Gestern hatte ich eine Menge Leute am Telefon, die ihren Beruf nicht gerade mit Freude ausführten. Vielleicht lag es aber auch am Freitag. Oder sie wollen oder können einfach nicht telefonieren. Telefonieren ist eine Kunst. Vor allem mit Kunden. Man benötigt Geduld, Empathie, Zielstrebigkeit, Gelassenheit, Organisationstalent. Nichts von all dem spürte ich an anderen Ende der Leitung. Die meisten Leute*innen, die ich an der Strippe hatte, schafften es nur relativ schnell, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam, überhaupt angerufen zu haben. Dabei könnten sie an mir richtig viel Schotter verdienen. 6 Rehakliniken habe ich per Mail und telefonisch kontaktiert. Eine einzige Gesprächspartnerin war freundlich, zugewandt und unkompliziert. Chiemsee hat somit haushoch gewonnen! Nicht nur durch die Qualität der Klinik und durch die schöne Umgebung, sondern auch durch die nette, unkomplizierte Abwicklung. Und nicht das Hochdeutsche war sympathisch, sondern der menschelnde Dialekt. Obwohl mir das Bayerisch ziemlich auf den Keks geht, muss ich gestehen. Nicht Griesgram, sondern ein Lachen war dann ausschlaggebend. Ach, die Fähigkeit zum Perspektivwechsel hätte ich fast vergessen. Man ist ja Patient, somit ein klitzekleines Schräubchen in einem riesigen schwerfälligen SUV. Man weiß nichts und soll doch so vieles wissen. Ich kam mir ein paar Stunden vor, als wäre ich wieder im Job unterwegs. Schreibtisch, PC, Telefon, fertig ist der Arbeitsplatz. Und keiner versteht und macht, was ich will. Wie so oft. Schließlich konnte ich mir ein Rehaplatz und ein Untersuchungstermin bezüglich meiner Schilddrüse doch noch erarbeiten. 24.11., 123 Jod Szintigraphie, Nuklearmedizin Heidelberg. Mit einer solchem Wortfolge sollte ein Mensch niemals zu tun haben müssen. Ein kompletter Tag wird für die Untersuchung eingeplant. Danach ist evtl. noch ein CT mit Kontrastmittel fällig. Man wird sehen. Feind 1 besiegt, Feind 2 steht schon in den Startlöchern. Wird es jemals wieder eine Zeit ohne Arzttermine geben?
Abends haben wir auch so einiges nicht verstanden. La.Meko - internationales Kurzfilmfestival im Universum. Wieder 5 mal Unklares und einmal Klarheit, ausgerechnet aus Österreich. Stille Nacht, sehr lustig! Vater und Sohn, bis unter die Haarwurzel bekifft, klauen an Heilig Abend für die Familie einen Weihnachtsbaum aus dem Garten vom Kumpel des Hausherren. Dieser sieht, seine Frau mit einer Schüssel in der Hand beim besagten Freund an der Haustüre stehen und eine innige Umarmung austauschen. Aus Liebeskummer wird der Baum mit einem Beil zerstückelt. Nach diesem Wutausbruch kommt die Mutter mit einem Schweinebraten in der Schüssel um die Ecke, den sie für ihren Mann bei seinem Spezi besorgt hat, weil ihr Sohn Vegetarier ist und sie ihrem Göttergatten "heimlich" was Gutes damit tun wollte. Zum Schluss sitzen alle versammelt auf der Wohnzimmercouch vor den zerhäckselten Resten des geklauten Tannenbaums "Stille Nacht" flötend und unfassbar falsch singend. Diesen Film haben wir verstanden! Die anderen nicht so. Im Anschluss des Festivals war aber wenigstens unser Körper und Geist etwas klarer. Nämlich durch zwei Yufkas bei Dildo's (welch ein Name für ein Imbiss!), die so scharf waren, dass sie uns zu Erleuchtungserfahrungen durch erdbebenhaftes Husten und sturmflutiges Schnäuzen geführt haben. Am Ende der explosiven Speise waren wir völlig eins mit dem Universum. Nur mein Darm war leider von der Milchstraße entkoppelt. Ich glaube er ist exakt um 6.66 Uhr in eine anderes Sonnensystem eingetreten. Es gibt noch einen 3. Feind. Krautsalat!
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