Net uffreche

Es liegt wohl an dem vielen Yoga, der Meditationsmusik und dem Duft von Lavendel, dass ich sehr entspannt unterwegs bin gerade und Kriegsbeile nicht mehr finde. Habe mir nicht gemerkt, wo ich sie überall vergraben habe. Ich glaube, das mit dem Karma macht einfach Sinn. Was nützt es wütend zu sein oder nachtragend. Man schadet sich nur selbst. Wird womöglich im nächsten Leben zu einer miesen Kakerlake. Ständig an das Was-wäre-wenn denken, bringt einen nicht weiter. Man kann Menschen nur schwer überzeugen, kaum ändern. Man muss sie sein lassen (außer sie schaden anderen). Jeden Tag daran zu arbeiten, ein guter Mensch zu sein, ist schwer genug. Dumpfbacken fröhlich anlächeln. Das geht. Ich will Ungeimpfte oder Wissenschaftsskeptiker nicht mehr überzeugen, sondern mit ihnen einfach nichts zu tun haben, in keinem Restaurant mit ihnen sitzen und nicht neben ihnen auf einem Konzert applaudieren. Man muss die Grenzen des menschlichen Geistes irgendwann mal akzeptieren. Die wenige Energie, die man übrig hat, sollte man für seine Nächsten und sonst niemand aufbringen. Für die, die tatsächlich Unterstützung benötigen. Mir ist so als ob ich eine zentrale Erkenntnis in den letzten Tagen für mich herausgefunden habe: nicht nur „uffbasse“, sondern auch net uffreche. Die Menschheit ist im Arsch, so oder so. Machen wir Vernünftigen das Beste daraus. 


Der o.g. Tipp könnte ich auch auch einem guten Freund geben. Auch seit mehreren Monaten krank geschrieben. Die „Gestrandeten“ tauschten bei einem Frühstück Gemeinsamkeiten über die Unwegbarkeiten des Lebens aus. Über die Niederlagen und Erfolge. Über die Vielzahl von Aufgaben, die einen überfordern. Prüfungen, die man verbockt, aber hin und wieder ebenso bewältigt. Wir stehen an einer Weggabelung. Wo wird der Weg uns hinführen? Erfolg im Beruf ist nicht mehr wichtig für das eigene Glück! Anscheinend. Es tut gut, zu hören, dass es nicht nur einem selbst so ergeht. Dass nicht nur mein Karma ziemlich viele Beulen davon getragen hat. Und am Ende noch eine schöne Gemeinsamkeit: die Liebe - die Kraft gibt, weiter zu machen, egal was da kommen mag. 


Mein Herz springt immer im Dreieck vor Freude, wenn die gestresste Tochter Zeit hat und mit ihrem Papa ein Videoanruf exerziert. Wenn eine Weile sich nichts tut, ist es so, als hätte man spontan ein Körperteil verloren und geht hektisch auf die Suche nach Fuß, Bein, Ohr oder Kopf. Oder nach allem zusammen. Das Karmalevel nimmt wieder erheblich zu nach einem solchen Telefonanruf. Warum müssen Kinder sich immer entkoppeln? Warum können sie nicht einfach im Nachbardorf studieren? Muss wohl so sein. Man weiß nur das zu schätzen, was man nicht immer zur Verfügung hat. Ach die arme Anna, muss jetzt all das durchmachen, was ich selbst mit viel Mühe, Nerven und Not durchlitten habe. Aber es wird zu Ende gehen und dann kommt der schönste Augenblick: die Erkenntnis für was man das alles auf sich genommen hat. Das wäre einer meiner letzten Wünsche. Diesen einen Tag miterleben dürfen. Den Tag, an dem sie die Ernennungsurkunde überreicht bekommt. Das wäre schön! 


Da lieg ich wieder. Massagebänke scheinen zu meinem Leben zu gehören wie das Zähbeputzen. Unzählige Male hatte ich schon ein Physio*ine  im und auf dem Kreuz. Allein damit hätte man bestimmt eine Kreuzfahrt finanzieren können. Heute war es Wellness pur. Zuerst dachte ich eine Leiche massiert mich, aber dann bekamen die knetenden Hände doch noch irgendwo lauwarmes Blut her. Diese folgende Aussage basiert auf völlig subjektiven zahlreichen Erfahrungen und möchte kein Geschlecht diskriminieren: Frauen massieren schlechter als Männer. Vor allem wenn man übersät ist von verhärtetem Knubbelzeug. Ich spürte 15 Minuten so gut wie nichts. Die restlichen Minuten hatte ich das Gefühl, dass mir da jemand  im Nacken sitzt und rummacht. Es war trotzdem entspannend. Die Knubbel grinsten leider weiterhin kröftig vor sich hin. Meine Gattin, die fast zeitgleich mit mir den Termin wahrnahm und wusste, dass die Leiche mich bearbeitet hatte, fragte: Na, war  L. bei dir? Du hast bestimmt nichts gespürt, oder? Korrekt! Kurioserweise hatte L. die selben kalten Hände bei meiner Frau wie auch bei mir. Selbst das Walken scheinen sie nicht zu erwärmen. Einen Vorzug hatte der Zombie aber. Er sprach kein Wort. So sprachlos kalt, wie Zombies eben so sind. Na ja, es waren dann doch 9 an der Zahl. Was kann ich die sie tun? Das war’s! Ich hasse Therapeuten, die einem das Ohr vollquatschen. Ich will mein Karma pflegen, und nicht hören, dass der letzte Oberschenkel den man verspeist hat, etwas zu zu zäh war. 





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