Wondrak - oder der Kuchen des Lebens

Keine andere Familie hat dieses Lebensmotto von Wondrak verinnerlicht, wie der Becker-Clan. Multiple Sklerose, Prostatakrebs, schwerer Moped-Unfall mit lebenslangen Folgen, Verlust des geliebten Bruders, Sturzgeburt, Jahre später aufkommendes Rezidiv einer Krebserkrankung: Von Windstärke 1 darf man da nicht unbedingt sprechen. Nichts scheint diese Familie aus den Angeln zu heben, „umzublasen“, komme da was es wolle. Das genaue Rezept hierfür scheint unergründlich. Das gewisse Etwas für den "Lebenskuchen" wird nicht gerne in aller Öffentlichkeit preis gegeben. Nur so viel konnte ich in den letzten Jahren in Erfahrung bringen: Die Gewürze sind wie immer elementar. Eine Prise „Weitermachen“, ein Spritzer „Ignoranz“, eine große Ladung „Gelassenheit“ und noch viel mehr „Zusammenhalt“. Nicht zu vergessen „Störrigkeit“.  Die Titanic geht unter, aber wir bleiben an Bord und sorgen weiterhin für gute Unterhaltung der Passagiere. Ich bewundere das von ganzem Herzen. Ich entstamme da aus einem ganz anderen familiären Hintergrund. Dem Hintergrund des Lamentierens und der Entzweiung. Von Zusammenhalt keine Spur. Wurde leider für einen genießbaren Lebenskuchen nicht aufgetrieben. 

Wir starten immerzu auf das große Ganze: die Welt. Die scheint aus den Fugen geraten zu sein. Läuft unkontrollierbar gegen den Abgrund. Aber vielleicht sollten wir uns zu aller erst um die kleinste gesellschaftliche Einheit kümmern: die eigene Familie. Wenn wir hier nicht klar kommen, die unterschiedlichen Gegensätze zu vereinen und Einschläge zu verdauen, dann wird uns die Rettung der Welt erst recht nicht gelingen. Für mich selbst bin ich ein optimistischer Realist. Ich werde rein statistisch gesehen wohl frühzeitig sterben, also mache ich aus meinen (wenigen?) Jahren so gut es geht das Beste. Mit dem Blick auf die Welt bin ich aber eher ein Pessimist. Wir werden das nicht mehr hinbekommen. Weil wir nicht verzichten können und unseren Egoismus stets in den Mittelpunkt rücken. Dies erlebt jeder von uns hundertfach jeden Tag.  Lasst uns alle einfach nur einmal auf unsere täglichen Müllberge blicken. Freiwilligkeit zieht leider kein Verzicht nach sich - nur Verbot - oder eben Vernunft. Der Mensch vernünftig? Mehr muss ich nicht sagen. Kant war ein naiver Utopist! Die Rede von Greta Thunberg bei einer Klimakonferenz trifft bitter tief ins Mark: "Alles nur Bla-Bla-Bla-Bla-Bla!" Was wir aber alle im Angesichts des Untergangs schaffen können, ist es in der Familie füreinander da zu sein, sich zu stützen, den Niedergang gemeinsam so angenehm wie möglich zu gestalten. Einsam die Schmerzen zu ertragen, die Trauer zu bewältigen, das Zeitliche zu segnen, das sollte kein Ziel sein. Wenn man in diesen belastenden Augenblicken Hände des Trostes spürt, gibt es wenigstens eine Chance auf Erleichterung. Anna kann ich nur wünschen, dass sie diesen Halt in ihrem Leben erfahren darf und selbst gestalten kann. Das ist leider nicht selbstverständlich. Ich hatte großes Glück, dass ich einer Familie begegnet bin, die das in großem Maße vorlebt. Am Anfang war der Geschmack des Kuchens ein wenig befremdlich für mich, aber mittlerweile kann ich mir ein Leben ohne nicht mehr vorstellen. So wie der weltberühmte Kartoffelsalat der Schwiegermama. Da fällt mir ein, ich müsste mein ABO mal wieder in Anspruch nehmen. 

 

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