Ratzfatz ging das heute Morgen beim Doc. Keine Wartezeit. Eine äußerst empathische Arzthelferin hat mich irritiert. Sie sprach mich auf meine E-Mail an, die ich vor einigen Tagen an die Praxis geschrieben habe und dort um Begleitung bat. Ich habe ausführlich meine Lage beschrieben und darauf hingewiesen, dass der Hausarzt eine wichtige Rolle in der Therapie einnimmt. Vor 10 Jahren hatte ich einen anderen Arzt. Ich hatte wohl in der Mail so geklungen, dass es mir überhaupt nicht gut geht. Verständlich, Ich befand mich ja auch in den unmittelbaren Nachwehen der Chemotherapie. Mittlerweile bin ich wieder das blühende Leben und ich kann Bäume verpflanzen. Die Arthelferin war ganz mitleidig und sagte wörtlich: Scheiße dieser Krebs, ich drücke ihnen so die Daumen. Ich habe sie dann meinerseits wiederum irritiert, indem ich betonte, wie gut es mir doch geht. Alles null Problemo, Krebs ein Klacks! Mein Doc. war nicht so empathisch: Er sah mich, begrüßte mich, aber fragte nicht nach meinem Befinden. Da es früh morgens war, sah die Praxis nicht wirklich nach Stress aus. Obwohl wir ein ausführliches Telefongespräch die Tage führten und er dort mir seine absolute Unterstützung zusicherte, ignoriere er mich mehr oder weniger. Nun gut, will mal nicht wieder so streng sein. Hat 1000 Dinge gleichzeitig im Kopp, der Gute. Ich denke, er wird das Beste für mich geben. Schließlich hat er es mit mir zusammen versemmelt, nicht frühzeitig Heidelberg zu konsultieren. Er hat mir den schwarzen Peter bzw. die Entscheidungsgewalt überlassen. Und ich habe mal wieder aus Pflichtbewusstsein lange alles ignoriert. Hoffe nicht zu lange! Wenn er damals gesagt hätte: Schnur, sofort Abmarsch nach HD, hätte ich sicherlich keinen Widerstand geleistet. Wie sagt man so schön, man sollte einen Fehler nicht zweimal begehen. Ohne Kenntnis der Menschen ein saublöder Spruch!
Morgen werden die Ergebnisse der Blutwerte an die Tagesklinik und an mich gefaxt.
Nach der schnellen Nummer beim Hausarzt, bin ich in die Stadt. Mit Ruhe und Muse durch die Stadt schlendern, gibt es was Schöneres. Ich habe genau geguckt und das I-Phone gezückt. Mit Zeit und offenen Augen bekommt man da kleine Juwelen vor die Linse. Vor 10 Jahren habe ich das auch hin und wieder praktiziert. Da hat mein Kumpel Clemens noch an meinem Leben teilgenommen. Zusammen zogen wir oft so durch die City und haben verrückte Sachen angestellt.
Und dann Cafè am Markt, wieder auf! Landau ohne Café am Markt wäre kein Landau mehr. Gott sei Dank haben sie überlebt. Auch dort war ich vor 10 Jahren Stammkunde. Hatte das Gefühl, dass man mir wissend zunickte. Wäre noch länger verweilt, aber der Gast neben mir war seltsam. Er fing an, Sprachnachrichten sehr laut anzuhören, zu speichern und zu löschen. Über das ganze Café hinweg schallten seine Sprachnachrichten. Ein Rechtsanwalt, der unbedingt Unterlagen einforderte und Gerda, die er dringend zurückrufen sollte. Ich bin für Toleranz, aber das war mir eindeutig zu viel. Ich zischte ab. Ach ja, den Kellner verwickelte er noch in ein philosophischen Bratkartoffel-Gespräch. Wie machen sie die? Aber nicht zu fett, von beiden Seiten angebraten, mit Butter, krustig? Der Kellner: Bratkartoffeln halt. Puuh…manchmal ist es schwer die Spezies Mensch zu ertragen.
Ein Buch habe ich im Trotzkopp gekauft. Inspiriert natürlich von Marions Besuch. Gesehen und entschieden. Vor der Südamerika-Reise noch eine Italien-Rundreise. Das ist doch gar nicht so weit hergeholt. Liebes Lymphom und liebe Schilddrüse macht mir bitte da keinen Strich durch die Rechnung.
Viel Zeit heute mit meiner Schwester zugebracht. Daher unter anderem auch der Titel: Blut und Ehre. Zu verschiedenen umstrittenen Kriegsdenkmälern in Landau passt der Titel auch.
Meine Schwester, da muss ich später in diesem Blog nochmal ausführlich ausholen. Zu lange Geschichte. Familie ist hier noch nicht durch. Liebe kommt dann in dem Titel leider nicht vor. Sie bekommt gerade eine Strahlentherapie. Lungenkrebs. Tja, meine Familie ist durchzogen mit Krebs und anderen Krankheiten, die man nicht braucht. Ein Bruder ist schon an Lungenkrebs vor zwei Jahren und eine Halbschwester an Brustkrebs vor vielen Jahren verstorben.
Ich habe meine Schwester kaum in meinem Leben gesehen. Mit 15 war sie auf der Straße und hat dann minderjährig zwei Kinder bekommen. Ich fühle nichts. Meine Schwester ist 12 Jahre älter als ich und wir hatten nie nahen Kontakt. Und wenn, dann war er eher dubios. Sie hat mich gehütet bis ich 5 Jahre alt war. Darauf beruht ihre emotionale Verbundenheit zu mir. Der Anstand befiehlt mir, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Jeden Morgen bekomme ich Wünsch-dir-alles-Gute-ich-drück-dich-Morgenkaffe-Bildchen. Jeden Morgen. Manchmal mehrere. Sie hatte mich nach ihrer Diagnose angeschrieben. War da sehr beharrlich. Das hat mir ein Stückweit imponiert. Typ Kettenraucherin, aber der Krebs ist ja nicht vom Rauchen verursacht worden. Wir haben gar keine Gemeinsamkeiten, außer den Eltern. Wie gesagt, lange Geschichte, führt hier und heute zu weit, muss ich einen ganzen Tag darauf verwenden. 6 Geschwister = 6 Tage. Das wird noch spannend.
Ein weiteres schwarzes Schaf. Mein AfD-Neffe aus Berlin. Schickt mir in den letzten Tagen AfD-Scheißdreck per WhatsApp. Ist 56, Brandschutzexperte und der Sohn meiner Halbschwester Inge, die 82 ist. Sie leben zusammen in einem Haus in Berlin-Köpenick, wunderschön, direkt an der Spree. Wir haben sie vor zwei Jahren besucht. Lag die AfD-Scheiße in der Küche rum und jedes Gespräch wurde auf die verhassten Ausländer und die Feinde der Demokratie gelenkt. Hin und wieder blitze ein wenig Nettigkeit auf. Ohne den AFD-Mist ist er sogar ganz erträglich und witzig. Das Furchtbare: Er sieht mir auch noch ähnlich. Vor allem meine Schwester war goldig. Echt eine Liebe. Es war schwierig am Esstisch. Auch die gute alte gute Miene gezeigt. Ich habe ihm im Nachgang signalisiert, dass wir politisch NIEMALS zusammenkommen werden. Wenn was gehen soll, dann bitte Politik unbedingt ausklammern. Und nun schickt er mir trotzdem Klassenkampfbilder und Politikerhäme zu. Die Demokratie muss gerettet werden, Lügenpresse, der ganze Käse. Wenn er meinen Blog lesen würde, würde er hier bestimmt das eine oder andere kommentieren und aufmischen. Das wäre interessant, aber nicht zielführend. Ich muss nochmal eine klare Antwort formulieren. Blockieren möchte ich ihn noch nicht. Das wäre das einfachste zwar, aber feige. Klare Ansage und gut ist. Ja, ja, ich weiß, da ist eigentlich Hopfen und Malz verloren. Aber Paroli für das gute Gewissen muss schon sein.
Wie gesagt, mir wird nicht langweilig. Mit meiner Familie schon gar nicht.
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