Man hat so seine Erfahrungen mit Krankenhäusern, die eigentlich Gesundhäuser heißen sollten, ob in Heidelberg oder in Landau. Ich war vor 20 Jahren selbst auf der gleichen Station wie Nicole wegen einem Bandscheibenvorfall, konservativ behandelt. Die Bandscheibe trocknete Gott sei Dank restlos aus. Auch wegen meinem gebrochenen Ellebogenköpfchen war ich dort. 2 OPs musste ich über mich ergehen lassen. Krumm ist der Arm trotzdem geblieben. Lag wohl nicht am Operateur, sondern an der nicht ungewöhnlichen Versteifung des Gelenks. Mir ist nicht aufgefallen, dass sich in all den Jahren irgendwas in der Klinik geändert hätte: unansehnlich, ohne Atmosphäre, das gleiche weiße billige Kaffeeservice, keine Kuchengabeln, sauschlechter Kaffee. Noch übler wie im Mago - und das will was heißen. Heute hat Nici ein Mittagessen bekommen, das macht krank statt gesund. Sie hat es nicht fotografiert, sonst wäre ihr dabei übel geworden. Irgendwas mit Ei und Instant-Kartoffelpüree.
Überall wird gesunde Ernährung propagiert: Gemüse nicht zu lange kochen, frische Zutaten, eher lebend statt tot, weil nährstoffreich. Frage: Wo wird sich am gesündesten ernährt? Antwort: Nicht in Krankenhäusern! Kantinenfutter muss per se nicht immer ungesund oder schlecht sein. Auch kostengünstig kann man gesund kochen.
Die Zimmernachbarin hat sich während einer Vespa-Ausfahrt das Schlüsselbein gebrochen. Durfte und konnte ihren Arm also nicht gebrauchen. Sie bekam zum Frühstück eine Orange und das Schwarzbrot war eingeschweißt. Äh? Abläufe bleiben eben Abläufe unabhängig vom Krankheitsbild des Patienten. Nachhaltigkeit - was ist das? Wer soll hier flexibel sein? Der Patient oder das Personal? Die Krankenzimmer (Vorschlag: Wie wär es zukünftig mit Genesungszimmer?) lieblos eingerichtet. Ich schätze mal, es gibt Gefängniszellen, die sehen wohnlicher aus. Warum muss überall dieses beschissene beige verwendet werden? Nichts als weiße kahle Wände. Wenn man im Koma ist, ist es evtl. scheißegal, wie es um einen rum aussieht. Wenn man wach ist, will man schnell wieder schlafen, um das Elend nicht sehen zu müssen. Wäre es nicht leicht mit etwas Pepp für eine Erhellung des Gemüts zu sorgen. Das Kruzifix kann ja nicht schaden, aber als einzige Dekoration im Raum ist es doch leider eher armselig. Für ein paar Tage ist das noch alles halb so wild, aber wenn man da mehrere Wochen liegen sollte, hat man nicht nur ein körperliches Problem, sondern auch ein psychisches.
Solange der Operateur seinen Job gemacht hat und Nici bald wieder Purzelbäume schlagen kann, soll uns ja alles recht sein. Ihr geht es auf jeden Fall schon sehr viel besser. Es bleibt noch herauszufinden, ob es an der vorzüglichen Wundheilung oder an der Morphingabe liegt. Auf die Frage, wie viel Sterne sie dem Krankenhaus denn vergibt, meinte Nicole einen halben. Für das Mineralwasser und den Pudding. Sie isst nie Pudding!
Abendessen mit Saurer Gurke. Kulinarisches Highlight der Woche. Da können sie auch nicht viel falsch machen. Was wird das Abendbrot kosten? 0, 50 Cent?
Himbeertörtchen im Stehen! Fast wieder die alte Nici. Im kleinen schönen Klinikpark kann man es aushalten und gesunden.
Zum Abschluss des Abends noch eine kleines Märchen.
Es war einmal eine Burg in der südpfälzischen Provinz. Prinzessin Nicole von der knackenden Bandscheibe musste eine große Katastrophe feststellen: Ihr W-LAN-Ticket war
abgelaufen. Oh Gott, kein W-LAN, wie sollte sie nur in Verbindung mit ihrem geliebten Ritter Alexander, dem Halbtoten, kommunizieren. Das Reich war in Gefahr. Sie nahm ihren
ganzen Mut beisammen und ihre knackende Bandscheibe mit und machte sich auf den langen beschwerlichen Weg zum Eingang der Burg. Dort saß ein Wächter, der scheinbar als Kind zu viel Met von seiner
Mama verabreicht bekommen hatte. Die Prinzessin trug schnell und bestimmend ihr Bitten vor. Nochmal ein Internet-Tagesticket, sofort! Es ginge schließlich um Leben und Tod. Das W-LAN sei alle,
meinte der desolate Wächter. Wie alle? Na alle! Kein Ticket mehr! Nada! Eine glückliche liebestolle Jungfer hatte die letzten Tickets gerade erstanden. An einem Tage würden von ihm nur maximal 10
ausgegeben. In der ganzen Burg nur 10 Tickets, fragte die Prinzessin verwirrt nach. Sie war sich nicht sicher, ob ihr das Morphin, dass sie wegen ihrer knackenden Bandscheibe täglich
einnahm, einen Streich spielte oder der bekackte Wächter tatsächlich die Wahrheit sprach. Sie wartete, wartete und wartete. Kratze sich am rechten Ohr. Wartete. Kratze sich am linken Ohr.
Wartete. Aber es tat sich rein nichts. Kein W-LAN, kein geliebter Ritter, Tod und Verderben für alle armen Untertanen. Sie giftete den Unhold hinter dem Plexiglas zum Abschied an und zog
sich traurig in ihre Gemächer zurück. Nun musste sie den Bergdoktor über das altbackene Fernsehen konsumieren. Was für eine Schmach! Die Prinzessin betete zu den Göttern, dass sie bei
Sonnenaufgang eins der kostbaren Internettickets ergattern kann. Sie dachte darüber nach, zukünftig einen Innovationsminister für die rückständige Burg einzusetzen. Ihren Beauftragten
für Digitale Infrastruktur im Reich, Graf von Byte und Bit, würde sie für alle Ewigkeit den Stecker ziehen, beschloss sie aufgebracht.
….
Uuups! War ja gar kein Märchen! Hab mich vertan!
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