Bilder eines Jahres

Eine Tradition: An einem der letzten Abende im Dezember schauen wir immer das Album eines Jahres im ZDF an. Man weiß ja, was das für ein verrücktes Jahr war, aber die dazugehörigen Bilder jetzt so geballt geliefert zu bekommen, wühlt einen nochmal so richtig auf. Die schönen Bilder kommen eindeutig zu kurz. Hatten wir wirklich so wenige?  Menschen, die alles verloren haben oder unter Einsatz ihres Lebens ihr Glück suchen, scheinen in der Überzahl zu sein, brennen sich tief ins Gedächtnis. Wie verzweifelt muss man sein, sich an einem gerade abhebenden Jumbo-Jet klammern zu müssen. Überall so viel Leid und Zerstörung. Durch Feuer, Überschwemmung, Hurrikans, Taifuns, Schusswaffen und Kriegsgerät, Hass und Zwietracht. Man lebt in Böchingen in einer Blase, so scheint es immer wieder. Die Wände mit rosa Watte tapeziert. Krebs hin oder her. Irgendwo anders auf der Welt wäre ich wahrscheinlich elendig vor die Hunde gegangen. Keine Chance auf Hightechmedizin. Zu teuer! Am liebsten würde ich der Nachbarin eine pfeffern, wenn sie wieder über zu weiche Brötchen beim Dorfbäcker klagt. Wir sind total blemmblemm. Da nehm ich mich selbst jetzt mal nicht raus. Ich weiß ja, wenn’s einem gut geht, dann jammert man auch über harmlose Dinge. Was sollte auch sonst das Ziel des Jammerns sein. Über die aufgebrummte Vertretungsstunde oder das zu kratzige Klopapier. Alles eine Frage des Gemüts und des Status. Wir können impfen, wollen aber nicht in ausreichender Zahl. In anderen Staaten wollen sie impfen und können nicht. Und wir schimpfen, weil wir evtl. 3 Stunden für einen Piks anstehen müssen. Manche Menschen würden dafür mehrere Tage in der Kälte ausharren, bei Wasser und Brot. Der Zustand der Welt soll echt besser werden? Die Orakel spinnen oder sind defekt. Mit „nicht so schlimm“ könnte ich mich vielleicht diesmal noch arrangieren. 


Ach liebste Anna, und noch liebere Lotta, wird es noch einmal eine Zeit geben, wo ich euch nicht vermissen werde? Du wirst wahrscheinlich immer bloß zurückkehren, nie wieder bleiben. Ein starker Vater, der sein Kind in die Welt ziehen lassen muss, darf nicht sagen: Es bricht mir das Herz. Das wäre unfair. So ist es eben. Das Leben! Es gilt nun die wenige Zeit zu nutzen und so schön wie möglich zu gestalten. Mit einem Tochter-Vater-Hund-Frühstück und -Ausflug zum Beispiel. Heute gab es Bilder, die kommen mit Sicherheit in mein Album des Jahres. Wieder hatte ich das Gefühl, ich darf doch recht viel Glück als mein Eigentum betrachten. Ich weiß, es gibt keine Garantien. Ein Dieb lauert an jeder Ecke. Scheißegal! In diesem Augenblick ist es meins. 

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