Und bei dir so?

Es ist doch immer wieder interessant, wenn Nicole von ihrem „Mädelsabend“ zurückkommt. Mann bekommt ja nicht unbedingt mit, was Frau so über das andere Geschlecht und Beziehung denkt. Wir scheinen ein sonderbares Paar zu sein. Jeweils ein sehr seltenes Exemplar des amandi populus. Alle Mädels erzählen von nervigen Ehemännern, von Reibungen, manchmal sogar von gewünschten fliegenden Kochtöpfen, Unverständnis, Kommunikationsdefizite, Bockigkeit. Ich kann keine Studie anführen, aber irgendwie habe auch ich durch pures Hinhören den Eindruck gewonnen, dass Frauen häufig über ihre Partner schimpfen und dies weniger umgekehrt geschieht. „Und du so?“, heißt es dann in der Mädelsrunde. Schweigen! Gestotter. Muss ich jetzt nicht auch was Furchtbares beisteuern? Äh! Hm! Alles gut! Muss leider passen! Er is halt ein körperliches Wrack. Peter Schilddrüse lässt ihn immer rülpsen. Wenn er läuft, hört sich das wie ein Ballwechsel zwischen Timo Boll und Ma Long an, im Wald muss ich immer darauf achten, dass er sich nicht das Genick oder andere wichtige Körperteile bricht, - und seine Fußnägel wachsen als gebe es kein Morgen mehr, aber sonst alles supi. 10 von 10 Ehemännerpunkten! Echt? Das gibt es doch nicht. Wo ist der Haken? Rück endlich raus damit! Nicole wird fast genötigt zu sagen: Ihr habt Recht, er ist doch ein Arsch! Um einfach dieses dämliche Belächeltwerden zu umgehen. In der Art wie: Kommt Zeit, kommt auch der Beziehungsstress. Lass die nur 25 Jahre zusammen sein, dann nehmen sie sich auch beide 2 separate Wohnungen. Pupsige 10 Jahre sind da ja nicht ernst zu nehmen. Andere, aber doch ähnliche Erfahrungen mache ich ebenso. In meinen Runden wird gestaunt und geraunzt, wenn ich allzu liebevoll über meine geliebte Ehefrau berichte. Rosamunde Pilcher - Igittigitt - lässt grüßen. Als Erklärung wird dann herangezogen: Das gibt sich schon noch, die sind noch nicht lange verheiratet. Da spricht man noch so verklärt. Irgendwie tut das Nichtvollgenommenwerden ein bissel weh. Als würde man komplett verblödet in sein Unglück rennen. Die Katastrophe scheint hier nur eine Frage der Zeit. 

Ich unterstütze absolut die im Raum stehende These, das zwei Menschen niemals über viele Jahre harmonisch, so ganz ohne Krawall Tisch und Bett teilen können. Das wären die berühmten 6 Richtige mit Superzahl! Da muss man sich gar nicht mal lieben. Ich könnte mir das auch mit keinem meiner besten Freunden*innen vorstellen. Und die schon gar nicht mit mit mir. Dauertoleranz gibt es nämlich nur sehr selten. „Du darfst sein, wie du bist“, scheint eine lächerliche Floskel zu sein. Niemand, außer Nicole, will, dass Icke und ich so sind wie wir sind. Eine Chance wäre: Beide ticken in allem ähnlich. Beide können sich zurücknehmen, aber auch forsch und lustig sein. Stoßen jederzeit auf Verständnis des anderen, egal was man tut oder denkt. Tja, ihr merkt schon: Verdammt selten! Wir haben das Glück, dass es wohl bei uns so ist. Nicole und ich sind beste Kumpels und ein Liebespaar und verbringen verdammt gerne Zeit miteinander, egal ob der andere zu viel rülpst oder es hasst, wenn Dinge auf den Schränken abgelegt werden. Der Andere wird zu jeder Zeit „mitgedacht“ und man ist fast immer bestrebt, für dessen Wohlergehen zu sorgen. Man genießt das Alleinsein genauso wie das Zusammensein. Es gibt Paare, da ist jeder lieber für sich. Sind mehr alleine als zu zweit. Wenn’s glücklich macht, alles in Ordnung. Nur das gemeinsame Glücklichsein nimmt man häufig nicht so wahr. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Die Mädels von oben lieben ihre Männer und würden sie bestimmt nicht eintauschen wollen. Was Besseres finden, ist auch nicht so einfach. Schließlich haben sich die Jungs auch an die Macken der Mädels gewöhnt. Eine Win-Win-Situation sozusagen. 


Es gibt die Tendenz bei jungen Erwachsenen, dass sie sich nicht mehr so traditionell binden wie ihre Eltern. Polyamorös ist nun hipp. Paule Montag und Dienstag, Jonny Mittwoch und Donnerstag, Claude oder Claudia Freitag und Samstag. Sonntag Pause! Jeder sein eigenes Zimmer, sein Kühlschrank, seine Notfall-Wärmflasche. Nur alleine, wenn man das auch selbst entscheidet. Ob das die bessere Alternative ist? Ob das glücklicher macht? 


Auch wenn’s nicht immer so reibungslos verläuft wie bei Nicole und mir, erkennen die Kochtopfwerfer*innen doch immer wieder, was sie am Gegenüber haben: ein Nest - und hin und wieder eine leidenschaftliche Rauferei, mit oder ohne Kochtöpfen. Das gibt Sicherheit! 

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