Zwischenwelt XVII

Wenn ich über den Jordan gehe, dann auf jeden Fall extrem vitaminreich. Ich mag ja Nicis Zielstrebigkeit sehr. Es gibt kein Vertun, hat sie sich mal für etwas entschieden. Ihre Entscheidung ist, mein Lymphom mit Smoothie jeglicher Colour sowas von zuzuschütten, dass es aufgrund von Vitamin- und Ballaststoffaversion, freiwillig Suizid begeht. Ist da etwa ein kurzer Anflug von Mitleid in mir zu erkennen? Huch! Schnell verwerfen, sonst nervt mich das Drecksding weiterhin und bleibt.

Ich vergebe mittlerweile Sterne. Maximal 5 an der Zahl. Der obere Heiltrunk bekommt ***. Manche könnte mit einem Schuss Gin oder Grappa richtig lecker sein. Darf ich jetzt auch alles nicht mehr. Vielleicht sollte ich einen wissenschaftlichen Fake-Artikel verfassen, worin steht, dass Haushaltstätigkeiten das Lymphom aggressiver werden lässt. Icke meint gerade, dass er die Idee „total supi“ fände. Oder soll ich schreiben, dass täglich praktizierter Coitus Interruptus Lymphome abtötet. Icke hormonell kollabierend: Schnur, du hat’s echt drauf. Mache Icke noch zu einem richtigen Fan von mir.

Ich wollte ja noch raus gestern. Aber das schmuddelige Wetter und ein unbedachter Griff in einen Karton hat mir/uns ziemlich kompromisslos einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ich bin ein Kruschtler vor dem Herrn. Gibt mir eine Kiste mit Zeug drin und ich bin glücklich. Kruschtelmäßig bin ich total weltoffen und tolerant. Ich habe 4 Kisten im Büro rumstehen. Briefe, Karten, Fotos. Ich brauche Jahre, um das in eine akzeptable Struktur zu bringen. Dokumente, Fotos und Briefe meiner Eltern, Sogar Tagebücher von beiden hielt ich in der Hand. Eine Geburtsurkunde wies aus, dass mein Opa mütterlicherseits Rottenführer bei der SS war. Das wusste ich vorher noch nicht. Wenn ich an die vielen Besuche in Ausschwitz und Struthof denke, dreht sich mir noch mehr der Magen um. Haben meine Eltern deswegen so wenig vom Krieg erzählt?

Meine Mutter führte ein Berufsbuch, auch sehr interessant. Meine 86-jährige Halbschwester Rita schrieb mir über die Jahre unzählige Briefe und Karten. Auch Zusendungen von meiner 81-jährigen Halbschwester Inge aus Berlin während der Teilung sind dabei. Briefe meines „verlorenen“ Bruders Hans-Martin aus der Zeit seiner Verpflichtung bei der Bundesmarine. Sogar Karten von mir als Teenager, gesendet von Klassenfahrten etc. Lustig, wie ich mir da einen ambgemurgst habe. Liebes- und Entliebungsbriefe meiner Verflossenen. Oh mein Gott, die dürfen NIEMALS meiner Frau in die Hände fallen. Ich MUSS Nicole auf jeden Fall überleben, koste es was es wolle, gerne sauf ich dafür  Brokkolismoothies literweise!

Fotos, Fotos, Fotos, Fotos,…ein paar schauten wir uns bei Kaffee Kuchen an. Lachten uns schlapp oder waren entsetzt. Ein Hustenanfall folgte. Skurrile Bilder aus einer vergangenen Epoche. Das waren wirklich wir? Als Zivi, Versicherungskaufmann und Erzieherin, als Schüler und Straßenkarnevalbesucher. Einige benötige ich wieder, wenn ich über Icke und mich, meine Familie und Nici schreibe. Das wird spannend! Zumindest für mich. Es braucht aber viel Zeit.

Werde ich die Zeit haben? Ich habe das Gefühl, ich hinke ständig hinter her und Kann sie mir gar nicht so nehmen, wie ich es mir wünschen würde. Daraus resultiert vielleicht mein etwas „atemloser“ Schreibstil. Habe schon Rückmeldungen diesbezüglich erhalten. Ein paar davon motivieren mich sehr. Ich verstehe aber auch, wenn phasenweise eine Überforderung eintritt. Glaubt mir, der Schreiber ist es oft auch. Ein Herr von Lektoren würden mich sicherlich in Grund und Boden lektorieren.

Nici und ich lieben es, örtlich, von einer Wand getrennt, Dinge zu tun, aber uns ständig die Ergebnisse, Errungenschaften und Überlegungen zu zeigen und zuzurufen. Sie näht und recherchiert, ich kruschtel, räume auf und schreibe. Liebe Leute, Ich habe einen Spleen, nein es ist schon eine beträchtliche Macke von den vielen. Ich räume gern Dinge auf und bringe (immer wieder!) Ordnung ins System. Das aber eher vermeintlich als objektiv erfolgreich. Gibt mir ein Lager, ein Regal mit Kruscht, eine nichtssagende Kiste mit Material und ich bin fast genauso erregt wie bei den Listen, aber auch nur fast. Ich glaube, ich treibe Nici damit langsam in den Wahnsinn; sie gibt es nur aus Loyalitätsgründen nicht zu. Wer bitte bekommt nicht einen Schrei- und Heulkrampf, wenn man den teuren geliebten Leder-Geldbeutel, der ein Geschenk der Schwester ist, seit Monaten mehr findet, weil ihn der ordnungsfanatische Alte „aufgeräumt“ hat. Hey Schatz, weißt du wo mein Lieblingsgeldbeutel hinbekommen ist. Ich: Nö. warum sollte ich. Na ja, du weißt doch, DEIN PROBLEM. Das Attribut psychisch hat sie nicht davorgestellt, dafür ist Nici zu anständig. Jetzt beim Schreiben stockt mir der Atem. Traurige Erkenntnis! Ich habe diese Macke des ständigen Auf und Hin- und Herräumens, weil ich als Kind oder Jugendlicher mich im Zimmer verbarrikadiert habe, wenn draußen gestritten, gedroht beschimpft und geschlagen wurde und ich mich irgendwie beschäftigend beruhigen musste. Damals habe ich mir diesen Tick wohl sozusagen „antrainiert“. So arbeiten Psychologen: Patient labern lassen, dann Zack-Wumm, ist sie plötzlich da, die Erkenntnis. Geiler Job: nix tun, aber trotzdem Erfolg dabei. Lehrer versuchen viel und haben kaum Erfolg, haha! Nur was fange ich damit jetzt an, mit dieser Erkenntnis. Aufräumen in mir? Aber wie geht das? Hm...der Blog hilft mir bestimmt dabei. Ganz bestimmt.

Nach dieser Tour de Farce werde ich vollständig recycelt sein. 

 

Nici und ihr Lieblingsgeldbeutel

Da sieht man es wieder: Unglück und Glück liegen nur eine Schublade voneinander entfernt. 

Mein Opa Johann ein Nazi!

Lese ich das richtig: Opa ein Rottenführer (SS). 

 

Klar, dass meine Mama im Bund Deutscher Mädchen war. 

 

War mein Papa tatsächlich nur in der Armee!

 

Ist die verwerfliche Familiengeschichte, nicht doch eher der Grund dafür gewesen, keine Fragen zu beantworten und zu schweigen?

Die Tagebücher meiner Eltern

War richtig aufgeregt, als ich sie entdeckte. Gestochen scharf in Sütterlin verfasst. Meine Eltern haben also auch Blog geschrieben. Nicht zu fassen! Kein Wunder!

Das Berufsbuch und der Führerschein meiner Mutter

Berufsbuch? Das  hatte man wohl zu führen. Ich weiß nur, dass meine Mama bei den Stuttgarter Nachrichten im Bereich Tourismus gearbeitet hat und dort mein Papa kennenlernte, der einen Fahrerjob hatte.

Durch dieses braune Büchlein weiß ich nun, dass sie Kassenangestellte gelernt hat und in der Regierungskasse Kreuznach gearbeitet hat. 

 

Meine Mutter ist nach der Fahrprüfung nie wieder ans Steuer gestiegen. Das ist auch eine Generation weiter nicht selten immer noch der Fall.

Das Stammbuch der Schnurs. Irre diese Schrift. 

Ein Kunstwerk. 

Der Stapel Briefe und Karten meiner Halbschwester Rita, 86, wohnhaft bei Plau am See / Mecklenburg-Vorpommern.

Von der "Roten Rita" zur Zeugin Jehovas mutiert.

Irgendwas braucht der Mensch ja, woran er sich halten kann. Egal ob Kommunismus oder eine konservative Religionsgemeinschaft. Scheiß drauf!

Ich benötige ein Geschichtsstudium, um ihr Leben darzustellen. Bis vor Kurzem kamen regelmäßig gestochen scharfe Lebens- und Familienberichte. Leider sind sie weniger geworden. Verständlich. 

Ob ich sie nochmal sehen werde?

Nici und der "Joker" beim Karneval

Bei Nici alles im Normbereich: hübsch, kreativ, liebenswert. Bei ihrem

„Joker“ total spooky! Das Bild mit Kostüm und Knarre wurde im Juli 1973

aufgenommen. Alter, Ich hatte ja damals schon ne Vollmeise! Heute würde man

auf der Straße anfangen zu kreischen, bei so einer Kostümierung. 

Die Bomenleger-Fraktion beim Boulespielen

Annas Geburtstag wurde in der Regel draußen gefeiert. Hey Annilein, wie wärs mol widder mit ner Party uff der Grillhütt? Paps legt auch keine Bomben mehr, versprochen! 

Heike & I

Das Bild wurde fast auf den Tag vor 23 Jahren aufgenommen: am 16.05.1998, am Vortag von Heikes 30. Geburtstag. (feliz complianos! Wir rufen dich heute Abend an!) Auf dem Balkon ihrer Wohnung in Barcelona. Auch ein schöner Grabsteinspruch: Ich hatte einmal verdammt schöne Haare! Daher ist es mir so wichtig gewesen, nicht wieder die komplette Behaarung zu verlieren. Ja, cool, na klar, sich nicht mehr rasieren zu müssen: zeitsparend ohne Ende. Und der Blowjob ist auch eine sehr hygienische Nummer, aber als 52-jähriger voll im Saft stehender Mann am ganzen Körper eine Baby-Popo-Haut zu haben, würde alle mir zugetanen vorhandenen Menschen und nicht vorhandenen Egos wieder wahnsinnig irritieren.

 

 

Gibt es eigentlich Pillen gegen „das Nix-wegwerfen-Syndrom? Wenn es kein LSD ist, hasse ich Pillen. Aber gegen die Nixwerferitis würde ich glatt eine gelbe nehmen. Echt schlimm! Bei Menschen ist das grundsätzlich nicht verkehrt, aber bei Tintenpatronen, wenn man gar keinen Füller besitzt? Nicht zielführend! Könnt ja irgendwann nochmal ein Füller auftauchen, man weiß ja nie. Oder man kann es bei Café Delight verscherbeln. (Anmerkung des Verfassers: meine Schülerfirma in der Schule). Ich konsumiere wie ein Bekloppter, dass mich Greta Thunberg standrechtlich wegen umfassender Umweltsauerei erschießen lassen würde. In einem letzten verzweifelten Versuch, ausschließlich gekleidet mit einer Augenbinde aus Demeter-Wolle, würde ich aus Verteidigung vorbringen: Hallloooo...ihr Lieben, bitte nicht schießen, ich werfe doch gar nix weg von dem Mist. Es bleibt alles im schnurschen Kreislauf! Total nachhaltig! Peng!

 

Noch eine weitere Geschäftsidee für die Frühverrentung: Schnuris Needful Things - nach dem gleichnamigen Steven-King-Bestseller. Das Warenangebot besteht aus Dingen, die man auf keinen Fall benötigt, aber für das innere Gleichgewicht nützlich sind. Und ich bin ja Spezialist für das innere Gleichgewicht. 

Irgendwie war es ein Hinplätschertag gestern, aber doch so voll mit Emotionen und Gedanken. 

Vergangenheit kann Angst machen, aber auch sehr reizvoll sein.

Ob ich die Kraft und Energie besitzen werde, weitere Dokumente, Briefe und Niederschriften zu sichten und zu analysieren? Mal sehen...

11.35. Uhr

 

Okay, Bon Jovi ist scheiße, aber Keep the Faith der Hammer. 

Hupps, hupps, hupps...

schüttel, schüttel, schüttel, Baby

Zu Ehren einer lieben Kollegin.

Hupps, hupps, hupps...

schüttel, schüttel, Baby

 

Welche Lieder alle plötzlich zu meiner Situation passen. 

 

12.55 Uhr

 

Anruf aus Heidelberg. Ich komme morgen um 08.30 Uhr unters Messer.

Port-OP. 

Dann brauch ich die Rieslingschorle nicht durch die Schnabeltasse schlürfen,

sondern sie ballert sofort ohne große Umwege. Praktisch!


17.00 Uhr 


Yeah, Gartenmöbel in Germersheim geholt. 

Jetzt müsste es nur noch aufhören zu regnen. 

Schnuri hat dann ab morgen die Auswahl, wo er sich im Garten erholen möchte, je nach Sonnenstand. 


19.00 Uhr 


Geile Kruschtel-Relax-Box geschenkt bekommen. 

Icke sagt Danke! 




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