Gucksch du gestern! Noch nix Neues!
Aber jetzt!
Schön, dass Nici mit mir heute den Arbeitstag teilt. Hat man in den Pausen eine Kaffee-Mittrinkerin. Pause? ICH hab jetzt immer große Pause, Nici muss tatsächlich arbeiten. Ich mag es, wenn sie am Telefon intoniert. Ich würde sie auch gern nach Pflichten eines Betreuers fragen, Stunden lang; sie klingt so souverän und sexy. Sie meinte, sie mag es auch, wenn ich im Fernunterricht mit den Schülern spreche. Falsch! In der Regel monologisiere ich. Ich könnte auch über den Unterschied zwischen Amöben und dem menschlichen Hirn referieren; sie würden nicht fragen, was das denn Bitteschön mit meinen Fächern zu tun hat. Schüler - vor allem die gezwungenen - kommunizieren meist ungern mit ihren Paukern, vor allem über Mikro. Ich versuche einen lustigen Monolog zu führen, damit wenigstens Icke, Nici und ich was zu lachen haben. Wenn aber Kevin ins Mikro rülpst, Chantal die Klospühlung zieht und ES schweigt, obwohl ich ihn nach dem Namen frage, dann dreh ich mal so richtig vor meinem Bildschirm durch. Ich stelle mir dann vor, ich drücke alles auf stumm, setze mich ins Auto, besuche die Bagage überraschend in ihren vermüllten Jugendzimmern, schlage dort die Kreidetafel auf, die Eltern werden am Bierkasten angekettet und alle Samsung-Handys werden im Goldfisch-Glas ertränkt. Apple-Handys sind mir zu schade für diese Anti-Aggressionstherapie. Icke, und Nici darauf im Chor: Du kannst aber streng sein, Schatz! Ja kann ich! Streng? Ich wünschte Charles Manson, Hannibal Lecter und Björn Höcke würden in mich fahren und ich dürfte einen Tag ungeschoren wüten. BILD würde dann titeln: Wörther Lehrer richtete als Björn Höcke ein Massaker im Fernunterricht an. Chantal C., Kevin K. und ES E. wurden im heimischen Goldfisch-Glas als Fischfutter gefunden. Wer hat sich eigentlich den Namen Big-Blue-Button ausgedacht? Ich glaube ja, im Bildungsministerium sitzen kiffende Kakerlaken, weil Bill Gates alle persönlich mit Eigenurin durchgeimpft hat, und sie haben als Erstes die Macht über die Schulen an sich gerissen. Wenn sie Schüler, Eltern und Lehrer total gaga und mürbe machen, dann gehört den kiffenden kriechenden knackenden Kreaturen bald die ganze Welt.
Ich vermute, ich habe zu viel Kafka gelesen. War ja zuerst auch ein reisender Vertreter!
Kaffeepause, die erste!
Erläuterungen zu den Bildern folgt...
Portishead - Roads
Ohh, can't anybody see
We've got a war to fight
Never found our way
Regardless of what they say
How can it feel, this wrong
From this moment
How can it feel, this wrong
Storm in the morning light
I feel
No more can I say
Frozen to myself
I got nobody on my side
And surely that ain't right
And surely that ain't right
Ohh, can't anybody see
We've got a war to fight
Never found our way
Regardless of what they say
How can it feel, this wrong
From this moment
How can it feel, this wrong
How can it feel, this wrong
From this moment
How can it feel, this wrong
Ohh, can't anybody see
We've got a war to fight
Never found our way
Regardless of what they say
How can it feel, this wrong
From this moment
How can it feel, this wrong
Tja,...ich hoffe, ihr verkraftet das Lied und den Songtest, ein Gefühl, dass mich vor 10 Jahren häufig ereilte.
Ich möchte es nicht wieder haben, aber es wird auch Täler geben, da müssen wir uns nichts vormachen.
Ein paar Eindrücke erhaltet ihr von den Bildern hier im Anhang.
Jetzt heißt es bestimmt, oh Mann, soll er sich doch Mozart oder Vivaldi einlegen. Könnte ich tatsächlich tun.
Aber schließlich heißt ja die Phase des Blogs Zwischenwelt. Und niemand bringt die Zwischenwelt so gut zum Ausdruck wie Portishead und die Sängerin Beth Gibbons.
Man könnte sofort mitflennen.
Gestern bei der Sichtung meiner Unterlagen (irre, dass ich sie vor ein paar Monaten nicht weggeworfen habe, aus einem Gefühl heraus), habe ich interessante Dinge entdeckt. Ich habe mich wieder auf Zeitreise begeben und bin tief in mein Leid eingedrungen. Sehr schmerzlich, aber wie immer auch sehr lustig.
Später mehr. Die blöde Pflicht ruft. Oder doch Kaffeepause?
Das IS-Gelenk von Quasimodo gibt demnächst völlig den Geist auf. Das hängt mir bald irgendwo raus und ich bleibe am Geländer hängen, stürze die Treppe runter und bin tot. Auch eine Lösung: die Variante 5. Mein Meniskus-Tischtennisball doppst auch fleißig über die Fliesen. Wenn Professor Boerne mich auf den Tisch bekommt und aufmacht, dann ruft er nach seiner kleinwüchsigen Assistentin: Alberich, sehen sie sich das an, sehr interessant, sehr interessant, da muss ich eine wissenschaftliche Abhandlung darüber verfassen. Der Mann ist ein außergewöhnliches Objekt. Bei dem stimmt ja gar nichts. Wie konnte er nur 52 Jahre alt werden. Das IS-Gelenk hat sich um seinen Schließmuskel gewickelt und im Minikus klebt ein eingedellter Tischtennisball. Schreib deine Abhandlung Boerne, dreh aber bitte kein dämliches Corona-Video mehr ja, sonst zweifle ich an deinem überragenden Verstand. Ich mag dich nämlich.
Gestern habe ich mir meinen Ordner “Wissen ist Macht”, den ich 2011 geführt habe, vorgenommen. Meine “medizinische Biographie” seitdem. 31 Abteilungen. Letzte Abteilung “Sonstiges”.
Ich habe eine Zusammenfassung gefunden, die ich damals geschrieben habe.
Titel: Zusammenfassung (für die ganz Gestressten), 10.08.2011
Patient verträgt Chemo-Therapie gut. Einzelne Nebenwirkungen der Medikamente treten in Phasen und unterschiedlicher Stärke auf.
Fieber:
Nur einmal. Zyklus 2, 38,5, Antibiotikagabe (cefuroxim)
Schleimhäute:
Mund anfänglich stark beeinträchtigt (offene Stellen). Jetzt etwas besser. Regelmäßige Mundpflege wird durchgeführt. Patient achtet dann sehr auf chemotypische Ernährung: lecker Breichen z.B.
Übelkeit:
Ja, aber kein Erbrechen. Willenloses Kotzen während der Chemo scheint out zu sein. Cortison macht den Unterschied.
Blutdruck:
Hat sich während der Therapie stabilisiert. Hin und wieder unter der Therapie zu niedrig. Zuerst Carmen abgesetzt. Atacand bei Bedarf 8 mg.
Puls 90, Spitze 110
Port:
Keine Infekt Anzeichen. Wunderwerk der Hightech-Medizin, funktioniert prima, könnte man auch für Rieslingschorle nutzen.
Gewicht:
Start: 104 (alter Schwede, Anmerkung des aktuellen Verfassers)
Starke Gewichtsveränderung: 98 bis 110. Manchmal 6 Kilo innerhalb 36 Stunden.
Stand 08.08.2011: 106 (um Gottes Willen, Anmerkung des aktuellen Verfassers)
Durchgängige Fressattacken. Patient dachte endlich mal schnell und viel abzunehmen. Pustekuchen!
Verdauung: herausragend (na, wenigstens etwas)
Ich kann mumifiziert sein und ich hätte noch Top-Stuhlgang.
Gehirn:
Starke Konzentrationsschwäche. Manchmal komplette Weichbirne. Gedächtnis lässt dann auch nicht nur altersbedingt nach. Patient ist in solchen Phasen sehr anstrengend für sein Umfeld (wirkt bis heute nach, Anmerkung des aktuellen Verfassers).
Gliedmaßen:
Aktuelle Problematik (Nacht vom 08.09. / 09.08.) Wadenmuskulatur steinhart. Probleme beim Gehen. Sehr schmerzhaft. Patient läuft wie auf Stelzen.
Ab Zyklus 3 starke Wadenschmerzen. An einem Krampf fast gestorben. Ging nicht mehr weg. Panik!
Hände zittern häufig. Patient lässt oft Gegenstände fallen. Bückdurchschnittwert 134,8 pro Tag. Mit den stelzenartigen Tretern ist das Bücken noch beschwerlicher.
Hände und Füße schlafen schnell ein, besonders nachts und morgens.
Taubheitsgefühl in beiden Füßen, starkes Taubheitsgefühl im rechten Fuß. Das Gefühl, keinen Fiuß mehr zu besitzen ist äußerst seltsam und nicht weiterzuempfehlen.
Blutwerte:
Leukozyten steigen nach Neuplastagabe immer gut an. Patient hat stets eine gute “Geburtenrate”, im Gegensatz zu einer Deutschen Frau!
Niedrigster Leukozytenwert 280, höchster 15600. Kann sich innerhalb eines verfickten Tages so ändern.
Hb-Wert bleibt nach den Anfangszyklen konstant unter 8. Patient schreit nicht sofort nach Blut, wenn es ihm nicht so gut geht. Patient ist kein Jammerlappen.
Er kämpft dauerhaft mit Schwindel, Müdigkeit, Schlappheit, war aber auch schon nach einem Schultag so.
Niedrigste Hb-Wert 7,4 (nicht zu empfehlen)
Thrombozyten oft sehr niedrig. (Patient vermeidet dann verstärkt Schneidegeräte.)
Harnsäure durchweg im Normalbereich (was einen ja nicht wundert bei dem vielen Strullern).
Maximales Urinieren in der Nacht: 12x. Onanieren: 0. Patient hat im Leben noch nie so viel uriniert und so wenig onaniert. Gott sei Dank ist das Bad direkt neben seinem Schlafzimmer angesiedelt.
Kalium im Normbereich: Ein Hoch auf die Banane.
Schlafstörungen:
Schlafdurchschnittswert etwa 5 Stunden. Kein Tiefschlaf mehr. Sehr unruhiger Schlaf. Häufige Unterbrechung durch Harndrang.
Flüssigkeitsaufnahme:
Patient trinkt gut und das Richtige. 3-4 Liter pro Tag kommen da schnell zusammen. Einziges Problem, die müssen auch wieder raus.
Medikation:
Medikamente wurden fast immer nach Vorgabe eingenommen. Patient ist brav und lernfähig.
An einem Tag Natulan nicht genommen. (Zyklus 2) Nach Rücksprache mit Tagesklinik Tag ausfallen gelassen.
Zyklus 1: Natulan 4x, wurde des 3. Zyklus geändert auf 5/4/5. Eigenmächtig entschieden 4 zu nehmen. Bauchgefühl. Vor allem nach gutem PET-Ergebnis fiel dem Patienten diese Entscheidung leicht.
Am Anfang wurde 2 Kepino verschrieben. Dann nur eine. Tagesklinik zwei, Station eine. Kein schlüssiges Vorgehen zu erkennen. Kann aber an der medizinischen Unkenntnis des Patienten liegen.
Aktuell: eine Kepinol.
Vitamin D (1x) und Selen (300) wurden während der Therapie regelmäßig eingenommen.
Organisation:
Sehr zufrieden mit der Tagesklinik. Vor allem sehr nette Krankenschwerstern. Man freut sich regelrecht auf die strahlenden Gesichter in Zimmer 3 und 4 im Glaskasten, der auch “Hasenstall” genannt wird. Terminsetzung und Wartezeiten könnten verbessert werden. 12 Liegen für ca. 150 Patienten klingt schon auf dem Papier ziemlich stressig. Warten im Wartebereich ist nicht gerade für die Gesundheit förderlich, deaktiviert die Selbstheilungskräfte und ruiniert die diversen Fahrdienste (Stichwort: Frühstückskosten in der Cafete).
Anfänglich gewisse Unsicherheit bei allen Beteiligten: vor allem beim Hausarzt. Absolute Regel bei einer erfolgreichen Lymphomtherapie: Hausarzt sollte nicht doof sein. Patient natürlich auch nicht. Mal sehen, wie sich beide diesmal schlagen. (neuer Hausarzt, neues Glück? Anmekrung des aktuellen Verfassers.
Unterschiedliche Aussagen der verschiedenen Ärzte fördern Unsicherheiten. Patient stellt sich häufig die Frage: Was nun, Herr / Frau Doktor? Entscheidungsfreiheit wird gern an den Patienten weitergegeben, der sich gern entscheiden würde, wenn er denn wüsste, wofür.
Psyche:
Wird durch jede weitere Chemogabe immer mehr deformiert. Patient hat definitiv genug, ist sich aber bewusst, dass er alle Zyklen durchstehen muss, um ein gewissen Restrisiko ausschließen zu können. Und wehe der ganze Scheiß lohnt sich nicht. (Hahaha, Restrisiko, ich glaub ich spinne, 9 Jahre mit Nici, hat sich definitiv gelohnt: Anmerkung des aktuellen Verfassers.) Umfeld des Patienten ist sein großes Plus. Wird in Krisen im wahrsten Sinne des Wortes immer sofort aufgefangen. (Kippt beim Schuhebinden z.B. schnell um.) Krise vor allem morgens bei der Medikamenteneinnahme. Patient kriegt die vielen Pillen nicht mehr runter. Pillen-Schluck-Zeremonie dauert manchmal zwischen 2-3 Stunden und das schöne Wetter hilft da auch nicht unbedingt.
Abschlussbefund Psyche: Patient bleibt weiterhin eine außerordentliche Frohnatur, auch wenn er sich das hin und wieder einreden muss.
Libido:
tot!
Zusatzbemerkung: Das Leben als Lmyphom-Patient könnte ja richtig spaßig sein, wenn die Nebenwirkungen nicht wären und es das Ding mit dem frühzeitigen Tod nicht geben würde.
04.05.2021, 15.13 Uhr
Ich kann euch sagen, die Zusammenfassung war mal aufschlussreich. Wusste ja, dass die Hölle auf mich wartet, aber das dann nochmal so nachzulesen. Alter Lattich!
Und da fehlt ja noch die Phase mit dem Ulkus im Rachen, die mir fast den Rest gegeben hätte.
Das wird wieder ein Rodeo-Ritt, diesmal mit einer Schilddrüsenkomplikation, bow ey!
Ich muss mal kurz “I will survive” von Gloria Gaynor auflegen, zur Motivation.
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