Alive

Holladrio, ich bin wieder do. 


Die letzten zwei Tage war mir nicht nach schreiben. Weiß auch nicht, wie lange ich jetzt durchhalte. Alles etwas beschwerlich. Im bin noch ganz schön im Eimer. Mein Körper ist ziemlich durchlöchert und ich hänge an diversen Schläuchen. Aber ein paar sind auch schon wieder  abgestöpselt worden. Den Schmerzkatheter und die Drainage sind noch angedockt. Ein Mordsaufwand mit den ganzen Kabeln klar zu kommen. Gestern habe ich es bei einem Klogang so dermaßen verwurstelt, dass man eine halbe Stunde brauchte, um mich aus dem Kabelsalat zu befreien. Ich bewege mich wohl zu viel und zu unkoordiniert. Aber was soll man auch tun, wenn man nur im Bett liegt und die 5 Meter aufs Klo geht. Das Chirurgenteam hat mich am Freitag bis 15.00 Uhr operiert. Um 07.40 Uhr schob man mich in den Vorbereitungsraum. Gegen 17.00 Uhr habe ich meine Äuglein wieder aufgemacht. Zuerst dachte ich, ich wache auf dem OP-Tisch auf, weil so viele Chirurgensätze genuschelt wurden. Ich konnte sie nicht gleich zeitlich einordnen. War froh, dass man nach der OP meinen Zustand besprach. Wenigstens gab es was zu besprechen. Hörte sich nach eine irdische Fortsetzung an. Einen Tag und eine Nacht war ich auf Intensiv. Die Betreuung dort, man kann es nicht anders sagen, ist fantastisch. Es war gefühlt rund um die Uhr jemand an meiner Seite. Ein junges Mädchen, vielleicht ursprünglich aus Italien, war unfassbar zuvorkommend und lieb. Sicherlich kann man sagen, ist doch ihr Job. Dennoch, sie war ein wahrer Sonnenschein und munterte mich ständig mit ihrem Lächeln auf. Wenn man hört, dass alles doch sehr gut aussieht, glaubt man auch gleich selbst daran. Ich lag da, völlig verprügelt und war einfach nur dankbar, dass es solche Engel gibt. Ich konnte kaum sprechen, aber immerhin vor lauter Glück weinen. Ich habe mir eine Zahlenkombi, die ich an der Decke gesehen habe,  bevor ich abgeschossen wurde, versucht zu merken. Ich wusste sie nicht mehr, als ich aufgewacht bin. Zuerst. Ein paar Momente später fiel sie mir wieder ein. 8634/1. Die schönsten Zahlen meines Lebens. 

Auf der Normalstation ist es nicht anders. Ich könnte über niemandem, der mir bis jetzt hier begegnet ist, etwas Negatives sagen. Es wird ständig nach einem behutsam geschaut. Man bekommt den Stress auf der Station überhaupt nicht mit. Ein weitere Pflegerin sieht ein wenig wie Anna aus. Das ist schön, da freue ich mich immer, wenn sie anklopft. 


2 Kaffeetassen Schilddrüsengeschlabber hat der Operationsroboter aus mir rausgebaggert. Mit nur einem kleinen Schnitt am Hals. Die Brust musste nicht geöffnet werden. Die schlimme linke Seite haben sie bearbeitet. Rechts ist weniger von dem miesen Zeug drin. Aber das konnten sie in der gleichen Operation nicht mehr angehen. Dort liegen heikle Nervenstränge. 7 Stunden OP reicht auch fürs Erste. Irgendwann später wird man sich dann den rechten Schilddrüsenlappen noch vornehmen. Das Wachstum muss weiterhin kontrolliert werden. Der aktuelle Stand ist, dass ich wohl keine Hormontabletten benötige. Nun bin ich fast von allen Kathetern befreit. Nur ein kleines Becherchen mit Blut baumelt an mir herunter. Kein Problem also für ein Terrassenbesuch. Ich habe schon eine kleine Wanderung hinter mich gebracht. 100 Meter in U-Form. Komplett fix und fertig kam ich wieder im Zimmer an. Musste meinen Kumpel Oskar enttäuschen. Mit dem Bierchen in einer Kneipe wird’s noch nix heute. 


Die Blase-Übungen mit spacigen Mundteilen nerven ein wenig. Hoffen wir, dass es der Lunge dabei hilft, sich gut zu entfalten. Die größte Gefahr ist eine post-operative Lungenentzündung. So paffen Ossi und ich alle 2 Stunden ein grünes Pfeifchen und röcheln uns den Schleim aus der Seele. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0