Aua!

Meine Blutwerte sind top. Fast alle Werte im grünen Bereich. Sogar die Leber scheint ihre Funktion wieder aufzunehmen. Wenig, aber dafür guter Stoff war wohl doch hilfreich. Ich bin heute Morgen aus der Dusche und dachte für einen kurzen Moment: Schnur, du bist gesund! Nix Krebs. Nix Aua!  Ich grinste mein  Spiegelbild  wie der dämliche Joker an, nur ohne verrutschten Lippenstift, und strotzte vor Energie und Zuversicht. Viele kennen das: Man denkt, man könnte jetzt einen Trupp schwer bewaffneter Krieger in Feindesland anführen oder von einer Brücke in eiskaltes Wasser springen, um ein Chihuahua-Hündchen  zu retten. Man ist Superman, Batman und RoboCop in einer Person. Schatz, hast du irgendwelche Feinde, ich töte sie alle, kein Problem! Doch das überdimensionale Selbstbild bleibt exakt 60 Sekunden bestehen, weil dann doch irgendwas zwickt, kratzt, juckt, sticht, taub ist. Aua! Kein Tag ohne diese drei Buchstaben. Das Wort, so unscheinbar, aber mit vieldeutigem Inhalt. Die Semantik-Liste wäre zu groß, um sie an dieser Stelle detailliert aufzuzählen. Die Comichelden verwandelten sich mit jedem Schritt plötzlich in ganz maue Karikaturen. Schnell stellt man sich die Frage, wie um Himmels Willen hat man es bloß bis ins Badezimmer an diesem Dienstagmorgen des 05. Oktober 2021 geschafft. Der völlig ramponierte Kahn hat sich tatsächlich bis zur Küste durchgeschlagen? Der völlig ramponierte Kahn schipperte nun zur Yoga-Werkstatt. Man versuchte ihn dort wieder einigermaßen seetüchtig zu machen. Das Holz war ganz schön verbogen, an manchen Stellen gar morsch und faul. Es knirschte und knackte an allen Ecken und Kanten. Sowohl Backbord als auch Steuerbord. So laut, dass die Meditationsmusik übertönt wurde. Entgiftung war das Motto heute. Der ganze Schmotter, der sich bei den Überfahrten über die Weltmeere angesammelt hatte, sollte ausgeleitet werden. In der Imagination war das Wasser schwarz wie Pech. Wow! Der Kapitän hatte am Ende das Gefühl, ein ganz neues Schiff unterm Hintern zu haben. Queen Mary XXl. Das musste mit einem guten Gläschen Towuhabohu gefeiert werden. Ooooohm…Namaste  usw. Als der glückliche Kapitän nach Hause abdampfen wollte, wurde er von drei Passagieren am King Mokka I in Empfang genommen. Sie rissen groß ihre Augen auf und starrten ihn fassungslos an. Sah er wirklich so schäbig aus, in seiner Jogginghose mit der neongrünen Yogamatte unterm Arm? Ne, er hatte vor einer Einfahrt geparkt. Die Passagiere waren nicht nur fassungslos, sondern verdammt wütend. Er hatte beim Wendemanöver im Hafen, eine Einfahrt übersehen und blockiert. Der Klabautermann war ihm nicht hold. Der alte Kapitän hatte seine sieben Sinne nicht beisammen. Das Trio Infernale hatte schon die Wasserpolizei gerufen, die wiederum das Ordnungsamt informierte. Der Captain hatte Glück, nicht zu Fuß übers Wasser latschen zu müssen. Er entschuldigte sich über alle Maßen. Wie konnte ihm sowas passieren, blind, Krebs, Yoga, knapp dran, usw. Er hoffe, dass die drei von der Einfahrt nicht zu lange hätten warten müssen. Nö, nur ne Stunde. Uiuiuiui…und nochmal von vorne: Wie konnte ihm sowas passieren, blind, Krebs, Yoga, knapp dran, usw.  Zusatz: Gott sei Dank war niemand von ihnen Hochschwanger. Keine Lacher! Irgendwie hatten die drei Nichtschwangeren dann doch Mitleid mit dem armen Trottel und ließen ihn von Dannen ziehen. Die eine grinste, die zweite schüttelte permanent ihren hochroten Kopf und der andere entschuldigte sich seinerseits für die Umstände, die er dem krebskranken Idioten machte. Der hofft nun, dass es nicht ganz so teuer wird.  Aua! Wenigstens hat er sich das Abschleppen erspart. Zuhause wartete die liebe Gattin mit dem Essen. Seit heute hat der verwirrte Seebär ein zweites Lieblingsgericht nach dem Kartoffelsalat der Schwiegermama: die Puten-Quiche der Ehefrau. Nach dem Schreck verdrückte der Gatte Dreiviertel der Köstlichkeit und trank dazu wohl ein Gläschen Tohuwabohu zu viel. Die beste Schiffsköchin der nördlichen Hemisphäre kam vor lauter Prusten und Kichern über die famose Dämlichkeit ihres Mannes kaum zum Schlemmen.  Dafür aber verstärkt zum Betrinken. Auch sie hatte ihrerseits eine Aua-Geschichte. Den ganzen Tag musste sie ihrem Einkommen nachtelefonieren. Alle beteiligten Institutionen gaben sich so dilettantisch wie die CDU und machten noch haarsträubendere Fehler. Der Arzt eine falsche Eintragung auf der Krankmeldung. Die Rentenkasse verpennt die Weiterleitung an die Krankenversicherung; die wiederum ignoriert den Notstand ihrer Versicherten. Aua! Der Seewolf bedankte sich 14 Mal bei Neptun, dass er Beamter ist.  Und fragte sich zugleich: Wie lange bezahlt seine Institution den eigenen Krankenstand eigentlich? Es wurde noch das Angebot gemacht, Arzt, Rentenkasse und Krankenversicherung einen Besuch mit der sizilianischen Familia abzustatten, um der Dringlichkeit der Zahlung etwas Nachdruck zu verleihen. Angeschickert vom leckeren Tohuwabohu wurde das Angebot aber dankend abgelallt äh abgelehnt. Nach dem Fläschken Wundertrunk waren die Auas auch gar nicht mehr so groß! 



 

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