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Heidelberg unter einem Nebelschleier ist auch mal schön. Die erste Fahrt durch eine lichtlose Nacht. Meine verfrorene hübsche Taxifahrerin hat wieder Pech. 4 Grad. Nie war sie in den letzen Monaten in der Stadt, ohne dass es kalt oder nass war. Aber wenigstens kaum Stau heute und ein perfekter Parkplatz. Die Nacht war für uns die Katastrophe. Wie immer, wenn es wieder losgeht. Seltsamerweise hat bei mir schon alles zu zwicken und zu brennen begonnen. Schätze mal aus psycho-somatischen Gründen. Oder meine Schilddrüse gibt gerade den Geist auf. Jetzt in der Klinik geht es. Hier ist wieder alles neu. Wieder sind keine Besucher gestattet. Aber Gott sei Dank ist die Cafeteria erlaubt. Tiefes Durchatmen von uns beiden. Nicole richtet sich dort ein. Hat Arbeit mitgenommen. Nette Location, um die Wiedereingliederung zu organisieren. Wir sind unfassbar müde. Bei 2 Stunden Schlaf auch kein Wunder. Da denkt man, man is Chemoprofi. Nix is. 


08.20 Uhr 


Getestet. Coronavirenfrei. Juhee! Ein Pöbler stand in der Reihe, schimpfte auf Staat, zahlungspflichtige Tests, die Chinesen, die jedes Drecksviech futtern müssen, und seine Katze. Es gibt wohl mehrere Menschen, die auch Ickes im Kopf haben. Nur meiner hat nichts gegen Chinesen. 


Dann bin ich mal gespannt, wann ich heute am ersten Tag meiner hoffentlich letzten Chemorunde dran komme. Vielleicht läufts ja flotter als sonst. 


09.29 Uhr 


Gespräch mit der Ärztin hinter mich gebracht. Es war die nette, kompetente Ärztin vom letzten Zyklus. Richtig gut. Zeit genommen. Mir alles genau erklärt. Sehr einfühlsam. Nun weiß ich mehr: 

Am 26.10. um 08.00 Uhr gibt es das PET. 


Am 29.10. um 09.30 Uhr ist dann das Befundgespräch mit Wonderwoman. 

(Oh Mann, warum eigentlich immer so früh!) 


Ein weiterer Zyklus mit der gleichen Medikation ist eigentlich ausgeschlossen. Evtl. wird eine andere Therapieform gewählt. 



Auch eine Bestrahlung ist in der Regel ausgeschlossen, weil Lokalisation zu diffus ist. Man würde mehr Schaden anrichten als Gutes tun. 


Drittimpfung wird in meiner Situation empfohlen, auch für die Angehörigen. 


Grippeimpfung mit einer Woche Abstand ist auch möglich. 


Jetzt weiß ich Bescheid! 



10.04 Uhr - läuft! Bummsfallera! 

12.16 Uhr 


Wieder wach. Schon der Hammer wie mich das Zeug immer gleich auf null setzt. Mir ist schummrig und kalt. Leichtes Zittern, ich lasse alles fallen. So auch der Joghurtlöffel. Da sich der Stromstecker des Infusionsständers beim Runterfallen verbogen hat, trau ich mich jetzt nicht, mich abzustöpseln. Die Krankenschwestern gackern im Zwischenzimmer. Möchte sie nicht stören. Ob das Kichern und Jauchzen meine adrette Sitznachbarin, die demnächst ihre schöne Haare verliert, mit erheitert, wage ich zu bezweifeln. Sie hatte das wohl nicht auf dem Schirm. Die Pflegerin machte sie darauf aufmerksam. Unglaublich, was die Medizin imstande ist zu leisten.  Alle Mitpatienten*innen, mich eingeschlossen, wären jetzt schon mehr oder weniger tot. 



12.40 Uhr 

Abgestöpselt! 



17.00 Uhr 


Fix und alle! 

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