Fröhlich Pfalz, Gott erhalts!

 

 

Sonntag, unser traditioneller Wandertag seit 9 Jahren. Jetzt erstmal für eine Weile nicht mehr. Wandern wir eben ein wenig digital. Was hat mir die damalige Liebe zu Ulrike eingebracht? Anna und die Palz! Ich will nicht entscheiden, wer schöner ist. Freiburg war auch kein schlechter Wohnort. Für junge Familien hipp und cool. Vor allem (damals) mit vielen Hebammen ausgestattet, die häufig die Betreuung einer Hausgeburt im Programm hatten. Tragetücher und Fahrradanhänger wie Sand am Meer. Das Kolping-Kolleg, eine geile Zeit! Es hätte nicht viel gefehlt und wir wären für immer geblieben. Kein schlechter Ort zum Leben! Nach Stuttgart zurück wäre ich auf keinen Fall. Mit dem Schwabenländle hatte ich abgeschlossen. Es gab dort nichts mehr, was mich hielt und reizte. Nicht mal der TTC Zuffenhausen und das Porsche-Stammwerk. Der Opa von Anna machte uns das Angebot unseres Lebens: ein Haus in Nussdorf. Ich weiß gar nicht mehr, ob wir überhaupt zögerten. Alles schien perfekt. Kindergarten 200 Meter neben dem Haus. Tolle Omas und Tanten in der Nähe. Keine Miete! Sogar eine Uni gab es. Den pfälzischen Dialekt konnte man verschmerzen. Ich muss es zugeben: Trotz allem war ich skeptisch, ob ich mich jemals auf dem Dorf wohl fühlen werden würde. Von ganz groß (Stuttgart) über mittel (Freiburg) nach klitzeklein (Nussdorf). Es gab tatsächlich Orte, in denen keine Straßenbahn durchratterte. Das war anfangs schon eine heftige Umstellung. Heute kann ich mir nichts anderes mehr vorstellen. Ich werde in der Pfalz beerdigt werden.

Die Menschen und die Region sind mir so ans Herz gewachsen, dass ein Standortwechsel in weite Ferne gerückt ist. Was macht es hier so einmalig? Wir wohnen jetzt in Böchingen. Es gibt bestimmt hübschere Dörfer in der Südpfalz. Aber die Lage ist herausragend. Umrahmt vom Pfälzerwald und Weinreben satt, mit Blick auf den wunderschönen Haardtrand. Klein-Venedig, Ringelsberg, St. Anna-Kapelle, Rietburg, Hambacher Schloss. Dort würde es jedem Freude bereiten, Urlaub zu machen. Die Badener kommen fürs Wochenende in die Pfalz gefahren - und nicht nur, weil das Viertele um die Hälfte billiger ist. Außerdem gibt es ja den berühmten Schoppen und das legendäre Dubbeglas. Wandern ohne Schoppen ist wie Sex ohne Orgasmus, wie ein berühmter pfälzischer Wander- und Orgasmuskönig zu sagen pflegt. 

Der Pfälzer und die Pfälzerin sind gemeinhin freundlich-gesellige Zeitgenossen. Man grüßt sich, wenn man im Wald unterwegs ist. Wer die Zähne nicht auseinander bekommt, der ist in aller Regel ein Tourist, suizidgefährdet oder auf der Flucht. Es fällt immer nur dann auf, wenn Gäste von Auswärts, einen darauf aufmerksam machen. Auch Nicole hatte das in ihrer Pfalz-Anfangszeit  angemerkt - und stufte es als ein sehr schönes Ritual ein. 

Es ist in der Pfalz üblich, mindestens unproblematisch, sich "uff de Hütt" zu einer fremden Gesellschaft mit an den Tisch zu setzen und ins Gespräch zu kommen. „Des Wannere isch jo scho schee, aber der Riesling-Schoppe isch no scheener! Hajooo!“ Man fühlt sich stets angekommen und willkommen. Ein gemeinsamer Schoppen wird herumgereicht wie eine Haschtüte! Mag ich vielleicht die Region deswegen so sehr? (Wird es das mit Corona überhaupt nochmals geben, frag ich mich gerade.) Natürlich darf man sich auch absondern, wenn man es eher romantisch haben will. Der Pfälzer kann einen auch in Ruhe lassen. Aber nicht allzu lange! 

Wer Wert auf Gastronomie und Kulinarik legt, der lebt hier wie im Paradies. Gott lebt NICHT in Frankreich! O-TON badische Schwiegereltern: "Was für eine grandiose Auswahl in unmittelbarer Nähe. Das hätten wir auch gerne bei uns!" Ja, in 15 Minuten sitzen wir in den schönsten Weingärten (Burweiler Mühle, Marienhof, Madenburg) und können uns nach Strich und Faden verwöhnen lassen. Bald mit E-Bikes als Fortbewegungsmittel - in 5 Minuten anstatt in 15.

Dann gibt es ja noch das Elsass, wenn einem der blaue Himmel zu arg auf den Kopf fällt. Ein Abenteuerspielplatz ohne Gleichen. Hört sich alles ziemlich schick an. Ist es auch!

Das Beste kommt wie immer zum Schluss: die unvergleichliche Natur! Eine immerwährende Aufladestation für die Seele. Raus und staunen die Devise. Entweder Mitten im Wald, durch Felder und Obstwiesen oder von ganz oben - vom Buntsandstein-Felsen oder einer der zahlreichen Burgen. 

Die Pordacis Muralis hat es mir angetan. Wenn ich sie sehe, bilde ich mir ein, ich lebe in einem total exotischen Land. Was ich irgendwie ja auch tue. Ich bin glücklich, wenn sie ihr ADHS für einen kurzen Moment überwindet und vor meiner Kameralinse in Anmut verharrt. Ich glaube diese Inkarnation würde mir gefallen. 

Der Wachtfelsen bei Wernersberg: UNSER Felsen. Gut, es gibt noch viele schönere Kletter- Aussichtsfelsen. Es ist eben UNSERER. Das Gipfelkreuz ragt so erhaben und beruhigend gen Himmel, der weite Blick, das satte Grün, den Schritt über eine Felsspalte, um am Kreuz stehen zu können. Wenn das kein perfekter Platz für einen Heiratsantrag ist, weiß ich auch nicht. Wenn sie ablehnt, kann man entweder sich oder SIE den Felsen hinunter stürzen. Glück gehabt! 

Man steht da oben, und die Sorgen, die Hektik, der Wahnsinn spielen keine Rolle mehr. Man hört in die Natur, aber auch in sich hinein. Ein Gefühl, als ob der Puls rast und gleichermaßen vollkommen in Ruhe dahin fließt. Wie ein Geschenk, das man langsam und bedächtig auspackt. 

 

 

 

Die Pfälzer Buwe! 

Es hatte einige Zeit gedauert (Jahre?) bis die Pfälzer Buwe mich, den schwäbischen freakigen Großstädter akzeptieren. „Der Schwob“ höre ich nur noch selten. Okay, sie würden jetzt eher sagen „dulden“. Ein Liebesbeweis ist immer mit einem Hauch von Ironie verbunden. Männer, die sich zur Begrüßung UND zur Verabschiedung herzlich drücken - Igittigitt! Und jetzt? Wird man schier zerquetscht vor Zuneigung. Hoffe mal, dass es nicht nur an meinem Krebs liegt. Der pfälzer Mann ist gesellig, aber meist mit stoischer Ausprägung. Seine grenzenlose Gelassenheit zeichnet ihn aus. Und Verlässlichkeit. Na ja, in 7 von 10 Fällen zumindest. Der pfälzer Bu ist auch ein Realist und Pragmat. Ich liebe Verlässlichkeit. Kommt für mich bei den Tugenden ziemlich weit nach oben. Nur der Verlässliche kann ein Freund sein. Verlässlichkeit gibt einem Halt, wo evtl. etwas ins Wanken geraten könnte. Ich hasse Larifari. Ja, Zack, fertig! Nicht vielleicht oder sehen wir mal. 

Beim Grillen in der letzten Woche habe ich einen Wunsch formuliert: Dicker fetter Schreibtisch, von Garage in den 2. Stock. Nicis neuer Näh-Arbeitsplatz. Hajooo, Zack, fertig! Das Ding steht! Wirbel und Prostata sind zwar ausgekugelt, aber Nici kann mir jetzt alles nähen, was ich genäht haben will. Was war die Belohnung morgens um 10.00 Uhr? Pfälzer Buwe sind übrigens auch ziemlich genügsam: Saumacheweck und nen Riesling-Schorle! Wir danken euch, ihr Buwe! Ich werde euch in meine Gebete einschließen. 

 

Oh du, gerechter und allwissender Herr! 

Lass den Pfälzer Buwe, niemals der Schoppe leer werden und den 1. FC Kaiserslautern NUR aus der 1. Liga absteigen. 

Beschütze sie auf ihrem motorisierten Pferd, ganz besonders in scharfen Kurven und gefährlichen Vorfahrtstraßen. 

Schütte Liebe über ihr ausgedünntes Haupthaar und lasse die emanzipierten Ehefrauen nicht zu sehr mit ihnen schimpfen. Denn die Buwe waren gut, sind gut und werden immer gut bleiben, solange du, oh Herr, in der Pfalz lebst und NICHT in Frankreich.

Gesegnet sei die Jungfrau Maria, der Heilige Geist und Kalle Lauterbach! 

Amen! 

 

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