Krieg und Karneval

„Man wacht auf und die Welt ist eine andere“. Das ist nichts Neues für mich. Leider! Da kenne ich mich aus. Und doch war es gestern nochmal eine ganz andere neue Erfahrung. Krieg in Europa hatte ich für dieses Jahr jetzt so gar nicht auf meine Rechnung. Nicht nur die Regierungen der Welt waren da naiv. Hätte es ja wissen müssen: Mein Papa hatte noch auf seinem Sterbebett Angst vor einer russischen Invasion, 41 Jahre nach Ende des Krieges. Die Gehirnwäsche der Nazis und die Erlebnisse mit den Partisanen legten den Samen der Furcht vor den „unmenschlichen Russen“. Was er als junger Mann im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront als Soldat durchmachen musste, prägte ihn für sein ganzes Leben. Seine Prägungen hatten und haben wiederum nachhaltigen Einfluss auf mein Denken.  Ein eher pazifistisches kosmopolitisches Denken. Würde ich mein Land verteidigen, würde ich zu Waffe greifen, weil es mein Präsident verlangt? Nein! Ich würde meine Familie mit allen Mitteln in Sicherheit bringen wollen. Einfach weg! 

Man liest die irren Schlagzeilen, sieht unschuldige verunsicherte ukrainische Familien in  U-Bahnhöfen vor den russischen Bomben Schutz suchen, hört die O-Töne der Staatslenker*innen und denkt, das ist doch jetzt alles nicht wahr. Pandemie, Krebs, Krieg: Reicht es nicht endlich! Im Angesicht dieses unvorstellbaren Krieges ist Karneval jetzt nicht unbedingt eine sinnvolle Alternative. Natürlich versteht man, wenn man sich als ein verkleideter Osterhase kurz in die Leichtigkeit flüchten will, das Elend einfach mal ignorieren möchte. Meins ist es nicht. Karneval war noch nie meins. Ganz kriegsunabhängig. Auf Termin und Kommando lustig zu sein, zu schunkeln und Frohsinn zu verbreiten, erscheint mir sehr seltsam. Saufen kann ich auch ohne ein Hellau und Alaaf! 

Im Angesicht des Unvorstellbaren fällt es mir schwer, humorvolle Dinge hier zu verkünden. Heute ist mir einfach nicht danach. Außerdem muss ich packen. Funktionieren ist immer die beste Ablenkung! 

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