Heute Anna- und Lottatime. Endlich sind die zwei wieder im Land. Probefahrt in die City mit Annas Geburtstagsgeschenk. Mal sehen, wie die Karre so ankommt. Leute, sagt mal ehrlich, soll ich mich tatsächlich zuhause weg sperren und mich um schulische Angelegenheiten kümmern? Mit meiner Diagnose? Mit dem Ausblick, was sonst noch so auf mich zukommt? Kann keiner wirklich verlangen, oder? Zeit mit der Tochter verbringen, ist da doch eher angebracht. Seht ihr bestimmt auch so. Es freut mich sehr, dass meine Blutwerte im grünen Bereich liegen. Das muss ausgenutzt werden. Gestern hab ich rumrepariert und im Garten gewurstelt. Also Bewegung habe ich genug.
Nein, die Pflicht ruft nur noch selten. Ein gutes Gefühl, könnte mich glatt daran gewöhnen. Schon krass, wie man sich umstellen kann. Wer hätte das gedacht? Vor nicht allzu langer Zeit war ein 10/12 Stundentag nichts Ungewöhnliches für mich. Nicole hat mal gesagt, vor mir hätte sie niemals gedacht, dass Lehrer so viel arbeiten. Tun ja auch nicht alle. Allein mit den geleisteten Überstunden könnte ich ein Sabbatjahr locker absolvieren und einige meiner Kollegen auch. Jesus war man blöd. Was ich da alles für tolle Sachen hätte machen können. Ich hätte mich nie für die Funktionsstelle bewerben dürfen. Als Otto-Normal-Lehrer hat man das schönste Leben. Engagement in Bildungssystem wird sowieso nicht entlohnt, nicht mental und nicht monetär. Gestalten kann ich auch an der Basis, im Unterricht, da brauche ich kein Konrektor dafür sein. Hört sich hübsch an, steckt aber viel Arbeit dahinter. Der Preis: das Privatleben. Und ehrlich: Noch nie habe ich mich erfüllter gefühlt als bei meiner ehrenamtlichen Hospiztätigkeit. Eigentlich dürfte das doch gar nicht ungewöhnlich sein, dass die Prioritäten sich im Alter verschieben. Dass man immer so doofe Krankheiten oder ein Schicksalsschlag braucht, bis man kapiert was wichtig ist. Im Prinzip ist es ganz leicht: Man stelle sich bildlich vor, wie der Partner, das Kind oder man selbst schwer krank wird, würde man dann tatsächlich das identische Leben weiter führen wollen. Mit Sicherheit nicht! Mein Buch würde nicht heißen „Wer wir waren“ (Willemsen), sondern „Wer wollen wir sein?“ Überhaupt darüber nachdenken zu können, gehört auf der Erde schon zu einem Luxusleben. Aber wir, die wir dieses Privileg haben, verschwenden trotzdem viel zu wenig Zeit für das Nachdenken über das was wir wirklich wollen. Ich war selten so klar in der Rübe, auch wenn gerade ein paar Medis in mir dahin schwimmen. Die Priorität Nr. 1 ist ganz klar meine Gesundheit. So sieht das Nicole, so sieht es Anna. Und das sind meine 2 wichtigsten Personen. Alles andere kann warten.
Nicis Traum. Sie musste Lösegeld bezahlen. Sie weiß nicht für wen. Ich war anscheinend bei dem „Rettungsversuch“ auch dabei. Wir wollten den Lösegeld-Anruf in einer Kneipe in Baden-Baden machen. Das Walki-Talki blinkte rot. Akku leer. Wir hatten nur eine 3/4 Stunde Zeit, das Ladegerät zuhause in Böchingen zu besorgen. Tja, für wen hat sie bloß Lösegeld zahlen müssen? Schade, dass der Wecker geklingelt hat. Träume ohne Auflösung sind nicht schön. Fortsetzungsträume müsste es geben. Ein spannendes Kidnapping-Traum-Drama in 21 Folgen - mit Happy End natürlich.
Bald haben wir nur ein noch ein Auto. Diese Entscheidung war spontan. Ich hoffe, wir bereuen es nicht. Aber Sinn macht es auf jeden Fall. Für eine lange Zeit benötigen wir keine zwei. Aber vielleicht steht dann doch bald ein neuer Fiat 500 XL vor der Türe. Wer weiß.
Ein Auto zieht mehr Planung nach sich. Im Notfall könnte man sich ja sogar nachbarschaftlich ein PKW teilen. Die DERWolke-Nachbarn haben 3 plus Motorrad. Wir werden sehen. Erstmal gibt es ein Meriva-Polo-Tausch. Ein Polo passt definitiv auch besser zu Anna.
Das Internet ist cool, kann man sagen was man will.
Gestern hat der Fahrzeugwechsel über das Handy noch nicht geklappt.
Nicole und ich wären fast dabei gewesen, eine Briefbombe für die Versicherung zu basteln. Heute über den PC hat alles wunderbar funktioniert. 5 Minuten. Klick, klick, klick, und ich hatte die eVB-Nummer.
Wer gut mit dem PC und Internet klarkommt, dem kann ich nur die Direktversicherungen empfehlen: Man spart Geld und ein Versicherungsheini- oder heinine muss einem nicht am Esstisch den Kaffee leer saufen. Ruckzuck hat man das komplette Leben versichert, so schnell kann man die gar nicht rauswerfen.
Man stelle sich eine Kombination aus einer Robbe, einem Elefanten und einer Giraffe beim Yoga vor, dann weiß man wie der Schnur sich bei seinem wöchentlichen Fitness-Programm schwer tut. Beim Stabilisieren auf dem rechten Knie und gleichzeitigem Dehnen der linken Seite bin ich einfach mal so umgekippt. Die Yoga-Lehrerin hat sich so erschrocken, weil sie dachte, ich hätte mir was gebrochen. Ansonsten waren die Übungen schön und hin und wieder extrem anstrengend. Kam richtig ins Schwitzen. Aber das Schönste sind die Ruhephasen, diesmal sogar 3. Am Anfang, in der Mitte und am Ende. Ob diese Vorgehensweise an meinem katastrophalen Fitnesszustand liegt. Der Mittelteil war super. Mit dem Rücken längs auf einem Rollkissen, Hintern baumelte in der Luft und die Beine lagen in der Schmetterlingsform unten weg. Die Fußsohlen berührten sich. Arme ausgebreitet. Kurz dachte ich, mein linkes Rest-Ei springt aus der Verankerung, aber dann kam ich schell in dem Genussmodus. Bei mir entspannte sich unten plötzlich alles. Es knackte auch ein wenig. Das erste Mal seit Monaten, dass ich einfach mal so daliege ohne Schmerzen im IS-Gelenk. Die tiefe entspannte Atmung, das Vogelgezwitscher und die monotone Stimme der Meisterin taten ihr Übriges. Ich wollte keine andere Übung. Tja! Meisterin hat Anspruch. Sie macht ihre Sache richtig gut. Ist wahnsinnig zugewandt, korrigiert ständig, und lacht laut, wenn ich meine humorvollen Kommentare von mir gebe. Sie: Wie gings ihnen mit der Übung. Ich: keine Ahnung, ich glaube, ich bin tot! Beim Einführungsgespräch fragte sie nach meinem Befinden. Ich konnte nur Positives berichten. Mir geht es prima. Der Boppel ist komplett verschwunden. Ich spüre ihn auf jeden Fall nicht mehr. Sie sagte nur „Wow!“ Ich meinte: Hoffe nicht, dass das alles nur Einbildung ist. Sie: Och, die kann manchmal auch ganz gut helfen! Recht hat sie. Hauptsache weg, egal ob eingebildet oder nicht. Ich will auch so dahin schweben und gleiten wie sie. Sie macht so überhaupt keine Geräusche beim Gehen. Ich dagegen bin wie eine alte dampfende tuckernde Lok! Wenn sie die Übungen zeigt, wackelt sie nicht 1 mm. Und sie ist immer unfassbar gerade. Ich: schwanke wie eine Nussschale im Orkan und bin so geometrisch ausgerichtet wie nach 5 Schorle. Am Ende hat sie mir noch ein paar Übungen aufgezeichnet. Wenn ich die so mache, wie sie sie gezeichnet hat, hängt mein rechter Fuß an meinem linken Schlüsselbein. Dauerhaft! Das mit dem Aufzeichnen ist glaub nicht so ihr Ding. Nicht schlimm. Der Rest ist super. Danach hab ich mich gefühlt wie Lance Armstrong in seinen besten Doping-Jahren.
Mein guter Zustand musste natürlich gefeiert werden - in der Weinbar Müller in Frankweiler. Geiles Gefühl, dort wieder zu sitzen, nach so langer Zeit. Nach einigen lieben Dackelblicken durfte ich sogar ein ganzes Achtele Gewürztraminer schlürfen. Mehr Glück an einem Tag geht nicht!
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