Der flennende Schrottmensch

Mein Körper ist ein Schrotthaufen. Als ob ein völlig unbegabter Handwerker beim Schrotthändler willkürlich Zeugs zusammengehamstert und daraus eine Nachbildung eines Menschen gebastelt hätte. Alles quietscht und ist nicht korrekt verschraubt. Hängt an geflickten Kabeln und rostigen Federn. Die Brust klappert bedenklich. Würde der Schrottmensch husten, wie ich es gerade tue, würde er von jetzt auf nachher in alle Richtungen auseinander fliegen. Als wäre das nicht schon Ungemach genug, kommen jetzt extrem merkwürdige Probleme dazu. Ich war ja schon immer nah am Wasser gebaut. Es soll Menschen geben, die können nicht weinen, für mich kaum vorstellbar. Nun ist aber aus dem Hin-und-wieder-mal-flennen bei einer völlig akzeptablen Gelegenheit ein spontanes Bei-aller-Gelegenheit-weinen geworden. Ist dann doch etwas irritierend für den Weinenden. Und im Besonderen für die Wein-Begleiterin. Alles scheint mich plötzlich zum Heulen bringen zu können. Manchmal habe ich Angst in die Küche zu gehen, weil ich beim Anblick von leckerem Gemüse und Obst Rotz und Wasser flennen könnte. Wenn es dann noch eine schöne Nachricht (junge Medizinstudentin diagnostiziert per Handy Hautkrebs bei einem Zeugwart einer Eishockeymannschaft und bekommt dafür ein Stipendium in Höhe von 10.000 Dollar spendiert) oder eine tolle Dramaserie (der Palast) ist, dann sind alle Schleusen geöffnet. Ich kann ja jetzt nicht alles meiden, was evtl. Schnuris Tränensäcke füllen könnte. So ist Schule doppelt nicht möglich. Kevin, du hast eine    5+ *heul* *heul*, Chantal hier deine 1 *flenn* *flenn* *flenn*. Die Schüler dann: Oh Mann, heute haben wir wieder diese unfassbare Heulsuse. Nerv! Pah, der soll Hulk sein! 

Keine Ahnung woher das nun kommt. Ich fühle mich gar nicht so melancholisch. Die Flennattacken kommen aus heiterem Himmel. Wird man krankgeschrieben, wenn man zu viel heult und trotzdem gut drauf ist? Gibts dafür Medikamente, eine Therapie? So nun erzählen sie mal Herr Schnur, wie geht es ihnen denn? Och supi, Herr Dr., hihi…*heul*, *flenn*, *wein*. 


Ach übrigens: Ein Test in der Festhalle hat ergeben, dass Nicole und ich kein Corona haben. Es ist dann doch einfach nur ein Husten-Rotz-Schlappheits-Virus. Auch nicht so angenehm.  

Habt ihr jemals etwas gegen Husten eingenommen, das gewirkt hat? Ich habe in meinen 52 Jahren schon häufiger einen Bollerhusten gehabt. Gefühlte 52 Mal. Scheint eine Schwachstelle zu sein. Eine von meinen vielen. Noch nie hat was gewirkt, sowohl schulmedizinisch als auch auf natürlichem Wege. Nur Eigenurin hab ich noch nicht ausprobiert. Vielleicht sollte ich das mal versuchen. Jetzt gab‘s ein Hausrezept der besten Freundin von Nicole: Zwiebelsud mit Kandiszucker. Hatten wir nicht, nahmen dafür braunen. Hat’s nicht besser gemacht. Die ganze Familie kippt sich die Brühe wohl immer bei Husten und Halsweh hinter die Binde, auch die Gesunden, weil‘s so lecker schmeckt. Lecker? Die sind  total irre. Zumindest bei Geschmacksfragen. Wer will schon eine lebende Zwiebel sein. Dann doch lieber lebenslanges Husten - oder Eigenurin, ohne Zwiebelsud! 


Noch etwas muss ich zum Besten geben, da es zum Themenkreis passt. Apothekenfachpersonal. Apotheker gehörten schon immer zu der Berufsgruppe, vor der ich große Hochachtung hatte. Mein Gott, welche Fähigkeiten müssen die besitzen. Die ganzen Beipackzettel mit 100000 Fachbegriffen, klein geschrieben wie Sau. Ich scheitere schon beim Text auf der Pappschachtel. Leider sind Apotheker*innen auch nur Menschen, wie du und ich. Eine gibt was raus, was ich gar nicht einnehmen darf, die andere schiebt ein Rheumamittel anstatt eines Hustensafts über die Theke. Regel Nummer 1 in der Apothekerausbildung: Töten Sie niemals einen Kunden (damals noch ohne Gendern), weil sie das Mittel verwechseln. Fast hätte sie versagt. Wenn Icke in Form gewesen wäre, hätte er der zerstreuten Dame ein Liter Zwiebelsud per Waterboarding verabreicht. Kranksein stimmt ihn meist milde. *hust* *hust* 

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