Schöne Ferien

Erster Ferientag - eigentlich. Habe ja Dauerferien sozusagen. Was man an dem Schwerstbehindertenausweis ablesen kann, der noch in Bearbeitung ist, so die Mitteilung der Behörde. Erster Ferientag, der nie ein Ferientag war, weil in der Schule das alte Schuljahr abgeschlossen und das neue schon vorbereitet wurde. Eine Woche, manchmal zwei. Alles in Ruhe, ohne Hektik. Keine Kinder, keine Kollegen*innen, nur die Teammitglieder aus der Schulleitung. In einer so gelassenen Atmosphäre - ohne Druck - wünscht man sich immer zu arbeiten. Der Mensch braucht einen gewissen Stress, um Höchstleistungen zu bringen, heißt es immer. Aber wann fängt der krankmachende Stress an und hört der gute Stress auf? Nur bei Überforderung? Vielleicht verlangen wir uns auch einfach zu viel ab? Wir denken, ein gutes Leben muss voll gepackt sein. Bei der Arbeit und in der Freizeit. Deswegen „stressen“ wir uns sogar im Urlaub, in dem wir in einer kurzen Zeitspanne um die halbe Welt reisen. Vor Kurzem habe ich einen Artikel gelesen, da ging es um Werte. Wir sollen unsere Werte überdenken. Wir sind eine Leistungsgesellschaft. Was ist Leistung? Ist das tatsächlich gut für uns, für die Welt, immer Leistung bringen zu müssen? Was ist Wohlstand? Jedes Familienmitglied ein Auto, einen eigenen Fernseher? Smarthome in Perfektion? Wir können nicht mehr still und ruhig, vermute ich. Wir glauben, den Lärm, die Menschenmassen zu brauchen und werden daher vor der Pandemie und nach der Flut das gleiche Leben führen wie vorher. Die Kreuzfahrtschiffe fahren schon wieder! Schon seltsam: Vieje Menschen empfanden den Lockdown als eine Erholung. Das Hamsterrad stand still. Keine (unnötigen) Termine mehr. Sollte uns das nicht etwas sagen? Die Pandemie war auch Klimaschutz. So viele Arten und Regionen haben sich, wie der Mensch, „erholt“. Man denke nur an Venedig. Venedig gilt als eine der schönsten Städte der Welt. Da MUSS man doch (wieder) hin, oder? Leute, ich bin sowas von pessimistisch. Natürlich ist klimamäßig Aufgeben keine Option. Aber der Mensch ist nicht ausgerichtet, im Alltag global zu denken. Im Prinzip sind uns die anderen Scheiß egal. Die persönliche Lustbefriedigung steht an erster Stelle. Klar schockt uns, dass Omi und Opi in Ahrweiler abgesoffen sind. 150 Tote oh Gott o Gott! Hab und Gut verloren - der blanke Horror! Interessiert es uns, ob Menschen in Bangladasch in einer desolaten Nähfabrik verbrennen, ob Familien im Mittelmeer jämmerlich ertrinken, ob ein Flüchlingslager in Flammen aufgeht? Jetzt wollen wir schnell alles anders machen? Mehr Bewegung ins Handeln für das Klima bringen. Nur weil jetzt unsere eigenen Leute vom Klimawandel betroffen sind? Wie zynisch. Längst hätten wir die Zeit dazu gehabt. Wenig ist passiert. Der Wald im Sauerland hat uns geschockt. Der ist noch kaputter als bei uns in der Pfalz. Das ist uns auch schon in der Sächsischen Schweiz aufgefallen. Wir sehen das alles. Wir hören das alles! Wir verändern aber nichts. Es ist wie das Mahnen, dass Rauchen tötet. Und rauchen eben weiter. Tötet ja nicht unmittelbar, man wird ja vielleicht auch verschont. Hat das Rauchen überhaupt mit meinem Sterben zu tun? Der Mensch ist ein Genie, wenn er aus einem Holzstück einen Adler schnitzen kann. Im Gesamten gesehen ist er aber ziemlich dämlich. Apropos dämlich: Bitte wählt mir im September nicht diesen Laschet. Wenn dieser feixende Bürokratenheini unsere Regierung demnächst anführt, dann mache ich mir so richtig Sorgen. 

Eine kleine Odysee musste ich für die Blutwerte hinter mich bringen. Leider wusste ich nicht, dass mein Hausarzt auch mal Urlaub machen muss. Hätte er mir ja auch sagen können. An der Türe fand ich den Namen der Vertretung. Aufgesattelt und wieder ab die Post. Die Praxis war in der Nähe. Ganz anders organisiert, viel strenger als mein Hausarzt, was Infektionsschutz betrifft. Ich kam ungelegen, waren im Stress. Musste mit Nachdruck klar machen, dass sie nicht aus der Nummer raus kommen. Es half, dass ich privat krankenversichert bin. Dann das noch: Email verschicken sie nicht. Oh Mann! Faxen war mir bei dem Eindruck der Praxis zu unsicher. Hatte das Gefühl das verdummbeuteln die. Ich entschied mich die persönliche Abholung am Nachmittag. Nicole übernahm das für mich und bestätigte meinen schlechten Eindruck: unfreundlich, unangenehmes langes Warten im engen Vorraum, unstrukturiert. Ohne das ich was erwähnt hätte. Schließlich hat sie dann doch noch die Werte in Empfang nehmen können. Die Werte, die nicht so prickelnd sind. Was ich aber schon selbst „gefühlt“ habe. Ich habe eine Kondition eines überzüchteten Mops. Stemme mich aber mit allem was ich habe dagegen. Manchmal falle ich einfach auf die Couch oder auf das Bett und übe schon mal das Totsein. Die Werte werden wohl von Zyklus zu Zyklus schlechter werden. Durchhalten heißt die Parole und hoffen, dass ich vielleicht nur 4 Zyklen brauche. Wird schon werden. 

Das gute Wetter zog mich natürlich in die Innenstadt, Cappuccino, Bananensplit und diverse Einkäufe, wie z.B. eine neue Gleitsichtbrille waren das Ziel. Eine Vielzahl von seltsamen Personen liefen mir über den Weg. Ich beobachte ja gerne und intensiv. Habe ja sonst nichts zu tun. Und ich muss sagen, es rennen mittags im Sommer einen Haufen schräger Gestalten in der City herum. Viele Alleinstehende, die so im Café sitzen. Eine bunt angemalte Oma hat sogar mit mir geflirtet. Tat mir leid, sie abblitzen lassen zu müssen. Ein Passant mit zerfetzten Alditüten sang italienische Arien vor sich hin. Der riesige adipöse Brillenverkäufer schwitzte so stark und schnappte unter der Maske so nach Luft, dass ich dachte, der kippt mir um, bevor ich meine hippe Brille auf der Nase habe. Ein anderer Brillenverkäufer hatte so große Ringe an den Fingern, die ich eigentlich nur bei Zuhältern in schlechten Vorabendkrimis gesehen habe. Der schlechteste Straßenmusiker ever ließ mich schmunzeln. Kann gar nicht sagen, was er gesungen hat, habe ihn nicht verstanden. Coldplay? Udo Lindenberg? Kurz dachte ich, dem müsste einer sein ganzes Kleingeld klauen. Ein Retter in der Not. Aber das wäre natürlich ziemlich fies. Verdammt Viele fliegen hier heute über das Kuckucksnest.


Zuhause war ich trotz E-Bike stolz auf mich, dass ich 19,7 Kilometer auf dem Tacho hatte, und übte sogleich mal wieder für ein paar Minuten das Totsein. Muss sagen, so auf der Couch, gar nicht so unangenehm. 


Schade, die Staffel „Lupin“ ist zu Ende. Gute Unterhaltung. Leicht, hat uns beide aber in den Bann gezogen. Omar Sy is einfach ein knuffigs Kerlsche, das muss man schon sagen. 



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