Zwei Systeme unter einem Dach

Zwei Systeme unter einem Dach. Ich privat und Nicole gesetzlich. Ich Beamter und Nicole Angestellte. Seit ein paar Wochen erleben wir hautnah, wie Lichtjahre diese zwei Systeme voneinander entfernt sind. Zu Nicoles Leidwesen. Sie kämpft seit vier Wochen jeden Tag um ihre Einkünfte und ich bekomme seit sechs Monaten weiterhin meine Bezüge. Wie vor 10 Jahren über 10 Monate hinweg schon einmal. Ungekürzt und pünktlich. Man stelle sich vor, ich wäre gesetzlich versichert, dann hätten wir ein gewaltiges Problem an der Backe. Wenn noch jemand sagt, dass in unserem Land alles perfekt funktioniert, dem stopfe ich den ganzen unnötigen Papierkram in Mund, Nase, Ohren. Die Rentenversicherung, die Krankenversicherung, der Hausarzt und Nicoles Arbeitgeber arbeiten so dilettantisch, dass man meint, man wäre nicht nur einer Bananenrepublik, sondern auch in einem Gurkenstaat. Liste der Fehler, die von ALLEN gemacht werden: Verrechnet, unklar bezeichnet, falsch bewertet, unvollständig ausgefüllt, nicht weitergeleitet, nicht oder schlecht erreichbar,  unorganisiert und planlos. Und zum Schluss wird alles mit Fax versendet, und keiner weiß, ob diese angekommen sind. Wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Sicherlich! Aber bei so standardisierten und immer wiederkehrenden Abläufen? Wir können nun absolut nachvollziehen, wie chaotisch es bei der Corona-Unterstützung und bei der Fluthilfe wohl vielerorts zuging. Man könnte jetzt meinen, dass es ja schon gut ist, überhaupt Zahlungen weiterhin zu erhalten. Die Frage ist halt wann. Viele geht es nicht so gut wie uns und haben nicht so finanzkräftige Engel an der Seite. Was macht eine allein stehende Mutter mit drei Kindern und Depression in einer solchen Situation? Meine Art ist es, nach einer Phase von großer Geduld, irgendwann am Telefon Amok zu laufen, böse ironische, Emails zu verfassen, die Dinge persönlich in die Hand zu nehmen. Das Meiste davon mache natürlich nicht ich, sondern Icke. Leider müssen wir uns zwei Jungs an der Stelle raus halten. Kommt halt mal vor, lasse ich nicht gelten. Dieses Durcheinander bei längerem Krankenstand ist nicht selten Allein die Tatsache, dass ich das volle Gehalt bekomme und Nicole nicht, reicht schon für eine Sauerei. Besser wird es nicht. Deutschland gehen die Menschen aus. Außerdem sorgt unser marodes Bildungssystem dafür, dass die zukünftigen Bürger unseres Landes das Fax evtl. mit einem Toaster verwechseln werden. Die 30-minütigen automatischen Bandansagen am Telefon werden bestimmt auch nicht weniger. Erst wenn finanziell alles wieder in normale Bahnen verläuft, werden wir durchatmen können und dann machen wir erst mal Urlaub - in einer richtigen Bananenrepublik oder in einem sonnigen Gurkenstaat.

 

 

Und weiter gehts mit der Erholung. 10 Km mit dem Crosstrainer ist doch ein Wort. 

Blutdruck 133/77, Puls 77. Kräfte kommen zurück und das irgendwie ziemlich schnell. Manchmal ist das mir nicht ganz geheuer. In den letzten Monaten hatte ich häufig das Gefühl: Ich schaff das nicht. Diesmal schaff ich es nicht. Sorry, Leute! Aber auch ein Schnur hat seine Grenzen. Nix mit Muhammad Ali oder Hulk. Der Friedwald ist mein nächster Wohnort. Heute dachte ich das erste Mal: Hey, Sensenmann, pack deine Schippe ein. Ich rock das Ding, du Sack! Zukunft ist wieder ein Thema. Ich denke wieder weiter, ich denke, was bekommst du noch hin. Wir planen Urlaub. Träume, wie ich mit Nicole mit dem Rucksack durch eine Bananenrepublik reise, auf einen Vulkankrater steige, eine Hängebrücke überquere, dünne Höhenluft scheißegal. Wenn ich da irgendwo hoch oben stehe, bekomme ich wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch. Notiz auf der Reisecheckliste: Valium!  

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