Es sind ganz besondere Zeiten, die wir da gerade erleben. Ja, es ist unsere erste gemeinsame Krise in unserer 9-jährigen harmonischen Beziehung, Manchmal ist diese gelebte Harmonie jeden Tag geradezu peinlich. Nur selten sieht man doch Paare, die mit Stolz auf ihre Liebe blicken.
Krisen in der Familie gab es und gibt es aber: Die Krebserkrankung meines Schwiegervaters hat uns sehr mitgenommen und beschäftigt uns immer noch. Ich bekomme am Dienstag einen Port und er wird am gleichen Tag wieder einmal auf Herz und Nieren geprüft. Beide drücken wir uns gegenseitig nicht nur die Daumen, sondern auch die Zehen.
Auch die MS-Erkrankung der Schwägerin und die schweren Allergien der Schwiegermama hat uns einige schlaflose Nächte gekostet. Doch alles steckten wir bislang ganz gut weg und diese unschönen Dinge geben uns das Gefühl der tiefen Verbundenheit. Wir lassen uns das gute Leben von so Blödkram doch nicht vermiesen. Da müssen schon schärfere Geschütze aufgefahren werden.
Ich bin sehr glücklich, meine verlorene Ursprungsfamilie, durch die angeheiratete Familienbande ein wenig kompensieren zu können. Nun hat’s mich erwischt. Immer mal wieder habe ich in den letzten Jahren am Familienfeiertisch von meiner Odyssee 2011 berichtet. Erstaunt wurde zugehört. So richtig nachvollziehen konnte es nicht wirklich jemand. Kein Vorwurf! Es ist auch schwer zu glauben, dass da jemand schon bedenklich nahe am Abgrund war, der jetzt aber im triefenden Rebensaft vor einem sitzt und glücklich und zufrieden aus einer anderen Welt erzählt. Als hätte ich alles gar nicht selbst erlebt, sondern hätte nur Freude am Fabulieren. Mir erschien ja manchmal selbst die eigene Erzählung unglaubhaft. Jetzt können sie in ihrer Studie am noch lebenden Objekt überprüfen, ob ich mich nur wichtigmachen wollte.
Besonders ist aber auch das Folgende: Es sind intensive schöne Zeiten! Spinne ich jetzt völlig? Schön? Ja und ob! So viele schöne gehaltvolle Begegnungen, Manchmal sehr überraschend, aber deswegen nicht weniger bedeutsam. Meine erneute Erkrankung hat es nun ganz schnell möglich gemacht, dass die Dreisis an einem Tisch zusammen bei uns in Böchingen saßen. Mama Dreisi und ihre zwei Töchter. Eine davon die Mutter von meiner geliebten Anna. Anna war nur per Foto dabei, da sie zurzeit in Osnabrück in ihrer Studentenwohnung hockt und tippt. So ein körperlicher Schimmelklumpen ist verantwortlich, dass wir ein Nachmittag voller Humor, Wärme und Vertrautheit erheben durften. Und sogar wiederholen möchten wir das Ganze. Es kam mir so vor, dass man sich beim Abschied noch fester als sonst gedrückt hat.
Ich gehe oft sehr streng mit anderen ins Gericht und muss sehr aufpassen, ungerecht zu werden. Nici pfeift mich da regelmäßig ein wenig zurück. Warum das so ist, führt jetzt zu weit und wird an anderer Stelle aufzuklären sein. Wenn diese Menschen, die von mir abgewatscht werden, auch alle noch mit in meinem Heilungsboot sitzen würden, dann wäre dieses Boot dem Absaufen geweiht und ich bräuchte einen zweiten Heilungsschrein.
Ich stampfe im Luxus meines Wegs. Viele sind mir sehr sehr nah. Dafür bin mehr als nur dankbar.
Auch untereinander scheint mir etwas mehr Wärme heraufgezogen zu sein. Kann man ja brauchen bei diesem besschissenen Mai-Wetter! Es ist schräg: Man kann hier durchaus von Sinn einer äußerst unnötigen Krankheit sprechen. Ich möchte trotzdem ganz gerne, dass dieser Sinn bestehen bleibt, auch wenn ich irgendwann als Hulk Kollegen*innen und Schülern*innen weiter auf die Nerven gehen sollte.
Ein überraschender Übetraschungsbesuch wird noch auf die Liste der Sinn stiftenden Dinge gesetzt. Nach einer gestrigen kurzen Email-Korrespondenz stand spontan ein befreundetes Paar vor der Haustür. Die Wein- und Teetrinkerei ging weiter. Fliegender Krankenbesuch-Wechsel sozusagen. U. aus N., die bei den Dreisis dabei war, hatte mit mir vor 23 Jahren Gabi und Jürgen quasi wandertechnisch verkuppelt. Heute leben beide fern voneinander als Beziehung jeweils in Darmstadt und Zürich. Diese Art der Liebe wurde niemals anders zelebriert. Ich habe überlegt, sie für das Guinness-Buch der Rekorde vorzuschlagen. Obwohl wir uns lange nicht gesehen und gehört hatten, verstanden wir uns auf Anhieb bestens. Das ist das Schönste, wenn man merkt, die Bande ist immer noch vorhanden. Da ich höchst sensibilisiert bin, was die Beurteilung von Gesagtem und Gezeigtem anbelangt, war mir sofort klar, hier sitzen uns zwei Menschen voller Empathie und Verständnis gegenüber. Fragen, die an einen gestellt werden, sind der Schlüssel zur Erkenntnis. Man wünscht sich noch mehr von solchen Gesprächen bei Tee und Knabberzeug.
Dann zwei Nachrichten vom Kolleginnen. Eine bereits morgens per Post und eine per Schulmanager. Beide sehr unterschiedlich, aber ebenbürtig. Die eine als Karte mit echten Blumen gestaltet. Es wurde der Fokus auf die Kraft der Gedanken gelegt. Ein Ansatz, den ich sehr unterstütze, der mich aber anstrengt, stets positiv zu praktizieren. Die Karte als alle Sinne ansprechendes Kunstwerk. Die andere: gespickt mit Empathie, Wortwitz und Verweise auf meinen Blog. Es macht mich sehr stolz, wenn so eine feinfühlige kluge Kollegin sich durch mein Tun inspiriert und betroffen zeigt. Ja, man arbeitet miteinander, schätzt sich, aber lernt den Gegenüber doch gar nicht richtig kennen. Bei manchen ist man froh darüber, dass das auch so bleibt, und bei der einen findet man es sehr schade, dass bis jetzt kein größeres Kennenlernen möglich war. Mein Heilschrein füllt sich und füllt sich! Bald muss ich in eine zweite Schrank-Etage ausweichen.
Am dem 18.05. werde ich meine Artikel nicht mehr Zwischenwelt nennen, sondern werde mich meist zu einem bestimmten Thema, verbunden mit Personen aus meinem Leben, äußern. Das Thema Freundschaft zum Beispiel. Freundschaft als Erfolg oder als Niederlage - beides prägt mein Leben, schon immer.
Was ich zum Thema Freundschaft gerade erlebe sind die Königsjuwelen der Queen. Ich bin ein mimosenhafter Trottel, wenn ich das nicht erkennen und schätzen würde. Man könnte hier und da schon mit einer Freundin, die es Wert ist, sie so zu benennen, zufrieden sein; ich habe gleich 4 x die Kronjuwelen in meinem Besitz.
Jetzt freue mich auf meine letzte Pfalz-Tour mit meiner „Freundin“ Nicole. Die letzte ohne Port.
Wenn ich die Dose drin habe, weiß ich, Ich bin wieder da, wo ich niemals mehr hinwollte. Das wird ein erste - kleine - Bewährungsprobe sein.
Ich definiere mich sehr durch das Mannsein. Ab Dienstag wird mir das von Tag zu Tag ein Stück mehr genommen werden. Die Zwischenwelt hat somit ihr Ende gefunden. Ich balanciere dann auf einem schmalen Grat, immer die Gefahr in die eine, uns allen unbekannte Welt, abzurutschen.
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