Tja was is sie denn nu, die schnöde Zwischenwelt, liebe Pandemiegeschädigte? Sie ist die Nerven aufreibende Welt, in der ich mich gerade befinde. Die Welt zwischen Pflicht und hemmungslosen Egoismus. Die Welt zwischen dem vollkommenen Beimirsein und einem schrecklichen Horrortrip. Die Welt zwischen Veränderung und Stillstand. Eine Welt, in der niemand so recht rein will, aber in der wir uns alle gar nicht so selten alltäglich befinden: in einem Stadion der permanenten Irritation. Heute gehe ich mit lieben Menschen wandern und in 10 Tagen fließen aus Pflanzen gewonnene Gifte, die zelltötend heilen, in mich hinein. Heute ist alles gut und herrlich, morgen wird alles vernichtet, was mir lieb und teuer ist. Gerade sitze ich an einem schrägen Detektivspiel mit Familie und einem Glas köstlichen Grauburgunder am Tisch, um im nächsten Augenblick auf einem explodierten Esszimmerstuhl darunter zu liegen und brauche auch ohne Chemo evtl. für alle Ewigkeit eine Schnabeltasse und einen Rollstuhl (so geschehen gestern Abend!) Lachen und Schock ein Hundertstel voneinander entfernt. White versus Black all day long!
Die Zwischenwelt ist Paradies und Vorhölle zugleich!
Ich möchte mich bedanken für eure zahlreichen Besuche in meiner Zwischenwelt und die netten ehrlichen Kommentare und Genesungswünsche.
Da ich hier die Wahrheit hoch halte, muss ich selbstverständlich mit Kritik leben können. Also keine Zurückhaltung oder Schonung bitte.
Ihr dürft mich gerne auch in der realen Zwischenwelt
kontaktieren entweder leibhaftig face to face oder eben per Telefon, Nachricht oder E-Mail. Nur Mut! Ich kann auch ganz harmlos sein.
Wenn ihr über Krankenbesuchemitbringsel nachdenkt, dann schaut nach Anti-Krebslektüre, hab schon viel, verschlinge aber gern noch mehr. Rote-Beete ist auch immer eine Option. Einen guten Chardonnay auch, obwohl der mich wahrscheinlich während der Chemo-Tortour umbringt, aber da wir ja optimistisch in die Zukunft blicken wollen, lager ich alle lecker Fläschken im Keller ein. Den Revolver a la Hernsdorf benötige ich vorerst nicht. Bei Gelegenheit komme ich auf diverse zwielichtige Gestalten, die mir hier folgen, zurück. Der eine oder andere Mensch unseres Vertrauens sollte sich bereithalten, um uns beim Alltäglichen zu unterstützen. Nur Netzwerker überleben. Wenn wir still sind, müsst ihr nicht schweigen. Auch an (beste) Freunde und Freundinnen gerichtet: Überwindet eure Trägheit und bewegt euren Allerwertesten nach Böchingen. Wir sind doppelt geimpft und wir werden kompromisslos die Spreu vom Weizen trennen, das haben Nici und ich uns geschworen.
Bei
der heutigen Fahrt ins Grüne muss ich neben Nici wohl einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen haben. Ich schwieg, nickte aber ständig heftig. Was nicht an der vorzüglichen Playlist „Quasimodo
& Esmeralda chillen zusammen“ lag. Sie fragte: „Sag mal, mit wem sprichst du da eigentlich? Ich: Oh! Äh! Wie haste denn das jetzt wieder erkannt? Sie: Na, du nickst die ganze Zeit und wirkst
als wärst du in einem Gespräch. Ich: Das ist mein alter ego und Kumpel „Icke“ Der sitzt in meinem Kopf und mit ihm gehe ich meine Checkliste zur Heilungsvorbereitung durch. Im Rückspiegel sah
ich, dass sie nun dachte, dass ich ihr aus Scham die ganze Zeit was vorgemacht habe und ich doch jetzt ein unlösbares neurologisches Problem habe. Irgendwas schien mir da aber ganz gewaltig auf
die Birne zu drücken. Ich erklärte: Doch doch Schatz, Icke is cool, der hat in allem den Durchblick. Nici: Du verscheißerst mich. Ich: Nö! Hab ich dich jemals schon verscheißert. Sie: Ooooh ja!
Nun kamen wir alle Drei ins Gespräch über imaginäre Freunde und Bekannte. Nici erzählte von der Tochter ihrer Freundin, die als Kind sogar ihre Eltern immer aufforderte das Auto anzuhalten, weil
IHR KUMPEL mit dem Dreirad nicht hinterherkam. Die Eltern hatten echt Stress mit ihrem hysterisch brüllenden Kind, da ja kein Dreirad und kein Kumpel weit und breit zu sehen war und es sich
überhaupt nicht beruhigen lies.
Auch ich sah jahrelang bis ins Teenageralter einen Typen im schwarzen Morgenmantel und Lederhut, der lebte abwechselnd in unserer Toilette, in der Garage oder im Keller. Mal war er sehr
bedrohlich, mal war er mein bester Freund. Wenn ich Angst vor IHM hatte, dann rannte ich meist von der Haustüre ganz schnell an der Toilette vorbei in mein Zimmer oder fuhr niemals mit dem Aufzug
7 Stockwerke tief in den Keller. Er gibt eine Episode, da fanden mich meine Eltern schlafend in der Garage mit dem Mensch-Ärger-nicht-Spiel zwischen den nackten Füßen geklemmt. Ich hatte wohl mit
Mister Schwarzmantel die ganze Nacht gezockt und gefeiert.
Irgendwann war er weg, ausgezogen. Ich habe ihn tatsächlich ein wenig vermisst. Aber heute habe ich „Icke“. Ihn sehe ich aber nicht, dass wäre dann wirklich schräg. Nur manchmal kommen wir uns in
die Haare, wenn er mir ums Verrecken nicht zustimmen will.
Es gibt wohl wissenschaftliche Untersuchungen, dass Kinder, die ein Trauma erlitten haben, solche imaginären Freunde/Feinde entstehen lassen. Auch eine Erklärung für dieses Phänomen: Eine
Hormonumstellung oder -störung.
Na
ja, Icke is nicht schlimm, der hilft mir, er darf gern noch eine Weile bei mir bleiben.
Wanderung in der Nähe von Dahn zu Fünft (Icke war ja auch dabei!) war schön und sehr entspannend. Leider bin ich heute wieder nicht gut zu Fuß und meine Kondition lässt immer noch ein wenig zu wünschen übrig, sonst hätten wir noch den einen oder anderen Kilometer drangehängt.
Wir Menschen sind seltsam. Warum kommt man sich erst näher, öffnet sich, wenn das Damoklesschwert über einem schwebt. Als ob wir die ganze Zeit Betäubungsmittel zu uns nehmen und erst in der Krise eine Entziehungskur machen würden. Unendlich viele Chancen und ein erfüllteres Leben lassen wir dadurch verstreichen. Schade!
Leider habe ich
als Drohnenpilot vollständig versagt, weil Icke der Idiot das Steuerungselement nicht ausreichend aufgeladen hat. Die Drohne blieb auf dem Boden. Jungfernflug wird aber zeitnah nachgeholt.
Playlist: Quasimodo & Esmeralda chillen zusammen
Natural Blues (Moby, Greogery Porter)
Flags (SYML)
Convesation in the Dark (John Legend)
The End (The Fog Joggers)
Wild Wood (Paul Weller)
Revival (Gregory Porter)
Für immer und hier (Bruckner)
Run (Bugzy Melone feat Rag'n' Bone Man)
On The Edge of All This (Snow Patrol)
Wir haben sie in die Luft bekommen, hüpf, hüpf...
Hab mich gefühlt wie der Rote Baron, nur mit mehr Abstürze. Wie ich das Ding doch noch vom Terrassendach der Nachbarn wegbekommen habe, ist mir schleierhaft. Wie peinlich wäre das gewesen: Klingel, Klingel...Servus, du, könnte ich mal kurz ne Drohne von eurem Dach holen? Nein, ich bin nicht beim BND, auch nicht beim Verfassungsschutz. Ich wollte euch auch nicht nackt filmen, sachma, was denkt ihr denn von mir. Kann ich jetzt aufs Dach bitte, bitte...
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Sonja (Sonntag, 02 Mai 2021 19:53)
Du bist super und schon darum schaffst du (ihr) es!!! Schön das du deinen Humor trotzdem nicht verlierst .... mach weiter so � lg Sonja