Zwischenwelt VII

Sagt mal, warum muss immer erst was Schlimmes passieren, dass die Menschen sich wieder näher kommen? Warum sind wir bloß so verbrettert, vernagelt und vermöbelt? Gestern schrieb mir meine gute Freundin U. aus N.:  „Deine Krankheit bringt viel Gutes, Herzerwärmendes“. Ich bin ja total für Herzerwärmendes a la Bergdoktor oder Traumschiff, aber muss ich deswegen diese Tod bringenden ekligen Schlabberdinger in mir tragen, Hergottsack! Ich will ja auch dass wir uns alle nackt mit Maske umarmen und Hare Krishna  im Mondschein singen, aber für nen passablen Guru bin ich eindeutig zu Ich-bezogen unterwegs -  und möchte nur mit EINER Frau Körperflüssigkeiten austauschen, meine lieben Jünger und Jüngerinnen! Haben wir Doofis sie eigentlich noch alle, dass wir erst mit dem Hamsterrad  eine Vollbremsung hinlegen, wenn die Apokalypse über uns hereinbricht  oder Schnuri evtl. bald nicht mehr so eine Milchschnitte abgeben wird und aussieht wie Schweizer Käse, nur mit noch mehr Löchern. Ich schwör, ich bestell bei Gott Krebs für alle für umme, dann könnt ihr schön selbst mal einen auf Guru mit weißem Rauschebart machen. Kriegt ihr hin! Im Notfall kann ich ja als Berater fungieren. 

 

Das musste einfach mal gesagt werden! Amen! 

 

Herzerwärmendes. 

 

Hallo liebe Erika! 

 

Wie sehr hat mich deine persönliche Nachricht gestern erfreut und berührt. Da schreibt mir eine fast 80-jährige Dame, die vor vielen vielen Jahren meine Ex-Schwiegermama war, mit ihrem gerade neu erworbenen Internet fähigen Handy zauberhafte Zeilen, die mich sprachlos werden lassen. Die „Dreisis“ sind so nah bei mir, das ist mega schön und gibt mir wirklich ein paar Kugeln mehr für meine Schrotflinte im Showdown gegen das verhasste Lymphom. Und dass du meinen Blog so gern liest und sogar lustig findest, spricht für deine Toleranz, die ich schon immer sehr bewundert habe. Es tut mir sehr leid, dass ich dich oft unterschätzt habe. Dies wird niemals mehr vorkommen, versprochen. Halte bitte noch eine große Weile den Dreisis-Laden zusammen. Da du ja jetzt mit deiner Tochter regelmäßig im Pfälzer Wald umherwanderst, wird dir das bestimmt gelingen. An deinem 100. Geburtstag werden wir einen Walzer aufs Parkett legen, da sehen sogar Fred Astair und Ginger Rogers untalentiert dagegen aus. Danke, liebe Eri!  

 

Ach Heike, mein Schatz, wie lieb ich es, wenn du „Dicker“ zu mir sagst. Die Funkstille hat endlich ein Ende. 1300 km liegen zwischen uns und trotzdem konnten wir uns sehen. Technik - Fluch und Segen zugleich. Wie immer. Diesmal aber mehr Segen. Nett dein Angebot, einfach mal kurz mit dem Auto nach Cardona, meinen Sehnsuchtsort, kommen zu können. Was hast du gesagt: sind doch nur 12 Stunden. Nici war gar nicht mal abgeneigt. Ich freue mich, bald über deine/ unsere unglaubliche Familia Fernández zu schreiben.

Das wird mir grosse Freude bereiten.

Danke, dass du wieder da bist.

 

 

Hey Kuhli, nun hast du es doch geschafft,  - mit einem kleinen Stupser - deine Unsicherheit zu überwinden. Kuhli und unsicher, Sachen gibts! Man braucht keine Angst vor mir haben. Höcke vielleicht, aber du doch nicht! War es für unser Seelenheil wichtig , dass wir gesprochen haben? Nein! Aber es war aber auch nicht schlecht, so als Selbsthilfegruppe der IS-Gelenk-Geschädigten. Ich musste hier noch ein „Gelenk“ einbauen, sonst hieß es IS-Geschädigten, und das könnte man missverstehen, was wir beide ja nicht wollen. Ich wünsche dir von ganzem Herzen ein gutes empfindsames Händchen als ÖPR. Das Wichtigste ist,  dass man sich um seine Leute kümmert.Alles andere ergibt sich von ganz alleine!. Danke, dass du gestern keine „Mumu“ warst. 

 

Danke Nici, mein Alles! Danke, dass du mich verrückten Hund erträgst und mir die Zuversicht gibst, den Mount Everest ohne Sauerstoffmaske erklimmen zu können. Dein Machertum, deine Bereitschaft ohne Murren, Qualen auf dich zu nehmen, dein Beimirsein erfüllen mich mit großer Dankbarkeit. Wenn die Gipfelbesteigung schief geht - als Extrem-Bergsteiger muss man Realist bleiben und alle Optionen mitdenken - werde ich als glücklicher und geliebter Mann, meine Zehen und Nase verlieren. Das kann nicht jeder von sich behaupten. Danke, dass du du in mir bist. 

 

Unser neues chemo-konformes „Ausweich-Schlafzimmer“ ist sehr hübsch geworden! 

 

5.30 Uhr.

 

Kaffee heute in der Isoliertasse, da Icke und ich gestern noch komatös waren, als unsere Ehefrau das morgendliche Ritual ans Bett brachte. Wir hatten wohl noch allzu optimistisch JA auf den Ruf *Kaffee? Schatz*  gemurmelt, weil Icke und ich Rituale in einer Beziehung wichtig finden. Wenn es keine Rituale gibt, ist die Beziehung tot, bevor es die an der Beziehung beteiligten sind. Rituale, auch wenn es nur der alltägliche gemeinsame Start in den Tag mit einer Tasse Kaffee ist, sind in der Liebe wie im Unterricht vertrauensbildend. Da Icke ritualmäßig 3 Stunden getippt hatte wie ein Bekloppter und sein geiler Kumpel die restlich zur Verfügung stehende Zeit für Sex optimal nutzen wollte , kann man gut verstehen, warum hier physisch-kognitive Erholung priorisiert wurde. Es muss schließlich kräftig vor-beigeschlafen (nicht aneinander vorbeigeschlafen!!!) werden im Hause Schnur, da bald nicht nur Herr Hoden ziemlich gestresst sein, sondern auch der tolle Herr Penis die Demenz ereilen wird.

 

 

Stand der Südamerika-Planungen:

 

Dauer der Tour: 6 Wochen.

Ziele: Argentinien, Chile, Peru, Ecuador, Galapagos.

Nici will dieses Mal gegrillte  Meerschweinchen verspeisen. Icke hat bei dem Gedanken bissel gewürgt, hab ich gemerkt. Da Meerschweinchen in Ecuador ein Nationalgericht darstellen, waren wir beide Meerschweinchenliebhaber sogleich extrem beruhigt. Ein Problemchen stellte sich aber uns noch: das Meerschweinchen-Virus N-A-G-666. Wären wir dann vielleicht Patient 1,2 und 3 und sind verantwortlich, dass nach unserer Rückkehr alle deutschen Kinder ein Trauma bekommen, weil ihre Meerschweinchen tot im Stall baumeln. Nici meinte, IHR spinnt! IHR? Wie wir diese Frau lieben.

 

Ich mach mal Blogpause. Muss mich unbedingt anderen Dingen zuwenden: Duschen z.B.

 

Ich bin in Urlaubsstimmung, ist ja auch sagenhaftes Wetter draußen. Buena-Vista-Social-Club-Radio - viva la vida! Sollen wir heute die Meerscheinchen grillen , Liebling?
(haha...nett...Scheinchen funzeln wir auf keinen Fall an!!!)

 

08.45 Uhr

 

Kurze Duschunterbrechung:

 

Allein die whatsappliche Korrespondenz mit meiner geliebten Ehefrau unter der Brause könnte ich verwenden, um 100 Blogeinträge zu füllen, und ihr würdet euch vor Lachen die Fingerchen beim Baumkleinhexeln absenzen. Icke nervt es schon richtig, dass ich immer so laut losbruste. Will heute irgendwie seine Ruhe haben, der Gute.  

 

Ich sag’s euch: Rumspinnen und sich gegenseitig zum Lachen bringen, dann läuft’s. Ich hoffe nicht, dass nach meinem Blog die bundesdeutsche Scheidungsrate nach oben schnellt. Bitte nicht scheiden lassen, ihr Lieben! Es gibt tausend andere sinnvolle Gründe, warum man auch zusammen bleiben kann: Horrende Scheidungskosten, Haus und Kinder lassen sich so schlecht zersegen und man kann nicht davon ausgehen, dass der Eheparnter/die Ehepartner polyamorös veranlagt ist. Übrigens ist Alleinsein auch ziemlich scheiße!

 

 

 

So, dusche jetzt weiter…

 

 

09.48 Uhr

 

Uiiiii…Schulmanager: 141. Kollegen*innen, ihr wisst, was das bedeutet. Hmmm..frag mich gerade, ob es klug war, im Sado-Maso-Portal für Lehrkräfte vorbeizuschauen.

 

Es gibt tatsächlich Schüler*innen, die mir gute Besserung wünschen, ohne zu wissen, warum der Schnur in den nächsten Monaten (Jahre?) nicht mehr kommen wird. Ich glaube, da sollte ich mich tatsächlich mal melden. Eine Schülerin hat sogar geschrieben, dass sie hofft, dass ich sie bald wieder unterrichte. Es war nicht Chantal!!! Die treibt immer noch im Goldfisch-Glas.

 

Ich warte auf jeden Fall bis ich die meisten Nachrichten, die mich nicht mehr interessieren, lösche. Da muss bei einem Fläschken Fuck-you-Cancer gebührend gefeiert werden. So wie damals, als Nici und ich gemeinsam in Rheinstetten unser Finya-Account gelöscht haben. 1,2, und klick, zack, wech...Proscht! Das war ein großer Spaß!

 

Nun sind die Beißerchen dran...bis später...

 

10.45 Uhr

 

Yeah, Robi und Tobbi und das Fliewatüüt sind wieder am Start.


11.30 Uhr


Wolke erdrosselt sich (fast)!


DER Wolke ist der Kater von unserer Bananen-Milch-Nachbarin. Wolke ist toll, meine Nachbarin nicht so. Na gut, sie ist schon nett. Bringt uns Sekt und Salatgurken mit für Lau. Außerdem gießt sie unseren Lavendel vor der Türe. Wenn der Lavendel von Frau Bananenmilch kein Wasser erhalten würde, hätte der Lavendel schon lange auslawendelt. Sie is halt komisch, die Frau Nachbarin.  Redet permanent über sich und jammert viel  zu oft für unseren Geschmack. Außerdem quält sie ihren armen,  herzkranken, intelligenten  Mann mit Beschimpfungen. Er ignoriert das ständige Keifen. Was soll er auch tun? Tot umfallen? Selbst das würde sie ihm krumm nehmen. Ein Paar also, das schon längst voneinander flüchten hätte sollen, aber wohl aus Angst, in den letzten Monaten des Lebensabends niemand mehr beleidigen oder ignorieren zu können, sich aneinander ketten. Tiere können therapeutisch wirken - und Wolke ist für beide eine Art Haloperidol. Sie lieben ihn abgöttisch, is ja auch süß der kleine Racker. So abgöttisch, dass sie ihm ein Katzenband um den Hals legen und ständig an ihm rumzerren, weil er sich wieder irgendwo verheddert hat. So geschehen und gesehen heute bei meinem Kurzausflug in den Garten, nur erstmal ohne Streithammel. Bruchi, das geile Katzenluder, macht Wolke gerade ziemlich wuschig. Verstehe eigentlich gar nicht warum, denn Wolke, ist nicht einhodig wie ich, sondern hat seit kurzem GAR KEINE Hoden mehr, die arme Sau! Nun gut, trotzdem ist Wolke ganz verrückt nach Bruchi und Bruchi nach ihm. Die halten Pfötchen, beschnuppern sich, kichern blöde, was man halt so macht, wenn man über beide Katzenohren verknallt ist. Ein Haken hat das ganze: Bruchi, wie Weiber manchmal so sind, will Fangerles spielen. Kichernd saust sie 40 mal um den Lobeerbusch, dass Wolke sich keine Katzenpfote breit mehr bewegen kann, weil sich die Katzenleine komplett um dem Busch jetzt festgezurrt hat. Bruchi kichert irritiert  und denkt, was für ein Horn, DER Wolke. Und Wolke sagt nix, weil er nach Luft japst und gerade dem Erstickungstod ins Katzenauge blickt. Katzenfeuerwehrmann Schnuri hinkt zur Hilfe und macht Wolke bei der Rettungsaktion fast ganz den Gar aus. Einige Schweißtropfen und zerhackte Lorbeeräste später war Wolke endlich wieder frei und hatte nun keinen Bock mehr auf Bruchi. Die war sauer, wie Weiber eben so reagieren, wenn Katerle völlig fertig von der Arbeit nach Hause kommt und erst mal seine Ruhe braucht und zog weiter zu Kater Karle, dem Charmeur und Liebling aller Katzen in Böchingen. Mrs. Bananenshake stolperte derweil auf die Terrasse, Gott sei Dank mit Hosen oben, da kann man sich nie sicher sein in letzter Zeit, und bläffte den armen Geschundenen an: Wolke, warum siehst du denn schon wieder völlig zersauselt aus? Am liebsten hätte ich IHR das scheiß Katzen-Halsband angelegt und im Rasenmäher eingeklinkt. Mensch! 


17.00 Uhr 


Muhammad Schnuri bereitet sich auf den Kampf seines Lebens vor. Gedanklich schon mal zumindest, mit einem feinen Glas Rosé an den Lippen und noch feinererem Spargel zwischen den Zähnen. Ein Hightech-Turboentsafter wird bestellt und sich in einem Kurs „Yoga und Krebs“ angemeldet. Das wird bestimmt lustig. Meine Coaches sind die besten. Was soll da schief gehen. Außerdem bin ich Muhammad Schnuri, Leute. Mit Allahs Hilfe werde ich George Lymphom in die Knie zwingen und der Weltmeister aller Krebsklassen werden!


21.13 Uhr 


Keine Schule und doch voller Tag. Echt schräger Zustand - Zwischenwelt eben. Krebs zu haben und Krebs zu heilen ist ein Fulltimejob. Plus Blogger - ganz schön viel.

Ja, ja die Profis unter euch wissen: Ich habe kein Krebs, weil ich kein Karzinom habe, sondern ein Lymphom. Aber das macht mich auch alle, wenn ich nichts dagegen unternehme. Der Amateur sagt Lymphknotenkrebs. Im Prinzip Wurscht, wie man es benennt, sorgt sprachlich wenigstens für Abwechslung. Kacke is beides.


10.00 Uhr am Montag habe ich jetzt Termin in Heidelberg. Fragen beantworten und Festlegung des Therapieplanes. Dann werde ich wissen, wann und was Sache ist. Wie viel Tage ich für mein Leben in Saus und Braus noch bekommen werde. 


Bin gespannt, was für Zeug ich mir wieder alles reinpfeifen muss. Hoffe, nichts davon rauchen zu müssen. Rauchen is bei mir tabu. Kriegt man Krebs von! 


Gute Nacht! 

Wenn der Postmann zweimal klingelt und einen erwachsen Mann mit einem Kinderbuch glücklich macht.

Das möchte ich meinen Nichten und Neffen irgendwann gerne vorlesen. Mein Kindheitsbuch. Leider sind sie noch zu klein.

Icke schimpft mit mir: Du Hirn, warum hast du denn dieses geile Buch nicht schon viel früher bestellt. Tja, mein lieber Ego-Freund, wenn ich das so genau wüsste.

Wir haben dann mal Pause....

Ich habe mich in und mit diesen Geschichten geflüchet. Mein Monster Angst mit Tobi und das Fliewatüt bekämpft, um dem schiefen Haussegen zu entgehen. Um nicht in den Krieg mit reingezogen zu werden. Aber dieses Wunschdenken war leider immer nur von kurzer Dauer. Die Realität eines traurigen Kindes von streitenden Eltern hatte keine Helden und schon gar kein Fliewatüt.

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