Nachrufe zu lesen, macht einen Heidenspaß. Das tue ich für mein Leben gern. Nicht leicht, einen gelungenen ehrlichen Nachruf zu verfassen. Was steckt dahinter? Warum machen wir das? Es geht wohl um Wertschätzung. Wertschätzung des Lebens und des Lebenden. Leider sind es nur bekannte Persönlichkeiten, die unser Interesse derartig wecken. Nachrufe über unsere Nachbarn und Freunde wären doch bestimmt auch sehr spannend. Natürlich sind die immer ein wenig verklärt. Das gehört dazu. Das vergangene Leben im hellen Licht erstrahlen zu lassen, obwohl es viel Dunkel zu verantworten hatte, fällt uns anscheinend leicht. Zu Lebzeiten selbst einen Nachruf über sich zu schreiben, wäre psychologisch merkwürdig, aber doch ziemlich spaßig. Ich denke, man könnte das zu jedem Zeitpunkt tun, man müsste einfach mit dem Status Quo arbeiten. Es ist nicht zwingend für einen Nachruf, alt zu sein.
Mein Nachruf.
Viele Menschen denken über sich und die Welt nach, man kann aber mit Fug und Recht behaupten, dass er das Nachdenken auf die Spitze trieb. Das Nachdenken und das Anregen zum Nachdenken. Nichts schien ihm ihm da heilig oder gar ein Tabu. Naheliegend, dass er sogar einen Beruf daraus machte: Lehrer! Er bezeichnete sich aber lieber als Pädagoge. Oft war es sehr schmerzhaft, sich gemeinsam mit ihm auf den Weg der Ehrlichkeitssuche zu begeben. Die größte Freude machte es ihm, wenn er das Nachdenken und Beurteilen mit jemandem teilen konnte. So konnte man ihn ganz leicht jeden Tag glücklich machen. Schutz war ihm ebenso wichtig. Vor allem seine Liebsten wollte er beschützen und ständig auf das Unvorbereitete vorbereiten. Ob erfolgreich müssen die Beschützten selbst jetzt beurteilen.
Er genoss das Leben in vollen Zügen. Zur jeder Tages- und Nachtzeit. Nicht nur kulinarisch. Er war dabei ein Jäger des einzigartigen Augenblicks - auch im Banalen. Hier mit ihm und seinen verrückten Ideen immer Schritt zu halten, war nicht einfach. Er forderte und überforderte zugleich. Vor allem auch nicht so selten sich selbst. Man könnte ihm nun alle Schwächen der menschlichen Existenz vorwerfen. Das würde er mit Sicherheit gutheißen. Eine einzige müsste man ausklammern. Langeweile kam in seiner Gegenwart niemals auf. Uns wenn, dann war sie wohltuend. Auf keinen Fall bedrohlich.
Er wollte immer in allem gut sein, scheiterte aber täglich kläglich daran. Oft sehr lustig. Vielleicht sogar als Spiegel gewollt? Ein Freund sagte einmal zu ihm: Alex, du bist ein guter Mensch. Alex dachte sogleich darüber nach, ob dies kritisch gemeint war und ob er tatsächlich so gut war. Alexander Schnur, von vielen Schnuri genannt, verstarb jetzt an den Folgen seines Lebenskampfes, genüsslich und ohne jede Langeweile.
Türchen Nummer 6.
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