet auf den Wegen und Touren kaum Menschen. Der viele Sauerstoff tut mir gut. Vor allem in den Bergen scheint die Luft noch reiner und gesünder zu sein. Nur hin und wieder habe ich mit der Atmung Probleme. Vor allem bei großer Anstrengung. Meine Stimme wird auch langsam besser. Mit Maske versteht man mich zwar immer noch kaum, aber meine Übersetzerin haut mich gekonnt aus jeder peinlichen Situation. Wie eh und je!
Was uns auch absolut in die Karten spielt, ist die Vielfalt der ortsansässigen Cafés und Restaurants. Wir hoffen beide, dass sich nicht all zu viel Speck auf den Hüften wiederfindet. Ringe der App geschlossen, aber dafür mehr Ringe um den Bauch gelegt. Man kann leider nicht alles haben. Urlaub ist schließlich Urlaub.
Meine Klinik habe ich auch schon gesehen. Ein großer Kasten, nicht unbedingt hübsch. Die Lage macht’s. Nächste Woche werde ich auch mit Stöcken und sexy engem Laufhöschen an der Promenade entlang marschieren. Nicole wird mir dann aus dem Café lachend mit einem Rosé in der Hand zuwinken.
Der Krieg ist natürlich jeden Tag Thema. Wenn man Leuten in Läden und am Nebentisch zuhört, schnappt man oft irgendwelche Statements zum Krieg auf. Ein Mädchen im dm: Mann, sind die verrückt, Gewalt ist doch keine Lösung. Oder urbayerische Opis in einem Café in Rosenheim: Die Baerbock isch guad, die mocht en guaden Job. Ja, den macht sie, das sehe ich auch so, Opi!
Der Ukraine-Krieg hat Corona abgelöst. Die Pandemie interessiert kaum einen mehr. So schnell kann’s gehen. Wenn man einen kurzen Moment über die Schlagzeilen in den Nachrichten nachdenkt und sein Abgestumpftsein und die abendliche Stulle beiseite schiebt, kann man nur noch entsetzt mit dem Kopf schütteln. Beschuss eines Kernkraftwerkes. Feuer gelöscht. 10 tote Kinder bei Luftangriffen auf Wohnhäuser. All das Mitten in Europa. Schauspieler, Chirurgen, Violinisten tragen nun Maschinenpistolen und verteidigen ihr stolzes demokratisches Land vor einem irren diktatorischen Aggressor. Wer hier „der Nazi“ ist, liegt auf der Hand.
In Unterrichtsstunden über die Geschichte Europas, versuchte ich die Kids immer zu sensibilisieren, wie kostbar unser erkämpfter Frieden ist. Abstrakt damals, Gott sei Dank, und heute nun ganz real. Eine solche lebensnahe Anschauung würde man den Kindern gerne ersparen.
Ich wünsche mir so sehr ein Enkel/eine Enkelin. Immerhin ist Anna fast 30 und ich bin ein körperliches Wrack. Ein Kind in diesen Zeiten? Kinder, die gegen Panzer pissen müssen? Pandemie, Klimawandel, Krieg in der Nachbarschaft: Muss man da eigentlich nicht von einer Fortpflanzung abraten?
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