Lust auf Schule (III)

Am Samstag waren wir auf dem Weg nach Ettlingen kurz in der Schule: meinen Schulrechner abgeben, den ich bis dato geliehen hatte. Ich habe mir mittlerweile einen neuen besorgt. War schon seltsam, an meinem alten Arbeitsplatz vorbei zu marschieren. Kann es gar nicht richtig beschreiben, was mir in den Minuten durch den Kopf ging. Vielleicht zwei Gefühle zugleich: Vertrautheit und Fremdheit! Alte Plakate, die nicht mehr aktuell sind und die ich aufgehängt habe, hängen immer noch. Musste bei dem Anblick grinsen. War tatsächlich kurz versucht, sie wegzureißen und zu entsorgen, wie ich es immer regelmäßig getan hatte. Über vier Monate bin ich nun schon weg. Total crazy, mir fehlen tatsächlich die netten kleinen Gespräche mit den Reinigungskräften. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie es sehr mögen, wenn man sie wertschätzt und mit ihnen scherzt. Wenn alles gut läuft und ich ohne großen Kollateralschaden überlebe, kommen mindestens noch weitere 6 Monate Fehlzeit dazu. Fremd, fremder, am fremdesten: Das wird wahrscheinlich die Folge sein. Viel mehr als vor 10 Jahren. Man kommt ohne mich klar, das ist gar kein so schlechtes Gefühl, wie ich ganz am Anfang noch dachte. Verrückt: Ich könnte morgen sofort in Rente gehen. Würde mir emotional überhaupt nichts ausmachen. Wer hätte das vor ein paar Monaten für möglich gehalten. Aber der 30.04. und die Aussicht, dass ich das Hodgkin-Lymphom nie mehr los bekommen werde, haben mein für mich vorgesehenes Leben auf den Kopf gestellt. Ich hatte bis dahin gearbeitet und ein wenig gelebt. Jetzt möchte ich einfach nur leben. Jeden Tag ohne Schule bringt mir unendlich mehr Freude. Mein berufliches Pflichtbewusstsein hat sich in Rauch aufgelöst, wie nach einer großen Explosion. Ehrlich: Man bildetet sich nur ein, wichtig zu sein und Wichtiges zu tun. Schnell sind andere gefunden, die das alles genau so gut machen, wenn nicht sogar besser. Oder eben anders. Das Rad dreht sich unaufhörlich weiter! Und wird leider nicht unbedingt langsamer. 

Ich habe durch meinen Blog so viel Schönes und Positives bis jetzt erfahren; ich möchte das gar nicht mehr missen. Jede Zeile tippe ich gerne hier rein. Das Kreative hat mich schon immer erfüllt. Je länger man im Lehrerjob ist, desto mehr wird man zu einem schnöden langweiligen Beamten. 3 Schularten in der selben Schule habe ich durchlebt. Man dachte immer, is doch super, mal wieder was Neues. Nö, das Grundlegende ist gleich geblieben: die Kinder.  Kinder, die wunderbar, aber heillos mit der Welt überfordert sind. Nicht weil sie Kinder sind, sondern weil sie viel zu wenig gute Vorbilder haben. Wer mehr nervt, die Kinder oder die Erwachsenen, ist noch lange nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Ich bin ein geselliger und kommunikativer Typ, aber ich genieße jede freie Minute mit mir allein. Ich habe selten Auseinandersetzungen mit mir als Person. Wenn mir Icke nicht gerade dazwischen funkt, finde ich das sogar sehr unterhaltsam. 

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